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Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären

Titel: Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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sah, wie sie umstürzte und sich ein paarmal drehte, ehe sie ruhig liegen blieb. Die bauchige Form des Klangholzes weckte eine Erinnerung in ihr. Sie erinnerte an Izas Schale, das kostbare uralte Gefäß, das ihr anvertraut worden war. Und dann sah sie sich, wie sie mit ihrem Finger das weißwäßrige Flüssige gerührt hatte. Wo ist Izas Schale? ging ihr durch den Kopf. Was ist mit ihr geschehen? Wo ist sie nur? Sie kam einfach nicht los von den Gedanken, die sie bedrängten und verfolgten.
Izas Gesicht tauchte vor ihr auf, und Tränen sprangen ihr in die Augen. Izas Schale! Ich habe Izas Schale verloren. Die wunderschöne, alte Schale, von ihrer Mutter übergeben, weitergereicht von der Mutter ihrer Mutter und davor immer weiter, immer weiter. Und wieder tauchte Iza auf, und noch eine Iza hinter ihr und noch eine; eine endlos lange Reihe von Medizinfrauen führte hinter Iza in die uralten, dunkelkalten nebelhaften Zeiten. Und jede dieser Frauen hielt eine kostbare weiße Schale in den Händen. Langsam löste sich dieses Bild vor Aylas Augen auf. Und etwas schwebte auf sie zu, wurde größer und größer: die Schale, die plötzlich an ihrem Kopf zersprang und in zwei Teile brach. Nein! Nein! schrie es in ihr. Helloderndes Entsetzen verbrannte ihre Sinne. Izas Schale! Wo war Izas Schale?
Sie stolperte und lief von den Frauen fort und rannte zur Höhle; wühlte zwischen Beinschalen und Holzschüsseln und suchte nach Izas Schale. Der Höhleneingang hinter dem zuckenden Lichtschein lockte, zog sie an, und sie torkelte hinüber. Und mit einemmal war ihr der Weg versperrt. Sie war gefangen, gefangen in der Umarmung eines riesigen rauhhaarigen Geschöpfes, das auf sie nieder blickte mit unförmigem Kopf, einem riesigen aufgerissenen Maul und toten starren Augen. Ayla schlug die Hände vors Gesicht, wich zurück und floh in wilden Sprüngen zur lockenden Höhle.
Als sie durch die Öffnung wankte, fiel ihr Blick auf etwas Weißes nahe der Stelle, wo sie auf das Zeichen des Großen Mog- urs gewartet hatte. Sie sank auf die Knie und sah Izas Schale, die sie aufhob und an sich drückte wie ein kleines Kind. Milchigweiß schwappte es noch auf dem Grund. Sie haben nicht alles getrunken, schoß es ihr durch den Kopf. Ich habe zuviel gemacht. Was soll ich damit nur tun? Ich kann es doch nicht fortgießen. Iza hat gesagt, dass ich es nicht darf. Ja, deshalb konnte sie mir nicht zeigen, wie der Trank zubereitet wird; ich habe zuviel gemacht, weil sie es mir nicht zeigen konnte. Ich habe es falsch gemacht. Was ist, wenn einer das sieht? Dann glauben sie, dass ich gar keine richtige Medizinfrau bin. Keine Frau des Clans. Dann treiben sie uns vielleicht fort. Was soll ich tun? Was soll ich denn nur tun?
Ich werde es trinken. Ja, das will ich tun. Wenn ich es trinke, wird keiner es sehen. Und alles ist wie vorher. Ayla hob die Schale an ihre Lippen und leerte sie.
Als würde sie durch Flauschiges gehen, machte sich Ayla auf den Weg in die zweite Höhle. Man musste die kostbare Schale an einem sicheren Ort verbergen.
So sehr war ihr jedes Gefühl für Raum und Zeit abhanden gekommen, dass sie nicht merkte, wie ihr die Schale innerhalb von Crebs Wohnkreis einfach aus den Händen fiel. Ein Geschmack lag in ihrem Mund nach uraltem, wildem Wald; nach glitschigem, feuchtem Lehm, muffig faulendem Holz, himmelhochaufragenden, großblättrigen Bäumen, die regennaß tropften, riesigen, fleischigen Pilzen. Die Wände der Höhle weiteten sich, schwangen hoch und zurück, schwanden in immer weitere Fernen. Ayla fühlte sich wie ein Käfer, der mühsam auf dem Boden dahinkroch. Winzige Dinge sprangen ihr überscharf ins Auge. Ihr Blick folgte ängstlich den Kratern eines Fußabdrucks, gewahrte jeden kleinen Kieselstein, der sich lösen konnte und ihr den Kopf zerschmettern. Aus den Augenwinkeln erhaschte sie eine Spinne, die an einem Faden emporkletterte, der im Schein eines Kienspans rötlich glänzte.
Das Licht bannte sie. Sie starrte in die flackernde, tanzende Flamme und sah den schwarzen Rauch, der in Kringeln zur dunklen Decke emporstieg. Sie trat näher an den Lichtstock heran, sah wieder einen und folgte dem winkenden Flammenfinger. Doch als sie ihn erreichte, lockte schon der nächste und dann wieder einer und dann wieder. Immer tiefer wurde sie in die Höhle hineingezogen. Es fiel ihr nicht auf, als die Flammenfinger den kleineren Flämmchen von Steinlampen wichen, die weit auseinanderlagen, und sie wurde nicht bemerkt, als sie an einer

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