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Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Titel: Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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auszusuchen. Es war kaum zu glauben. Mochte sie noch so tüchtig und noch so flink bei der Arbeit sein, die fein geflochtenen Körbe und geglätteten Becher und Schalen fertigzustellen, hatte Zeit gebraucht. Wie lange war sie hier? Allein.
»Dieser hier ist gut geeignet«, sagte er und wählte eine große, trogähnliche Holzschale mit hohen Seitenwänden. Ayla steckte alles andere säuberlich wieder zusammen, während er die Lampe hielt. Sie kann kaum älter als ein Mädchen gewesen sein, als sie hierherkam, überlegte er. Sie ist ja noch nicht sehr alt – oder doch? Schwer zu beurteilen. Sie hatte etwas Zeitloses und gleichzeitig Treuherziges, das nicht ganz mit dem vollen und reifen Körper in Einklang zu bringen war, den sie hatte. Sie hatte ein Kind geboren, war also in jeder Beziehung eine Frau. Ich möchte wissen, wie alt sie ist.
Sie stiegen den Pfad hinunter. Jondalar füllte die trogähnliche Schale mit Wasser und untersuchte die Beinknochen, die er auf ihrem Abfallhaufen entdeckt hatte. »Dieser hier weist einen Riß auf, den ich vorher nicht bemerkt habe«, sagte er und zeigte ihr den Knochen, ehe er ihn fortwarf. Die anderen legte er ins Wasser. Bei ihrer Rückkehr in die Höhle versuchte er, Aylas Alter zu schätzen.
»Ayla, wie lange bist du schon hier?« fragte er, als sie im Begriff standen, die Höhle wieder zu betreten. Er konnte seine Neugier nicht bezähmen.
Sie blieb stehen und wußte nicht, wie darauf antworten – oder wie sie sich verständlich machen könnte. Ihre Zahlstäbe fielen ihr ein, doch wenn Creb ihr auch beigebracht hatte, die Kerben anzubringen – eigentlich durfte sie ja gar nicht wissen, wie man die Zeit maß. Vielleicht hatte Jondalar etwas dagegen. Aber er geht ja ohnehin, dachte sie.
Sie holte eines der Bündel hervor, deren Stäbe sie Tag für Tag mit einer Kerbe versehen hatte; sie schnürte es auf und legte die Stäbe vor sich hin.
»Was ist das?« fragte er.
»Du möchtest wissen, wie lange ich hier bin. Ich weiß nicht, wie ich es dir sagen soll, aber seit ich dieses Tal gefunden habe, habe ich jeden Tag eine Kerbe in einen Stab geschnitten. Ich bin also so viele Tage hier, wie Kerben auf meinen Stäben sind.«
»Und weißt du, wie viele Kerben das sind?«
Sie wußte noch genau, wie quälend es gewesen war, als sie schon einmal versucht hatte, eine gewisse Ordnung in ihre Kerben und Stäbe zu bekommen und diese zu deuten. »So viele, wie da sind«, sagte sie.
Interessiert nahm Jondalar einen der Stäbe in die Hand. Sie kannte zwar die Zahlwörter nicht, besaß aber ein gewisses Gefühl dafür. Nicht einmal jeder in seiner Höhle begriff sie. Jedem war der machtvolle Zauber ihrer Bedeutung nicht verständlich. Einiges davon hatte der Zelandoni ihm erklärt. Zwar kannte er nicht allen in ihnen enthaltenen Zauber, aber er wußte mehr als die meisten derer, die nicht berufen waren. Wo hatte Ayla gelernt, die Stäbe einzukerben? Wie konnte jemand, der unter Flachschädeln großgeworden war, auch nur das geringste Verständnis für Zahlwörter haben?
»Wie hast du dies gelernt?«
»Das hat Creb mir beigebracht. Schon vor langer Zeit. Als ich noch ein kleines Mädchen war.«
»Creb – der Mann, an dessen Herdfeuer du gelebt hast? Er hat gewußt, was sie bedeuten? Er hat nicht einfach nur Kerben geschnitzt?«
»Creb war der … Mog-ur … ein heiliger Mann. Der Clan erwartete von ihm, daß er den richtigen Zeitpunkt für bestimmte Zeremonien wie etwa die Namensgebungszeremonie oder auch für das Clanstreffen wußte. So hat er das gemacht. Ich glaube, er hat gemeint, ich verstünde das nicht – denn selbst für einen Mog-ur ist es schwierig. Er hat es nur gesagt, damit ich nicht allzu viele Fragen stellte. Und hinterher hat er mir verboten, die Sache je wieder zu erwähnen. Einmal hat er mich erwischt, aber da war ich schon älter und kerbte die Tage für den Mondzyklus ein – und da war er sehr böse.«
»Dieser … Mog-ur« – Jondalar hatte Schwierigkeiten mit der Aussprache – »dieser Mog-ur war etwas Heiliges, Geweihtes, wie ein Zelandoni?«
»Ich weiß nicht. Du sagst Zelandoni, wenn du Heilkundiger meinst. Der Mog-ur war kein Heiler. Iza kannte sich in den Pflanzen und Kräutern aus – sie war die Medizinfrau. Der Mogur kannte die Geister. Er half mir, mit ihnen zu reden.«
»Ein Zelandoni kann ein Heiler sein, aber auch andere Gaben haben. Ein Zelandoni ist jemand, der dem Ruf gefolgt ist, Der Mutter Zu Dienen. Manche besitzen keine besonderen Gaben, nur den

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