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Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären

Titel: Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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großen Grotte vorübertappte, in der die Männer tief in sich versunken hockten. Keiner spürte ihre Gegenwart, als sie an der kleineren Grotte vorüberkam, wo die älteren Jungen, geführt von den Gehilfen der Zaubermänner in gleiche Versenkung geglitten waren wie die erwachsenen Männer.
Mit einer Zielstrebigkeit, von der nichts sie abbringen konnte, wanderte Ayla von einem kleinen Flämmchen zum nächsten. Die Lichter führten sie durch Stollen, Gänge, kleine Grotten, Felsnischen und Höhlen. Sie stolperte auf dem holprigen Boden und suchte Halt an der feuchten Felswand, die sich drehte. Und wieder gelangte sie in einen Gang. Am anderen Ende leuchtete rosiges Licht. Endlos war er und wollte kein Ende nehmen; weiter und weiter führte er sie. Häufig schien ihr, als sähe sie sich selbst aus großer Ferne, wie sie durch den lichtertrüben Gang wankte. Ihr Geist wurde in immer weitere Fernen gezogen, in ein tiefes, schwarzes Nichts, doch sie hatte Angst vor der unermeßlichen Weite des Nichts und kämpfte hart, ihm zu entkommen.
Endlich kam sie dem hinteren Lichtschein nahe und erblickte mehrere Gestalten, die in einem Kreis beieinander hockten. Ganz tief aus ihrem Hirn drang eine Mahnung zur Vorsicht zu ihr, und Ayla hielt an, ohne der letzten lockenden Flamme zu achten, und verbarg sich hinter einer steinernen Säule.
Es waren die Mog-urs, zehn an der Zahl, die in ihrer Grotte zusammensaßen und sich tief versenkt hatten in den Ursprung ihres Seins. Sie hatten die Feier eröffnet, die alle Männer aller Clans einigte, doch es dann aber den Gehilfen überlassen, sie fortzuführen, und hatten sich allein in den heiligsten Bereich zurückgezogen, um jene Feier abzuhalten, die nur für sie bestimmt war.
Jeder der Männer, sein Bärenfell um den Körper, hockte hinter dem Schädel eines Höhlenbären. Und auch aus den Nischen in den Felswänden blickten Bärenschädel auf den magischen Kreis herunter. In der Mitte befand sich etwas Behaartes, das Ayla auf den ersten Blick nicht recht erkannte. Doch als sie dann sah, was es war, gerann ihr das Blut in den Adern, und um ihre Kehle legte sich ein steinerner Ring: In der Mitte lag Gorns vom Rumpf getrenntes Haupt.
Starr vor Entsetzen sah sie zu, wie der Mog-ur von Norgs Clan nach dem Kopf griff, ihn umdrehte und mit einem Stein die große Öffnung erweiterte und das schwabbelige rosiggraue Hirn des Jägers bloßlegte. Mit gewaltigen Gebärden besprach der Zauberer den Kopf, griff dann in die Öffnung und zog ein Stück des Hirns heraus, hielt es in der Hand, während der nächste Mog- ur den Arm nach dem Kopf ausstreckte. Und jeder der Zauberer griff in den toten Kopf hinein und holte sich seinen Teil vom Gehirn des Mannes heraus, den der Höhlenbär zerbrochen hatte.
Ein wirbelnder Schwindel trieb Ayla an den Rand der tiefsten Leere. Sie schluckte und würgte und klammerte sich verzweifelt an den Rand des Abgrunds, auf dessen unterstem Boden das Nichts lag, doch als sie sehen musste, wie die großen heiligen Männer der Clans die Hände zum Mund führten und Gorns Hirn verzehrten, ließ Ayla los.
Stumme Schreie stießen aus ihr hervor, die sie selbst nicht hören konnte. Sie konnte nicht sehen, und sie konnte nicht fühlen, aber sie wusste es. Sie war nicht in einen alles auslöschenden Schlaf gesunken. Das Nichts war voller Grauen in seiner öden, schwarzen Leere. Angst packte sie. Wie rasend kämpfte sie darum zurückzukehren, schrie lautlos um Hilfe und fiel nur noch tiefer hinunter. Schneller und schneller stürzte sie in eine tiefe, schwarze Unendlichkeit.
Doch plötzlich ließ die rasende Fahrt nach. Sie spürte ein Prikkeln in ihrem Hirn, in ihrem Geist und eine Kraft, die sie langsam zurückholte, heraus aus dem Abgrund der Unendlichkeit. Sie nahm Gefühle wahr, die ihr fremd waren, Gefühle, die nicht zu ihr gehörten. Am stärksten war die Liebe, doch sie war vermischt mit einem tiefen Zorn und großer Furcht; und dann spürte sie die Wißbegierde. Und hell entsetzt gewahrte sie, dass der Große Mog-ur mitten in ihrem Kopf saß. Mit ihrem Denken fühlte sie seine Gedanken; mit ihren Gefühlen empfand sie sein Gefühl. Seine Anwesenheit in ihr hatte etwas Körperliches, als wenn er sie berührte. Der Große Mog- ur konnte nämlich nicht nur die Erinnerung teilen und beherrschen, er konnte die Verbindung aufrechterhalten, während sich die anderen im Geist vom Vergangenen in das Gegenwärtige bewegten. Den Männern seines Clans war eine reichere, erfülltere

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