Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde
hatte, sie duckten sich kriecherisch – all das irritierte sie. Auch konnte sie niemals Ogas Schrei vergessen, als diese hilflos zugesehen hatte, wie ihr Sohn davongeschleppt worden war. Diesmal hatten sie es auf Winnie abgesehen.
Zwar trug sie ihre Schleuder nicht bei sich, doch das konnte sie nicht abhalten. Es war nicht das erstemal, daß sie ungeachtet ihrer eigenen Sicherheit eingriff, wo jemand anders bedroht war. Die Faust drohend erhoben und laut schreiend lief sie auf die Höhle zu.
»Raus da! Fort mit euch!« Das waren Sprachlaute, selbst in der Sprache des Clans.
Die Tiere trollten sich. Teils war es ihre Zuversicht, die bewirkte, daß sie sich zurückzogen; und wenn auch das Feuer erloschen war, der Rauchgeruch hielt sich noch in der Luft. Trotzdem: Es gab noch einen anderen Grund. Aylas Geruch war den Tieren zwar nicht allgemein bekannt, aber er wurde ihnen vertrauter, und als sie ihn das letztemal gewittert hatten, waren hart geschleuderte Steine angeflogen gekommen.
Ayla suchte in der stockfinsteren Höhle tastend nach ihrer Schleuder und war wütend auf sich, da sie sich nicht erinnerte, wo sie sie hingelegt hatte. Das durfte ihr nicht noch einmal passieren, sagte sie sich. Ich werde eine Stelle suchen, wo sie hingehört, und dorthin kommt sie dann jedesmal, wenn ich sie nicht bei mir tragen will.
Statt dessen häufte sie ihre Kochsteine vor sich auf – wo die lagen, wußte sie. Als eine vorwitzige Hyäne sich nahe genug heranwagte, daß ihre Umrisse sich vor der Höhlenöffnung abhoben, mußte sie die Erfahrung machen, daß Ayla ihr Ziel auch ohne Schleuder nicht verfehlte und daß solche Steinwürfe wehtaten. Noch ein paar solcher Versuche, und die Hyänen kamen zu dem Schluß, daß das junge Pferd doch keine so leichte Beute war.
Ayla tastete im Dunkeln nach noch mehr Steinen und stieß dabei auf einen der Stecken, in die sie Kerben geschnitten hatte, um das Verstreichen der Zeit festzuhalten. Den Rest der Nacht verbrachte sie an Winnies Seite, bereit, das Füllen notfalls auch mit einem Stecken zu verteidigen.
Den Schlaf abzuwehren, erwies sich da als schwieriger. Kurz vor der Dämmerung döste sie eine Weile, doch als das erste Morgenlicht heraufkroch, stand sie mit der Schleuder in der Hand auf dem Sims. Hyänen waren nirgends zu entdecken. Da ging sie zurück, um ihren Fellüberwurf und ihre Füßlinge zu holen. Die Temperatur war empfindlich gefallen, der Wind über Nacht umgeschlagen. Da er jetzt aus nordöstlicher Richtung kam, wehte er durch die volle Länge des Tals und fuhr dann – von der vorspringenden Felswand und der Flußbiegung aufgehalten – stoßweise in ihre Höhle hinein.
Sie lief mit ihrem Wasserbeutel den steilen Pfad hinunter und zertrümmerte eine dünne durchsichtige Eisschicht, die sich am Rand des Flusses gebildet hatte. Die Luft roch nach Schnee. Als sie die Eisschicht durchbrach und eisiges Wasser schöpfte, konnte sie es nicht fassen, daß es jetzt so kalt war, wo es doch tags zuvor so warm gewesen war. Das Wetter hatte sich rasch geändert. Sie war in ihrer Routine zu bequem geworden. Es bedurfte nur eines Wetterumschlags, um sie daran zu erinnern, daß sie es sich nicht leisten konnte, nichts zu tun.
Iza hätte sich darüber aufgeregt, daß ich mich schlafen legen konnte, ohne zuvor das Feuer abzudecken. Jetzt werde ich ein neues machen müssen. Auch hatte ich es nicht für möglich gehalten, daß der Wind in die Höhle hineinwehen würde; schließlich ist er bisher immer aus dem Norden gekommen. Vielleicht hat das dazu beigetragen, daß das Feuer erloschen ist. Ich hätte es abdecken sollen. Treibholz strahlt eine so große Hitze aus, wenn es trocken ist. Vielleicht sollte ich frisches Holz schlagen. Damit läßt sich zwar nicht so leicht Feuer machen, aber dafür brennt es langsamer. Auch sollte ich Pfosten für einen Windschutz schlagen und mehr Holz heraufschaffen. Fängt es erstmal an zu schneien, wird das Holzholen schwieriger. Ich hole jetzt mein Handbeil und fälle ein paar Bäume, ehe ich ein Feuer mache. Ich möchte ja nicht, daß der Wind es mir ausbläst, ehe ich einen Windschutz gebaut habe.
Auf dem Weg zurück zur Höhle nahm sie ein paar Stücke Treibholz mit. Winnie stand auf dem Sims, begrüßte sie mit seinem Gewieher, stupste sie mit der Nase und erhoffte sich Zeichen von Zuneigung. Ayla lächelte zwar, schlüpfte aber eilends in die Höhle hinein. Winnie folgte ihr und versuchte, seine Nase unter Aylas Hand zu schieben.
Na schön,Winnie,
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