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Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Titel: Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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zu tun und langweilte sich.
    Sie schlenderte zum Uferstreifen hinunter, umrundete die vorspringende Felswand und folgte dem Rain der Sträucher, die den Fluß säumten. Der riesige Löwe trottete neben ihr her. Beim Dahingehen stieß er einen knurrenden Laut aus, der sich anhörte wie hnga, hnga und der gleichsam seine normale Sprechstimme darstellte, wie Ayla inzwischen festgestellt hatte. Andere Löwen stießen ähnliche Laute aus, doch jeder war verschieden und Babys deutlich von anderen zu unterscheiden; Ayla konnte sie von weither erkennen, genauso wie sein unverkennbares Gebrüll. Dieses begann tief in seiner Brust mit einer Reihe von Knurrlauten und schwoll dann zu einem sonoren Donnergrollen an, daß ihr die Ohren wehtaten, wenn sie ihm zu nahe war.
    Als sie an jenen Felsbrocken gelangte, auf dem sie sich für gewöhnlich ein wenig ausruhte, blieb sie stehen – sie war nicht eigentlich am Jagen interessiert, wußte aber nicht recht, was tun. Aufmerksamkeit heischend, stupste Baby sie an. Sie kraulte ihn hinter den Ohren und tief in seiner Mähne. Sein Fell war dunkler, als es im Winter gewesen war, aber immer noch sandfarben; seine Mähne jedoch hatte eine fuchsrote Färbung angenommen, ein Tiefrot, das nicht viel anders war als die Farbe roten Ockers. Er hob den Kopf, damit sie seinen Hals erreichen konnte, und ließ ein leises und tiefes zufriedenes Grollen vernehmen. Sie langte hinüber, um ihm auch die andere Seite zu kraulen, doch dann sah sie ihn mit einem neuen Bewußtsein an. Sein Rücken reichte gerade bis unter ihre Schulter. Er war fast so groß wie Winnie, nur unendlich viel massiver. Sie hatte gar nicht gemerkt, wie groß er geworden war.
    Der Höhlenlöwe, der die Steppen südlich der Gletscherzone durchstreifte, lebte in einer Umwelt, die sich ideal für jene Jagdweise eignete, für die er geschaffen schien. Es handelte sich um riesige Grassteppen, die von einer Fülle der unterschiedlichsten Beutetiere bevölkert wurden. Viele dieser Tiere waren sehr groß – Wisente und Rinder, die noch einmal um die Hälfte größer waren als ihre späteren Namensvettern; Riesenhirsche mit ihren dreieinhalb Meter großen Geweihen; wollhaarige Mammuts und Wollhaarnashörner. Die Bedingungen waren so günstig, daß sich zumindest eine Art von Raubkatzen zu einer solchen Größe entwickeln konnte, die sie brauchten, um derart riesige Tiere zur Strecke zu bringen. Der Höhlenlöwe füllte diese Nische aus, und zwar auf bewunderungswürdige Weise. Die Löwen späterer Generationen waren nur halb so groß, also winzig im Vergleich dazu; der Höhlenlöwe war die größte Raubkatze, die es je gegeben hat.
    Baby stellte ein überragendes Beispiel dieses überlegenen Raubtiers dar – er war riesig, verfügte über unheimliche Kräfte und hatte ein glattes Fell, das von seiner Gesundheit und seiner Jugend zeugte – und ließ sich absolut zutraulich von der jungen Frau kraulen. Hätte er sie angefallen, sie wäre völlig hilflos gewesen, nur: in ihrer Vorstellung war er nicht gefährlich. Für sie war er nicht gefährlicher als ein übergroßes Kätzchen – und das war ihr Schutz.
    Daß sie Baby beherrschte, geschah unbewußt, und deshalb akzeptierte er es. Den Kopf hebend und drehend, um ihr zu zeigen, wo, überließ Baby sich dem sinnlichen Genuß des Gekraultwerdens, und sie freute sich, weil es ihm Freude machte. Sie kletterte auf den Felsbrocken, um an seine andere Seite heranzukommen, und lehnte sich über seinen Rücken, als ihr eine andere Idee kam. Sie hielt keinen Moment inne, um darüber nachzudenken, sondern schwang ihm einfach das Bein über den Rücken und setzte sich rittlings auf ihn, wie sie es bei Winnie so oft getan hatte.
    Für Baby kam das zwar unerwartet, doch die Arme, die er, um den Hals spürte, waren ihm vertraut, und das Gewicht unbedeutend. Eine Zeitlang regte sich keiner von beiden. Für das gemeinsame Jagen hatte Ayla das Startsignal der Schleuderbewegung entlehnt und dazu das Wort für »Los!« ausgesprochen. Als sie jetzt daran dachte, gab sie ohne zu zögern das Zeichen und rief das Wort.
    Als sie spürte, wie seine Muskeln sich unter ihr strafften und er vorwärtssprang, krallte sie sich an seiner Mähne fest. Mit der sehnigen Anmut seiner Gattung schoß er, die Frau auf dem Rücken, das Tal hinunter. Sie mußte die Augen verengen, da der Wind ihr ins Gesicht fuhr. Haarsträhnen, die ihren Zöpfen entgangen waren, flatterten hinter ihr her. Sie übte keinerlei Herrschaft aus. Sie

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