Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde
Wunsch, in Ihren Dienst zu treten. Sie können mit Der Mutter sprechen.«
»Creb besaß andere Gaben. Er war der Allerhöchste und Allermächtigste. Er konnte … er … ich weiß nicht, wie ich das erklären soll.«
Jondalar nickte. Es war auch nicht in jedem Falle leicht, die Gaben eines Zelandoni zu erklären. Auf jeden Fall waren sie auch die Bewahrer besonderen Wissens. Er warf noch einen Blick auf die Stäbe. »Was bedeutet dies hier?« sagte er und zeigte auf die extra-dicken Kerben.
Ayla errötete. »Das ist … ist mein … Frauentum«, antwortete sie in dem Bemühen, eine Erklärung zu geben.
Von den Clan-Frauen wurde erwartet, daß sie während ihrer Regel den Männern aus dem Weg gingen, und die Männer übersahen sie vollkommen. Frauen machten in dieser Zeit eine Art Teilverbannung durch, litten unter dem, was man den ›Frauen-Fluch‹ nannte; denn die Männer waren von Furcht vor der geheimnisvollen Lebenskraft erfüllt, die Frauen instand setzte, Leben hervorzubringen. Sie war es, die dem Geist ihres Totems jene außerordentliche Kraft verlieh, die gegen das durchdringende Wesen der Totemsgeister der Männer ankämpfte. Wenn eine Frau blutete, bedeutete das, daß ihr Totem obsiegt und dem Wesen des männlichen Totems eine Wunde zugefügt – es hinausgeworfen hatte. Kein Mann wollte, daß der Geist seines Totems in dieser Zeit in den Kampf hineingezogen wurde.
Nun war Ayla, kurz nachdem sie den Mann in ihre Höhle gebracht hatte, in einer gewissen Bedrängnis gewesen. Sie hatte sich nicht streng absondern können, als ihre Blutung einsetzte – jedenfalls nicht, solange sein Leben noch an einem dünnen Faden hing und sie sich aufmerksam um ihn kümmern mußte. Sie durfte sich einfach nicht einengen lassen. Später hatte sie dann versucht, den Kontakt mit ihm während ihrer Periode auf das Mindestmaß zu beschränken; aber ganz ließ sich dieser nicht vermeiden, wo sie doch beide eine Höhle teilten. Auch war es ihr unmöglich, sich nur mit Frauenaufgaben zu beschäftigen, wie das beim Clan der Fall gewesen war. Es waren ja keine anderen Frauen da, ihren Platz einzunehmen. Sie mußte für den Mann jagen und für ihn kochen; und außerdem wollte er, daß sie mit ihm aß.
Das einzige, was sie tun konnte, um zumindest den Anschein von weiblichem Anstand zu wahren, war, das Thema möglichst zu meiden und ihre Fellbinden zu wechseln, wenn sie allein war, und überhaupt so wenig Aufhebens von der ganzen Sache zu machen wie möglich. Wie aber nun seine Frage beantworten?
Er jedoch nahm ihre Erklärung ohne irgendwelches peinliches Berührtsein oder böse Ahnungen hin. Sie entdeckte nicht das geringste Anzeichen, daß es ihm überhaupt etwas ausmachte.
»Die meisten Frauen versuchen, die Tage zu zählen. Hat Creb oder Iza dir das beigebracht?« fragte er.
Ayla senkte den Kopf, um ihre Verwirrung zu verbergen. »Nein, das habe ich selbst gemacht, um Bescheid zu wissen. Ich wollte nicht unvorbereitet von der Höhle entfernt davon überrascht werden.«
Sein verständnisvolles Nicken überraschte sie. »Frauen erzählen sich eine Geschichte über die Zahlwörter«, fuhr er fort. »Sie sagen, der Mond – Lumi – ist der Geliebte der Großen Erdmutter. An den Tagen, da Doni blutet, will Sie die Wonnen nicht mit ihm teilen. Da wird er zornig, und es verletzt seinen Stolz. Er wendet sich von Ihr ab und verbirgt sein Licht. Aber lange kann er sich nicht von Ihr fernhalten. Er fühlt sich einsam, er vermißt ihren fülligen warmen Leib und blickt insgeheim zurück, um Sie zu sehen. Doch Doni ist inzwischen außer sich und will ihn nicht ansehen. Doch wenn er sich umdreht und sein Licht in seiner ganzen Pracht für Sie leuchten läßt, kann Sie ihm nicht widerstehen. Sie öffnet sich ihm wieder, und beide sind glücklich.
Das ist der Grund, warum viele Ihrer Feste bei Vollmond abgehalten werden. Die Frauen sagen, ihre Perioden fallen mit denen Der Mutter zusammen – sie nennen die Zeit ihres Blutens Mond-Zeit und können durch Beobachtung Lumis sagen, wann es wieder soweit sein wird. Sie sagen, Doni habe ihnen die Zahlwörter gegeben, damit sie es auch dann wissen, wenn der Mond sich hinter den Wolken versteckt; nur werden sie heute in vielen wichtigen Bereichen benutzt.«
Wiewohl es sie beunruhigte, einen Mann so ungezwungen über intime Frauenangelegenheiten reden zu hören, war Ayla von der Geschichte fasziniert. »Manchmal beobachte auch ich den Mond«, sagte sie, »aber ich kerbe auch die Stecken ein. Was sind
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