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Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Titel: Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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den Hinterbeinen der Stute. Jetzt erst ging
Jondalar auf, daß er so getan hatte, als ob er ein Recht hätte, ihr
Fragen zu stellen. Er wandte sich aus dem Fackellicht fort und
war dankbar, daß sie nicht sehen konnte, wie sein Gesicht rot
wurde. Er folgte ihr, während sie sich mühselig den Pfad
hinaufschleppte, und er war so verlegen, daß er gar nicht
merkte, wie erschöpft sie war.
Sie griff nach einem Schlafpelz, hüllte sich hinein und hockte
sich neben dem Feuer nieder. »Ich habe vergessen, wie kalt es
abends schon wird«, sagte sie. »Ich hätte einen wärmeren
Überwurf mitnehmen sollen, aber ich hatte nicht gedacht, daß
es solange dauern würde.«
Jondalar sah, wie sie zitterte, und war nur noch beschämter.
»Dich friert. Komm, ich hole dir was Heißes zu trinken.« Damit
schenkte er ihr heiße Brühe in einen Becher.
Auch Ayla hatte ihn nicht sonderlich genau angesehen – dazu
hatte ihr viel zu sehr daran gelegen, endlich zum Feuer zu
kommen. Doch als sie jetzt aufblickte, um den Becher in
Empfang zu nehmen, hätte sie ihn fast fallen lassen.
»Was ist denn mit deinem Gesicht geschehen?« sagte sie mit
einer ähnlichen Mischung aus Schock und Besorgnis.
»Was meinst du?« fragte er beunruhigt.
»Dein Bart … er ist fort.«
Der Schock, der den ihren gespiegelt hatte, wich einem
Lächeln. »Ich habe ihn abrasiert.«
»Abrasiert?«
»Ja, dicht an der Haut abgeschnitten. Das mache ich
normalerweise im Sommer. Sonst juckt es, wenn es heiß wird
und man schwitzt.«
Ayla konnte der Versuchung nicht widerstehen. Sie langte
hinauf, um die Glätte seiner Backe zu fühlen, fuhr ihm dann
gegen den Strich darüber und spürte die beginnende Rauhheit.
Kratzig, wie die Zunge eines Löwen. Ihr fiel ein, daß er ja keinen
Bart gehabt hatte, als sie ihn gefunden, doch nachdem er wieder
gewachsen war, hatte sie das ganz und gar vergessen. Er kam ihr
so jung vor ohne Bart und auf eine kindliche Weise anziehend –
jedenfalls nicht wie ein Mann. Sie war ausgewachsene bartlose
Männer nicht gewohnt. Sie fuhr mit dem Finger über sein
kräftiges Kinn und das kleine Grübchen in der Mitte. Ihre Berührung ließ ihn erstarren. Er war unfähig, sich ihr zu
entziehen, spürte mit jeder Faser das Streicheln ihrer
Fingerspitzen. Wiewohl sie nichts Erotisches beabsichtigt hatte,
sondern nur neugierig gewesen war, reagierte er auf eine tiefere
Weise. Das drängend-angespannte Pulsieren zwischen seinen
Beinen setzte so schlagartig und so mächtig ein, daß er völlig
überrascht war.
Die Art, wie seine Augen sie anblickten, weckte in ihr das
geradezu zwanghafte Verlangen, trotz seines fast allzu
jungenhaften Aussehens den Mann in ihm zu sehen. Er langte
hinüber, um ihre Hand zu ergreifen und sie an sein Gesicht zu legen, und es bedurfte einer großen Willensanstrengung, sie ihm zu entziehen. Sie nahm den Becher auf und trank, ohne etwas zu schmecken. Das war mehr als Verlegenheit, bloß weil sie einen Mann angefaßt hatte. Plötzlich stand ihr lebhaft vor Augen, wie sie einander das letztemal Aug’ in Aug’ am Feuer gegenübergesessen hatten und dieser Ausdruck in seine Augen gekommen war. Und diesmal nun hatte sie ihn berührt. Sie hatte Angst, ihn anzublicken, Angst davor, diesen schrecklichen, erniedrigenden Blick noch einmal auf sich gerichtet zu sehen. Doch ihre Fingerspitzen erinnerten sich an sein glattes und doch
rauhes Gesicht, und es juckte sie, erneut hinzulangen. Jondalar war entsetzt darüber, mit welch einer Heftigkeit er
augenblicklich auf ihre sanfte Berührung reagierte. Wie er jetzt
auf sie herniederblickte, machte sie einen so befangenen, so
zerbrechlichen Eindruck; dabei wußte er ganz genau, wie stark
sie innerlich war. Für ihn war sie eine wunderschöne
Feuersteinklinge, die vollkommen vom Stein absprang und
deren Ränder zart und durchscheinend, gleichzeitig aber hart
und scharf waren, daß man noch das zäheste Leder damit
durchtrennen konnte.
Ach, Mutter, wie schön sie ist! dachte er. Ach, Doni, Große
Erdmutter, es verlangt mich nach dieser Frau, verlangt mich so
sehr nach ihr …
Plötzlich sprang er auf. Es war ihm unerträglich, sie einfach
anzublicken. Unversehens fiel ihm das Essen ein, das er
zubereitet hatte. Da sitzt sie, völlig durchgefroren und
hundemüde, und ich sitze einfach da. Er ging, den MammutHüftknochen zu holen, den sie als Teller benutzten.
Ayla hörte ihn aufstehen. Das geschah so unvermittelt, daß es
fast schon ein Aufspringen war, und sie war fest überzeugt, daß
der

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