Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde
Wasser gefüllt worden waren und das Holz aufquoll. Mit abnehmbaren Deckeln versehen, dienten sie vielen Zwecken, vom Kochen bis zur Vorratshaltung.
Die Kiste ließ ihn an seinen Bruder denken, und er wünschte, er könnte in diesem Augenblick vor seiner Hochzeit bei ihm sein. Thonolan hatte die Technik des Holzbiegens und -formens der Sharamudoi rasch begriffen. Er selber hatte sich beim Speermachen dieselben Prinzipien von Dampf und Erhitzen zunutze gemacht, um einen Schaft geradezubiegen oder das Holz bei der Fertigung von Schneeschuhen zu runden. Der Gedanke an Schneeschuhe erinnerte Jondalar an den Beginn ihrer Reise und versetzte ihn in eine wehmütige Stimmung. Ob er sein Zuhause wohl je wiedersehen würde? Seit er wieder seine eigenen Kleider trug, hatte er jedes Aufwallen von Heimweh entschieden unterdrückt, das sich gerade dann wieder einstellte, wenn er es am wenigsten erwartete. Diesmal war es Serenios genutete Kochkiste, die es weckte.
Mit einer ruckartigen Bewegung stand er auf, stieß dabei den Hocker um, griff zu, um ihn wieder aufzurichten und hätte beinahe Serenio umgestoßen, die sich mit einem Becher brühheißen Tee näherte. Daß er um ein Haar einen Unfall verursacht hätte, erinnerte ihn an den unglücklichen Zwischenfall beim Fest des Versprechens. Tholie und Shamio schien es besser zu gehen, und ihre Verbrennungen waren fast geheilt; trotzdem befiel ihn ein unheimliches Gefühl, als er sich an die Unterhaltung mit dem Shamud hinterher erinnerte.
»Jondalar, trink deinen Tee. Ich bin sicher, das hilft.«
Er hatte den Becher in seiner Hand ganz vergessen, lächelte und nahm einen Schluck. Der Tee hatte einen angenehmen Geschmack – offensichtlich gehörte zu den Zutaten Kamille – und die Wärme im Magen beruhigte. Nach einer Weile spürte er, wie ein Teil der Spannung von ihm abfiel.
»Du hast recht, Serenio. Fühle besser. Nicht wissen, was falsch.«
»Es kommt nicht alle Tage vor, daß der Bruder eine Gefährtin nimmt. Ein bißchen Nervosität ist da verständlich.«
Er schloß sie in die Arme und küßte sie mit einer Leidenschaft, die ihn wünschen ließ, daß er nicht so bald fort müßte. »Treffen uns wieder heute abend, Serenio«, flüsterte er ihr ins Ohr.
»Jondalar, heute abend wird zu Ehren der Mutter ein Fest gefeiert«, erinnerte sie ihn. »Ich glaube, weder du noch ich sollten uns etwas vornehmen, wo doch so viele Besucher da sind. Warum nicht einfach dem Abend seinen Lauf nehmen lassen? Wir können uns doch jederzeit haben.«
»Das habe ich ganz vergessen«, sagte er und nickte zustimmend. Doch aus irgendeinem Grunde fühlte er sich zurückgewiesen. Merkwürdig, aber dieses Gefühl hatte er noch nie gehabt. Ja, bisher war immer er es gewesen, der dafür gesorgt hatte, daß er während eines Festes von allen Verpflichtungen freigeblieben war. Wieso verletzte es ihn, daß Serenio es ihm erleichterte? Spontan beschloß er, den Abend mit ihr zu verbringen, ob nun Mutter-Fest war oder nicht.
»Jondalar!« Wieder kam Darvo hereingestürzt. »Sie haben mich geschickt, dich zu holen. Sie brauchen dich.« Er war atemlos vor Aufregung darüber, mit einer so wichtigen Aufgabe betraut worden zu sein, und tänzelte vor Ungeduld. »Beeil dich, Jondalar. Sie brauchen dich.«
»Nur mit der Ruhe, Darvo«, sagte der Mann und sah den halbwüchsigen Jungen lächelnd an. »Ich komme. Werde doch Hochzeit des eigenen Bruders nicht verpassen.«
Darvo lächelte ein wenig verlegen. Er wußte, daß sie nicht ohne Jondalar anfangen würden, doch vermochte das seine Ungeduld nicht zu zügeln. Er eilte hinaus. Jondalar holte Atem und folgte ihm.
Ein Murmeln ging bei seinem Erscheinen durch die Menge, und er freute sich beim Anblick der beiden Frauen, die auf ihn warteten. Roshario und Tholie geleiteten ihn auf eine kleine Erderhebung an der Seitenwand, wo die anderen warteten. Auf dem höchsten Punkt des Erdbuckels stehend und die anderen mit Kopf und Schultern überragend, stand eine weißhaarige Gestalt, deren Gesicht teilweise von einer hölzernen Halbmaske mit stilisierten Vogelzügen verdeckt war.
Thonolan bedachte ihn mit einem nervösen Lächeln, als er herzutrat. Jondalar erwiderte das Lächeln und versuchte, Verständnis hineinzulegen. War sein eigenes Gesicht jetzt verspannt, konnte er sich ausmalen, wie Thonolan sich fühlen mußte, und es tat ihm leid, daß die Gebräuche der Sharamudoi es ihnen versagt hatten, zusammen zu sein. Ihm fiel auf, wie gut sein Bruder sich den anderen anpaßte
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