Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde
vertrieben hatte, sie auf, als wüßte er, daß er ohnehin einen Teil würde wieder an die Gletscher abgeben müssen.
Aylas Entschlossenheit kehrte zurück, ihre Zuversicht jedoch nicht. Sie schüttelte das schwere Auerochsenfell aus und breitete es in der Hoffnung, daß es diesmal zumindest ein wenig trocken würde, über einen hohen Strauch. Ihre Füße waren feucht, aber nicht kalt, und so tat sie einfach, als merkte sie es nicht – schließlich war alles feucht. Dann ging sie zur Furt hinunter. Sie konnte ihre Grube nicht finden. Als sie jedoch genauer hinsah, bemerkte sie einen schlammigen kleinen Teich, der von Laub, Geäst und anderen Abfällen überfloß. Das war ihre Grube gewesen.
Sie biß die Zähne zusammen und ging ein Wassergefäß holen, um das Loch leerzuschöpfen. Auf dem Rückweg mußte sie genau hinsehen, um ihre Grube aus der Ferne überhaupt zu erkennen. Dann plötzlich lächelte sie. Wenn ich Ausschau danach halten muß, weil nichts als Laub und Äste darauf schwimmen, sieht vielleicht ein schnellaufendes Rentier es auch nicht. Nur kann ich das Wasser nicht darin lassen – ob es wohl eine andere Möglichkeit gibt?
Weidenruten sind so lang, daß sie ausreichen würden. Warum nicht eine Matte aus Weidenruten flechten und Laub draufstreuen. Zwar, ein Rentier würde es nicht tragen, wohl aber leichte Blätter und kleine Zweige. Plötzlich lachte sie laut auf. Das Pferd antwortete mit einem Gewieher und kam zu ihr.
»Ach, Winnie, vielleicht war der Regen gar nicht so schlecht.«
Ayla schöpfte die Fallgrube leer, ohne sich vom Schlamm auf dem Boden abhalten zu lassen. Sie war zwar jetzt nicht mehr ganz so tief wie zuvor, doch als sie versuchte, den Schlamm hinauszubefördern, entdeckte sie, daß der Wasserspiegel inzwischen gestiegen war und die Grube sich nur mit noch mehr Wasser füllte. Als sie zum schlammigen Fluß hinunterblickte, bemerkte sie, daß er angeschwollen war. Zwar wußte sie es nicht, aber der warme Regen hatte einige Fingerbreit vom felshart gefrorenen Boden unter der obersten Erdschicht aufgetaut.
Ihre Grube zu tarnen, erwies sich als nicht so leicht, wie sie gedacht hatte. Sie mußte ein beträchtliches Stück flußabwärts laufen, um einen Armvoll langer Ruten von einem zerspellten Weidenstumpf abzuschneiden. Außerdem benutzte sie Schilfrohr. Das weitmaschige Geflecht sackte in der Mitte, nachdem sie es über die Grube gelegt hatte, und so mußte sie die Ränder mit Pflöcken feststecken. Selbst nachdem sie es mit Laub und kleinen Zweigen bestreut hatte, kam es ihr immer noch sehr auffällig vor. Sie war nicht ganz zufrieden, hoffte jedoch, daß es gehen würde.
Schlammbedeckt stapfte sie flußabwärts, blickte sehnsüchtig über den Fluß hinüber und pfiff dann nach Winnie. Die Rentiere waren noch nicht so nahe herangekommen, wie sie angenommen hatte. Wäre die Steppe trocken gewesen, hätten sie sich beeilt, um den Fluß zu erreichen, doch da nun soviel Wasser in Pfützen und Rinnsalen vorhanden war, hatten sie ihre Gangart verlangsamt. Ayla war überzeugt, daß die Herde junger Renhirsche die Furt nicht vor dem Morgen erreichen würde.
Erleichtert kehrte sie zu ihrem Lagerplatz zurück, zog ihre Kleidung und Füßlinge aus und watete in den Fluß hinaus. Das Wasser war zwar kalt, doch das war sie gewohnt. Sie wusch den Schlamm ab und breitete ihre Überwürfe und Fußbekleidung über den Findling. Da ihre Füße so lange in dem feuchten Leder gesteckt hatten, waren sie jetzt weiß und verschrumpelt – sogar ihre Fußsohlen waren ganz weich geworden –, und so freute sie sich über den sonnengewärmten Felsen, der ihr überdies auch noch einen trockenen Platz für ihr Feuer bot.
Ausgestorbene Fichtenzweige blieben im allgemeinen selbst im schlimmsten Regen trocken, und darin bildeten auch die Fichten am Ufersaum keine Ausnahme, obwohl sie nicht höher wuchsen als gewöhnliche Sträucher. Da sie trockenen Zunder bei sich trug und sich des Feuersteins und Eisenpyrit zum Feuermachen bediente, brannte bald ein kleines Feuer, das sie mit kleinen Zweigen und Holzstücken solange unterhielt, bis das größere, langsamer brennende Holz, das sie pyramidenförmig darüber aufgestellt hatte, trocken war. Sie verstand sich darauf, selbst bei Regen ein Feuer zu machen und zu unterhalten. Schwierigkeiten damit hatte sie nur, wenn es sich um einen regelrechten Wolkenbruch handelte. Wichtig war es, klein anzufangen und dabeizubleiben, bis größeres Holz brannte, das beim
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