Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären
vor. "Wir haben beide schon viele Sommer und Winter gesehen, Creb. Was wird aus ihr, wenn wir ins Reich der Toten hingegangen sind? Soll sie von Feuer zu Feuer geschoben werden wie eine Last, die niemand haben will, und immer eine Frau, die ganz am Ende steht?"
Creb senkte den Kopf. Auch ihn hatte dieses Bild schon gequält. Doch da er nicht wusste, wie er es hätte ändern können, hatte er es immer wieder aus dem Hirn verdrängt. Sein Gesicht zeigte immer noch Zweifel, als er fragte: "Glaubst du wirklich, dass du sie zur Medizinfrau machen kannst, Iza?"
"Beginnen kann ich hier mit diesem Tier. Sie soll es pflegen, und ich zeige ihr, wie sie es machen muss. Ich fühle, Creb, dass sie es schaffen kann, auch ohne unsere Erfa hrung. Ich zeige ihr alles, weise sie ein, denn sie ist jung; ihr Kopf kann lernen und behalten. Sie braucht nicht das, was wir erinnern können. Sie braucht nicht das erfahrene Wissen, sie kann es sich selbst beschaffen."
Der Mog-ur nickte bedächtig. "Ich muss es mir noch einmal durch den Kopf gehen lassen", deutete er an und machte mit dem Zeigefinger eine kreisende Bewegung um seinen mächtigen Schädel.
Ayla hatte, das Kaninchen immer noch in ihren Armen, gesehen, wie sich Iza und ihr Bruder miteinander eifrig unterhielten, und ihr fiel ein, dass es Creb war, der die Geister anrief, um Izas Heilzauber Kraft zu geben. Also stand sie auf und trug das Tier zum Mog-ur, legte es ihm zu Füßen und bat mit eindringlicher Gebärde: "Sage, dass die Geister dieses Tier hier heilen, Creb."
Der Mog-ur blickte in ihr ernstes Gesicht. Noch nie zuvor hatte er den Beistand der Geister für ein Tier erfleht, und es lächelte in ihm, als er sich vorstellte, dies ausgerechnet jetzt für ein kleines Langohr tun zu sollen. Doch er brachte es nicht übers Herz, Ayla abzuweisen, und machte mit rascher Hand eine schwierige Gebärde.
"Jetzt wird es bald wieder laufen können", machte Ayla und nickte voller Zuversicht. Als sie sah, dass Iza den neuen Erdling von der Brust genommen hatte, blickte sie die Frau bittend an.
Iza nickte, gab ihr das Kind und mahnte: "Aber sei sorgsam, so wie ich es dir gezeigt habe."
Und Ayla wiegte summend das Kind.
Dann unterbrach sie sich und fragte Creb, welchen Namen er dem Kind wohl geben würde.
Auch Iza war neugierig, doch niemals hätte sie danach gefragt. Sie teilten Crebs Feuer. Er gab ihnen Schutz und Nahrung. Ihm allein stand es zu, dem Kind den Namen zu geben.
"Das weiß ich noch nicht", wehrte des Mog- urs Hand ab, "und du musst dir merken, nicht zuviel wissen zu wollen, Ayla." Crebs Miene war streng, doch ihr Vertrauen in seine Zauberkraft tat ihm gut. Dann wandte er sich Iza zu. "Das Tier mag hier bleiben, bis sein Bein wieder heil ist", gab er zu verstehen. "Es schadet nichts."
Iza nickte zustimmend, und ein Gefühl froher Erleichterung bemächtigte sich ihres Herzens. Jetzt war sie sicher, Creb duldete, dass sie mit Ayla ihr Wissen teilte, auch wenn er es nicht ganz gebilligt hatte. Der Schwester genügte es zu wissen, dass er ihr dabei nichts in den Weg legen würde.
"Wie macht sie den Ton in ihrer Kehle?" fragte Iza und zeigte mit den Augen auf Ayla, die wieder zu summen angefangen hatte. "Es tut den Ohren gut."
"Auch das unterscheidet den Groß-Clan von den anderen", beschied sie Creb mit weiser Miene. "Sie haben nicht das Hirn, sich zu erinnern wie wir, aber wir haben nicht die Töne, um uns zu hören wie sie. Ayla macht sie nur noch wenig, seit sie unsere Sprechart begriffen hat."
Schwerfällig setzte sich der Mog- ur nieder und starrte nachdenklich in die züngelnden Flammen.
Ovra trat mit dem Abendverzehr in Crebs Wohnkreis. Ihre Verwunderung beim Anblick des Kaninchens war nicht geringer als zuvor die des Zauberers. Und sie wuchs noch, als Iza dem jungen Mädchen das Neugeborene in die Arme legte, und Ovra sah, dass nun Ayla das Tier hochnahm und sanft hin und her bewegte, als wäre es auch ein Kind. Aus den Augenwinkeln blickte sie zu dem Mog-ur hinüber, doch der schien daran nichts Absonderliches zu finden. Hastig setzte sie die fette Brühe mit dem Grünzeug ab, die Aga für die Leute hier gekocht hatte, und konnte kaum erwarten, ihrer Mutter zu berichten. Vielleicht war diese Ayla nicht ganz klar im Kopf? Glaubte sie denn, ein Tier, das wäre wie ein Mensch?
Nicht lange danach kam Brun herangeschritten und forderte Creb auf, mit ihm zu kommen, da er mit ihm zu sprechen habe. Gemeinsam gingen sie zum großen Feuer am Eingang der Höhle.
"Mog-ur", begann der
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