Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde
Babys verlieren?« schluchzte sie.
Er erbleichte. Ihre Babys? Dieser gewaltige Löwe ihr Baby? Schockartig kam ihm wieder das Gefühl von der weinenden Mutter, der Mutter aller.
»Deine Babys?«
»Erst Durc und dann Baby.«
»Ist das dein Name für den Löwen?«
»Baby? Das bedeutet: kleines Kind«, erklärte sie in dem Bemühen, es in seiner Sprache auszudrücken.
» Kleines Kind?« schnaubte er. »Das war der riesigste Höhlenlöwe, den ich jemals zu Gesicht bekommen habe.«
»Ich weiß.« Ein Lächeln mütterlichen Stolzes wurde hinter dem Tränenschleier erkennbar. »Ich habe auch immer dafür gesorgt, daß er genug zu fressen hatte – nicht wie die Löwenjungen im Rudel. Aber als ich ihn fand, war er auch noch klein. Ich nannte ihn Baby und habe es nie geschafft, ihm dann einen anderen Namen zu geben.«
»Gefunden hast du ihn?« fragte Jondalar immer noch zaudernd.
»Sie hatten ihn für tot zurückgelassen. Ich glaube, ein Rentier hat ihn getreten. Ich habe sie in meine Fallgrube gejagt. Brun hat mir manchmal erlaubt, kleine Tiere in die Höhle zu bringen, wenn sie verletzt waren und meiner Hilfe bedurften – allerdings: fleischfressende Tiere niemals. Ich wollte dieses Höhlenlöwenjunge eigentlich auch liegen lassen, aber dann fielen die Hyänen über es her. Da habe ich sie mit meiner Schleuder vertrieben und es hierhergebracht.«
Etwas in die Ferne Gerichtetes trat Ayla in die Augen, und ihr Mund verschob sich zu einem schiefen Grinsen. »Baby war so komisch, als er klein war; er hat mich immer zum Lachen gebracht. Aber es hat viel Zeit gekostet, für ihn zu jagen, bis der zweite Winter kam und wir lernten, gemeinsam zu jagen. Wir alle, Winnie auch. Ich habe Baby seither nicht wiedergesehen, seit …« Plötzlich fiel ihr es ein …
»Oh, Jondalar, es tut mir ja so leid. Baby ist der Löwe, der deinen Bruder getötet hat. Aber wäre es irgendein anderer Löwe gewesen, ich wäre nicht in der Lage gewesen, ihn fortzuscheuchen.«
»Und du bist doch eine Donii!« entfuhr es Jondalar. »Ich habe dich in meinem Traum gesehen! Ich dachte, eine Donii sei gekommen, mich in die nächste Welt zu bringen; statt dessen brachte sie den Löwen dazu, sich zu trollen.«
»Du wirst wohl etwas aufgewacht sein, Jondalar. Als ich dich transportierte, hast du vor Schmerz wahrscheinlich das Bewußtsein verloren. Ich mußte dich ja in größter Eile fortschaffen. Ich wußte, mir würde Baby nichts tun – er ist manchmal nur etwas ungestüm, aber das meint er nicht so. Er kann einfach nicht anders. Nur wußte ich nicht, wann seine Löwin zurück sein würde.«
Fassungslos und ungläubig schüttelte der Mann den Kopf. »Bist du wirklich mit diesem Löwen auf die Jagd gegangen?«
»Das war die einzige Möglichkeit, ihn sattzubekommen. Zuerst, ehe er imstande war, selbst seine Beute zu reißen, pflegte er ein Tier zu Fall zu bringen. Ich bin dann mit Winnie gekommen und habe es mit dem Speer getötet. Damals wußte ich ja noch nichts vom Speer werfen. Und als Baby groß genug war, selbst Beute zu schlagen, schnitt ich mir manchmal ein Stück heraus, ehe er sie zerriß; manchmal wollte ich ja auch das Fell haben …«
»Also hast du ihn einfach weggestoßen, wie von diesem Wisent? Weißt du denn nicht, daß es gefährlich ist, einem Löwen Fleisch wegzunehmen? Ich habe erlebt, wie einer deshalb sein eigenes Junges umgebracht hat.«
»Ich auch. Aber Baby ist anders, Jondalar. Er ist ja nicht innerhalb eines Rudels aufgewachsen. Er ist hier großgeworden, bei Winnie und mir. Wir sind zusammen auf die Jagd gegangen – er ist es gewohnt, daß wir die Beute teilen. Ich freue mich so, daß er eine Löwin gefunden hat, da kann er jetzt jedenfalls wie ein Löwe leben. Winnie ist für eine Zeitlang zu einer Herde zurückgekehrt, aber da war sie nicht glücklich …«
Ayla schüttelte den Kopf und senkte den Blick. »Nein, das stimmt nicht. Ich möchte das gern glauben. Ich glaube, sie war glücklich bei ihrer Herde und ihrem Hengst. Ich war unglücklich ohne sie. Ich war so froh, als sie wieder zurückkam, nachdem ihr Hengst umgekommen war.«
Ayla nahm ihren schmutzigen Überwurf auf und ging in die Höhle. Jondalar, dem erst jetzt aufging, daß er immer noch den Speer in der Hand hielt, lehnte diesen gegen die Felswand und folgte ihr. Ayla war nachdenklich. Babys Rückkehr hatte so viele Erinnerungen in ihr wachgerufen. Sie sah nach der Wisentlende, drehte den Spieß und stocherte im Feuer, daß es heller brannte. Dann goß sie aus einem
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