Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären
verscharrt, und keiner hätte jemals wieder darüber auch nur ein Wort gesagt. Der Mutter wäre der Schmerz nicht anzusehen gewesen, aber man würde ihr mit unaufdringlicher Behutsamkeit und sanftem Mitge fühl begegnet sein.
Wäre das Kind mit einer Missgestalt zur Welt gekommen oder nach des Clan-Führers Ansicht dem wechselhaften Leben nicht gewachsen, so erwartete die Mutter eine schmerzliche Pflicht, das Kind zu nehmen, fortzuschaffen, zu begraben oder einfach irgendwo Liegenzulassen. Nur selten wurde einem Kind, das missgestaltet war, die Möglichkeit zum Weiterleben eingeräumt - und einem Mädchen gar fast nie. War das Kind ein Junge vielleicht sogar das Erstgeborene - und gedachte der Gefährte der Mutter es anzunehmen, so konnte der Clan-Führer die Erlaubnis geben, dass es so viel Tage seines Lebens wie Finger an einer Hand und von der anderen zwei dazu bei der Mutter blieb. Und jedes Kind, das diese sieben Tage überlebte, war im Einklang mit dem seit ewig Überlieferten zu benamsen und in den Clan aufzunehmen.
Genauso hatte es sich auch vor langer Zeit mit Creb und seinem Leben zugetragen, das sieben Tage in der Schwebe hing. Auch seine Mutter hatte die Geburt beinahe nicht überlebt. Bei ihrem Gefährten, der Clan-Führer war, lag der Entscheid über Leben und Tod des Kindes, der weniger um dessentwillen als vielmehr um der Mutter willen und dennoch auch zugunsten dieses neuen Kindes getroffen wurde, dessen unförmiger Kopf und leblose Glieder bereits anzeigten, wie sehr es die Natur für Zukünftiges behindern würde. Die Gebärerin war zu sehr geschwächt und hatte mit dem Wasser auch viel Blut verloren, stand selbst am Weg zum Totenreich, als dass sie, wie es der Brauch war im Clan, das jämmerliche neue kleine Leben, das nicht lange währen würde, folgsam beiseite schaffte. Wenn eine Mutter selbst die Pflicht nicht übernehmen konnte, so fiel sie dann der Medizinfrau zu; das war in diesem Fall eines. Und deshalb ließ man Creb bei seiner Mutter, die ihn kaum nähren konnte mit der Brust. Und als er nach dem siebenten Tag sich immer noch am Leben hielt, bekam Creb seinen Namen zugewiesen, und eine andere Frau, die voller Nahrung war, gab sie ihm dann, und er gedieh in seinem hinderlichen Körper. Das war der Anfang dieses Mannes, der später Mog- ur wurde und heute nun der Heiligste der heiligen Männer war und der kundige und allmächtige Zauberer des Groß-Clans.
Der Krüppel und sein Bruder hatten sich Iza und dem Neugeborenen genähert. Auf Bruns wegscheuchende Bewegung seiner Hand sprang Ayla hastig auf und machte sich davon, blickte jedoch, in einiger Entfernung sich niederkauernd, verstohlen zu Izas Lager hinüber, die sich aufsetzte, den winzigen Erdling aus dem Fell grub und ihn Brun entgegenhielt, ohne die Männer an zusehe n, die das, was ihnen da entgegengehalten wurde, mit scharfen Blicken beäugten. Das Kind fing laut zu wimmern an, als es der Wärme entrissen wurde und an die kalte Nachtluft kam.
"Es ist heil", entschied Brun. Dann fügte er hinzu, das Mädchen dürfte bei der Mutter bleiben, und wenn es bis zum Tag der Benamsung das Leben in sich hielte, würde man es in den Clan aufnehmen.
Zwar hatte Iza nicht befürchtet, dass Brun ihrem Kind nicht das Leben beließ, und dennoch war es ihr leicht ums Herz, als dieses auch dem Clan-Brauch nach vollzogen war. Nur noch ein letztes Fünkchen Sorge glomm leise hinten in ihrem Hirn, ob es kein Unglück über ihre Tochter brächte, dass sie selbst keinen Gefährten hatte. Doch zu der Zeit, als sie das neue Leben in sich spürte, war er noch da gewesen, beruhigte sich Iza. Und jetzt gab Creb als ihr Gefährte für beide Schutz und Nahrung.
Während der nächsten Tage durfte Iza den Wohnkreis von Crebs Feuer nur verlassen, um sich zu entleeren und auch das nachgeburtige Geklump an einer ganz bestimmten Stelle zu vergraben. Und während dieser Zeit, in der sie vom Clan abgeschnitten war, galt Izas Kind noch nicht als Kind des Clans, und lediglich Creb und Ayla konnten bei ihr sein, mitversorgt von den anderen Frauen, damit Iza sich erholen konnte. Und wie es üblich war im Clan, stand sie über den siebenten Tag hinaus bis zu dem Tag, an dem das Blut versiegt war, das stets nach der Geburt kam, unter Bann und durfte nur mit Frauen Umgang haben.
Zunächst hatte sie auch alle Hände voll zu tun, ihr Kind zu hegen und zu pflegen. Und als sie wieder kräftig war und ausgeruht, begann sie den steinkreisig angelegten Wohnbereich, der mit zu Crebs
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