Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde
Rolle
spielten – versuchten, sich davonzumachen, während alle
anderen betont beiseite blickten und dann höfliche
Entschuldigungen stammelten, wenn sie erwischt wurden. Nach
einigen Hänseleien und Scherzen ließ man sie dann endlich
ziehen.
»Du hast es doch nicht eilig, oder?« wurde Thonolan gefragt. »Werden spät«, wich Thonolan grinsend aus.
»Ach was, es ist noch früh, iß noch einen Happen, Tamio.« »Ich kann keinen Bissen mehr runterbringen.«
»Dann noch einen Becher Wein. Thonolan, du wirst doch
keinen Becher Wein ablehnen? Einen Becher von Tamios
wunderbarem Heidelbeerwein, oder?«
»Hm … wenig.«
»Noch ein bißchen mehr für dich, Tamio?«
Sie drängte sich näher an Thonolan und warf einen
verschwörerischen Blick über die Schulter zurück. »Nur noch
einen Schluck, aber jemand muß unsere Becher holen. Sie
stehen dort drüben.«
»Selbstverständlich. Ihr wartet doch, nicht wahr?«
Jemand ging die Becher holen, während alle anderen so taten,
als sähen sie ihm dabei zu. Thonolan und Jetamio machten
einen Ausfall ins Dunkel jenseits des Feuerscheins.
»Thonolan und Jetamio. Ich dachte, ihr würdet noch einen
Becher Wein mit uns trinken.«
»Tun wir ja. Muß nur rasch mal nach draußen. Ihr wißt ja,
wie das nach einer üppigen Mahlzeit ist«, erklärte Jetamio. Jondalar, der neben Serenio stand, hatte das Bedürfnis, ihre
Unterhaltung von vorhin fortzusetzen. Beide genossen das
Scheingeplänkel. Er lehnte sich näher an sie, wollte ihr etwas
zuflüstern, sie bitten, daß auch sie sich zurückziehen möchten,
sobald alle des Scherzens müde würden und das junge Paar
ziehen ließen. Wenn er sich verloben sollte, dann jetzt, ehe das
Zaudern, das ihn schon wieder beschlich, ihn davon abhielt. Es ging hoch her – die Blaubeeren waren im vorigen Jahr ganz
besonders süß gewesen und der Wein stärker als sonst. Die
Leute wirbelten durcheinander, zogen Thonolan und Jetamio
auf und lachten. Einige hatten einen Frage-und-AntwortGesang angestimmt. Jemand wollte, daß das Gemsengericht
heiß gemacht würde, und noch jemand anders setzte Teewasser
auf, nachdem er irgendwem den letzten Tropfen in den Becher
geschenkt hatte. Kinder, die noch nicht müde genug waren, sich schlafen zu legen, spielten Haschen. Eine allgemeine Verwirrung
verriet, daß man zu anderen Dingen überging.
Dann hätte ein schreiendes Kind beinahe einen Mann
umgerannt, der nicht mehr allzu fest auf den Beinen war. Er
strauchelte und rempelte dabei eine Frau an, die einen Becher
heißen Tee trug, und das gerade in dem Augenblick, da laute
Rufe den Versuch des jungen Paares begleiteten, das Weite zu
suchen.
Niemand hörte den ersten Schrei, doch die lauten, durch
nichts zu beschwichtigenden Klagelaute eines Babys, das
Schmerzen hatte, geboten allem Einhalt »Mein Baby, mein
Baby! Es hat sich verbrannt!« rief Tholie.
»Große Doni!« entfuhr es Jondalar, als er mit Serenio auf die
schluchzende Mutter und das schreiende Kleinkind zulief. Alle wollten helfen, alle gleichzeitig. Die Verwirrung wurde
immer größer.
»Laßt den Shamud durch! Tretet beiseite.« Serenios
Anwesenheit wirkte sich beruhigend aus. Rasch befreite der
Shamud das Baby von seinen Hüllen. »Kaltes Wasser, Serenio,
rasch! Nein! Warte. Darvo, hole du das Wasser. Serenio, die
Lindenborke – du weißt, wo sie ist?«
»Ja«, sagte sie und eilte davon.
»Roshario, ist noch heißes Wasser da? Wenn nicht, macht
etwas. Wir brauchen einen Brei von Lindenborke und zur
Beruhigung einen leichteren Aufguß. Beide haben sich
verbrüht.«
Darvo kam mit einem Wasserbehälter vom Teich
herbeigerannt; das Wasser schwappte über. »Gut, mein Sohn.
Das hast du schnell gemacht«, sagte der Shamud und lächelte
beifällig. Dann spritzte er kaltes Wasser über die stark geröteten
Brandwunden. Auf diesen bildeten sich Blasen.
»Wir brauchen eine Salbe, etwas Linderndes, bis der
Borkenbrei fertig ist.«
Der Heilkundige sah ein Klettenblatt auf dem Boden und
erinnerte sich an das Essen.
»Jetamio, was ist das?«
»Ein Klettenstengel«, sagte sie. »Der war im Essen.« »Ist davon noch etwas übrig? Die Blätter vielleicht?« »Wir haben nur einen Stengel verwendet. Dort drüben liegt
ein Haufen.«
»Hole mir davon!«
Jetamio lief zum Abfallhaufen und kehrte mit zwei Handvoll
abgestreiften Blättern zurück. Der Shamud tauchte sie in das
Wasser und legte sie auf die Brandwunden von Mutter und
Kind. Die fordernden Schreie des Kindes ebbten ab und wurden
zu Schluchzern, als ob es einen
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