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Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Titel: Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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wecken würde, falls ein Raubtier zu sehr in die Nähe der ausgehenden Feuer kam. Im Halbschlaf schlang die junge Frau dem kleinen warmen Tier den Arm um den Hals, fühlte seinen Herzschlag, hörte seinen Atem gehen und kuschelte sich näher an.

6
    Jondalar rieb sich die Bartstoppeln am Kinn und langte nach seiner gegen eine zerspellte Fichte gelehnten Kiepe. Er kramte ein kleines, in weiches Leder gehülltes Paket hervor, zog die Schleife auf, faltete es auseinander und begutachtete sorgfältig eine dünne Feuersteinklinge. Die Klinge wies die Schneide entlang eine kaum merkliche Wölbung auf – alle aus gespaltenem Feuerstein hergestellten Klingen wiesen eine solche auf; sie bildete ein Charakteristikum gerade dieses Steins –, aber die Schneide war gleichmäßig und scharf. Was er in der Hand hielt, war eines von ganz besonders gut gearbeiteten Werkzeugen, die er eigens beiseitegelegt hatte.
    Ein plötzlich aufkommender Wind raschelte in den abgestorbenen Ästen der flechtenüberzogenen Fichte. Der Windstoß riß die Zeltöffnung auf, blähte die Zeltplane, zerrte an den Spannschnüren, ruckte an den Pflöcken und ließ die Zeltöffnung sich wieder schließen. Jondalar betrachtete die Schneide, schüttete den Kopf und wickelte sie wieder ein. »Zeit, den Bart wachsen zu lassen?« sagte Thonolan.
    Jondalar hatte gar nicht bemerkt, daß sein Bruder herangekommen war.
»Da hat so ein Bart jedenfalls mal etwas für sich«, sagte er. »Im Sommer kann er schon eine Plage sein. Da juckt’s, wenn man schwitzt – und so ist es angenehmer, ihn abzuschaben. Aber im Winter hilft er einem, das Gesicht warmzuhalten – und der Winter kommt.«
Thonolan blies sich in die Hände, rieb sie und hockte sich dann vor das kleine Feuer vorm Zelt und hielt sie über die Flammen. »Was mir fehlt, ist die Farbe«, sagte er. »Die Farbe?«
»Rot. Was fehlt, ist das Rot. Ein Busch hier und da, aber sonst wird alles einfach gelb und dann braun. Das Gras, die Blätter.« Mit einer Kopfbewegung zeigte er in das offene Grasland hinter sich und blickte dann zu Jondalar hinüber, der neben dem Baum stand. »Sogar die Fichten machen einen langweiligen Eindruck. Auf Pfützen und am Rand der Bäche bildet sich schon Eis; dabei warte ich immer noch auf den Herbst.«
»Warte nicht zu lange«, sagte Jondalar, kam herzu und hockte sich gegenüber seinem Bruder ans Feuer. »Heute morgen habe ich ein Nashorn gesehen, das nach Norden zog.«
»Und ich hatte gedacht, es riecht nach Schnee.«
»Viel wird’s nicht werden, so lange es noch Nashörner und Mammuts hier in der Gegend gibt. Die mögen zwar die Kälte, aber was sie nicht mögen, ist viel Schnee. Sie scheinen es immer schon im voraus zu wissen, wenn ein großer Sturm bevorsteht, und sich möglichst schnell in den Schurz des Gletschers zurückzuziehen. Die Leute sagen: ›Zieht’s das Mammut gen Norden, heißt’s daheimbleiben!‹ Und das trifft auch auf Nashörner zu. Nur hatte dies es nicht besonders eilig.«
»Ich habe schon ganze Jagdgesellschaften umkehren sehen, ohne auch nur einen einzigen Speer geworfen zu haben, bloß weil die Wollhaarnashörner nach Norden zogen. Ob es wohl viel Schnee hier gibt?«
»Der Sommer war trocken. Wenn der Winter das auch ist, könnten Mammuts und Nashörner ja das ganze Jahr über hierbleiben. Aber wir sind jetzt weiter im Süden, und das bedeutet für gewöhnlich Schnee. Falls Menschen dort in den Bergen im Osten leben, müßten sie’s eigentlich wissen. Vielleicht hätten wir bei den Leuten bleiben sollen, die uns mit dem Floß über den Fluß gesetzt haben. Wir brauchen eine Bleibe für den Winter, und zwar bald.«
»Ich hätte im Moment nichts gegen eine schöne behagliche Höhle voll schöner Frauen einzuwenden«, sagte Thonolan grinsend.
»Mir würde schon eine schöne behagliche Höhle genügen.«
»Großer Bruder, du hast doch genauso wenig wie ich Lust, den Winter frauenlos zu verbringen.«
Der größere der beiden lächelte. »Naja, der Winter wäre wohl ohne Frauen wesentlich kälter – gleichgültig, ob sie nun schön sind oder nicht.«
Sinnend sah Thonolan seinen Bruder an. »Darüber habe ich schon oft nachgedacht«, sagte er. »Worüber?«
»Ich hab’s schon erlebt, daß eine ausgesprochene Schönheit da war, hinter der alle Männer herlechzten – aber sie hat nur Augen für dich. Ich weiß, du bist nicht unempfänglich für weibliche Schönheit, du selbst weißt das auch – und trotzdem läßt du sie links liegen, gehst hin und suchst

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