Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären
geistige Gemeinschaft vergönnt als allen anderen. Doch mit den geistmächtigen Mog-urs konnte er sich übersinnlich verbinden, schon von Anfang an. Durch Creb, den Großen Mog- ur, fanden sich alle Zauberer in einer Vereinigung zusammen, die weit enger und weit erfüllender war als jede körperliche: es war die geistige Berührung.
Ayla konnte nicht wissen, dass durch die Schädigung des Gehirns, die der Krüppel bei seiner Geburt erlitten hatte, nur seine körperlichen Fähigkeiten beeinträchtigt waren, der Sitz der Geisteskräfte aber heil geblieben war. Doch dieser Mann war der letzte seiner Art. In ihm hatte der Weg, die die Natur dem Clan bestimmt hatte, ein Ende gefunden. Weiter konnte er ohne einen artverändernden Umschwung nicht führen. Doch wie das mächtige Geschöpf, das sie verehrten, und viele andere Wesen, die in ihrer Umwelt lebten, waren die Erdlinge nicht gemacht, Veränderungen zu überleben.
Jene Erdlingsart, die für ihre Schwachen und Kranken sorgte, ihre Toten begrub und ein mächtiges Totem verehrte, diese Erdlinge mit dem gewaltigen Hirn, die nur clanmäßig leben konnten und sich in Hunderten von tausend Jahren fast nicht weiterentwickelt hatten, waren geboren und dazu bestimmt, damit jenen Weg zu gehen, den auch das wollhaarige Mammut und der mächtige Höhlenbär nehmen mussten. Sie wussten es nicht, doch ihre Tage waren gezählt. Sie waren dem Aussterben nahe. Und in Creb hatten sie das Ende des Wegs erreicht.
Ayla spürte so etwas wie den rauschhaften Puls eines fremden Blutstroms, der ihren eigenen überdröhnte. Der mächtige Geist des großen Zauberers erforschte die verschlungenen Bahnen ihres fremden Geistes auf der Suche nach Gemeinsamem. Er fand Pfade der Ähnlichkeit; und dort, wo es keine gab, suchte er nach anderen Möglichkeiten der Verklammerung und stellte Verbindungen her, wo nur schattenhafte Anlage vorhanden war.
Mit bestürzender Klarheit begriff Ayla plötzlich, dass Creb es gewesen war, der sie aus dem Nichts geholt hatte; aber mehr noch - er verhinderte, dass die anderen Mog- urs, die ebenfalls mit ihm verbunden waren, ihre Anwesenheit spürten. Sie konnte nur undeutlich seine Verbindung mit ihnen wahrnehmen, nicht aber sie selbst. Auch sie spürten, dass er Verbindung mit jemand oder etwas - anderem aufgenommen hatte, aber niemals hätten sie sich vorstellen können, dass es Ayla war.
Und sowie sie jetzt erfaßte, dass der Große Mog-ur sie vor dem Schlimmsten gerettet hatte und immer noch schützte, so erspürte sie jetzt die tiefe Ehrfurcht, mit der die Mog-urs jene Handlung vollbracht hatten, über die sie selbst so entsetzt gewesen war. Sie hatten sich vereinigt. Die Mog-urs hatten den Mut und die Tapferkeit des jungen Mannes, der nun an der Seite des Geistes des Höhlenbären wandelte, in sich aufgenommen. Und da sie die Mog-urs waren, mit einem besonderen Geist ausgestattet, konnten sie diesen Mut und diese Tapferkeit an alle weitergeben, die zum Groß-Clan gehörten. Nicht nur an jene Clans, die sich zum Miething hier eingefunden hatten, sondern auch an jene, die in weiten Fernen waren, zu fern, um an diesem Treffen teilnehmen zu können.
Hier lag der Ursprung von Crebs Zorn und Furcht. Dem uralten Überlieferten zufolge durften nur Männer an den heiligen Feiern des Groß-Clans teilhaben. Wurde eine Frau Zeugin einer solchen Feier, und sei es nur einer kleinen, so bedeutete dieses den Untergang für den Clan. Doch heute hielt man keine kleine Feier ab. Dies hier war eine Feier von hoher Bedeutung für alle Clans. Und Ayla war eine Frau. Und sie war dabei.
Und sie war noch nicht einmal eine Frau des Groß-Clans. Das wusste der Mog- ur jetzt mit Sicherheit. Von dem Augenblick an, als er ihrer gewahr geworden war, wusste er, dass sie nicht zum Groß-Clan gehörte. Ebenso blitzartig hatte er die Folgen ihres Hierseins erfaßt, aber da war es schon zu spät gewesen. Dies, was daraus folgte, war nicht mehr abzuwenden; und auch das wusste er. Doch ihre Verfehlung war so schwer, dass Creb nicht wusste, was er mit ihr tun sollte; selbst ein Todesfluch war dem nicht angemessen. Doch ehe er einen Entschluß faßte, wollte er mehr von ihr wissen und durch sie mehr über die Fremdlinge erfahren.
Es überraschte ihn, dass er ihren Hilfeschrei wahrnahm. Die Fremdlinge waren anders, aber es musste auch Ähnlichkeiten ge ben. Er meinte, es um des Clans willen wissen zu müssen, und er besaß einen Wissensdurst, der größer war als bei den anderen seiner Art. Immer hatte
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