Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
seinen Platz an der
Mutterbrust weggenommen hatte. Tornec und Tronie waren
ein freundliches Paar, das einander in inniger Liebe zugetan
war, und Ayla war froh, daß sie das Herdfeuer nebenan hatten
und nicht die beiden, die ständig miteinander stritten. Manuv,
der bei ihnen lebte, war beim Essen einmal zu ihnen gekommen
und hatte ihr erzählt, er sei in Tornecs Jugend der Mann des
Herdfeuers gewesen; und er sei der Sohn eines Vetters von
Mamut. Er sagte, er verbringe viel Zeit am vierten Herdfeuer,
was sie erfreute. Sie hatte ältere Leute von jeher gern gemocht. Mit dem Herdfeuer auf der anderen Seite war sie nicht so
glücklich. Dort lebte Ranec – er nannte es das Herdfeuer des
Fuchses. Zwar hatte sie nichts gegen ihn, doch verhielt Jondalar
sich so merkwürdig, wenn er in der Nähe war. Freilich war es
mit seinen zwei Männern nur ein kleineres Herdfeuer und
nahm im Langhaus nicht viel Platz ein, so daß sie sich Nezzie
und Talut vom zweiten Herdfeuer, zu dem ja auch Rydag
gehörte, viel näher zugehörig fühlte. Auch mochte sie die
anderen Kinder von Taluts Löwen-Herdfeuer, Latie und Rugie,
Nezzis jüngere Tochter, die im Alter Rydag näherstand. Und
jetzt, wo sie Danug kennengelernt hatte, mochte sie auch diesen. Talut kam mit der großen Frau. Barzec und die Kinder waren
dabei, und Ayla nahm an, daß sie ein Paar wären.
»Ayla, ich möchte, daß du meine Schwester kennenlernst –
Tulie vom Herdfeuer der Auerochsen und Anführerin des
Löwen-Lagers.«
»Ich grüße dich«, sagte die Frau und streckte in aller Form
beide Hände vor. »In Muts Namen heiße ich dich
willkommen.« Als Schwester des Anführers stand sie nicht unter
ihm und war sich ihrer Verantwortung wohl bewußt.
»Ich grüße dich, Tulie«, erwiderte Ayla und bemühte sich, die
Frau nicht zu aufdringlich anzustarren.
Als Jondalar das erste Mal hatte aufstehen können, war es für
sie wie ein Schock gewesen zu entdecken, daß er größer war als
sie; jetzt jedoch einer Frau gegenüberzustehen, die größer war
als sie, war womöglich noch bestürzender. Im Clan hatte Ayla
immer jeden überragt. Diese Anführerin jedoch war nicht nur
groß – sie war außerdem muskelbepackt und schien überaus
stark zu sein. Der einzige, der sie noch überragte, war ihr
Bruder. Sie besaß jene bestimmende Haltung, wie nur
Körpergröße und Massigkeit sie vermitteln können, und strahlte
die Selbstsicherheit einer Frau, Mutter und Anführerin aus, die
keinerlei Zweifel kannte und ihr Leben fest in der Hand hatte. Tulie wunderte sich über die sonderbare Sprechweise ihrer
Besucherin, doch beschäftigte ein anderes Problem sie viel
unmittelbarer, und so zögerte sie nicht und kam mit einer
Direktheit, die typisch für sie war, sofort darauf zu sprechen. »Ich hatte keine Ahnung, daß das Herdfeuer des Mammuts
besetzt sein würde, als ich Branag einlud, mit uns
zurückzukehren. Er und Deegie werden kommenden Sommer
zusammengegeben werden. Er bleibt nur ein paar Tage, und ich weiß, Deegie hatte gehofft, sie beide könnten diese paar Tage ein bißchen für sich verbringen und nicht in unmittelbarer Nähe ihrer Geschwister. Da ihr hier Gäste seid, würde sie nie darum bitten; aber Deegie würde mit Branag gern am Herdfeuer des
Mammut zusammensein, wenn ihr nichts dagegen habt.« »Es ist großes Herdfeuer. Ich habe nichts dagegen«, sagte Ayla,
der es ausgesprochen peinlich war, gefragt zu werden.
Schließlich war es nicht ihr Zuhause.
Während sie noch miteinander redeten, kam eine junge Frau
aus der Erdhütte; ein junger Mann folgte ihr auf dem Fuß. Ayla
machte große Augen. Die Frau mußte ungefähr so alt sein wie
Ayla, schien aber noch ein kleines bißchen größer als sie! Sie
hatte kastanienrotes Haar und ein freundliches Gesicht, das
viele hübsch nennen würden; daß der junge Mann, der ihr
folgte, sie sehr attraktiv fand, sah wohl jeder. Ayla jedoch
achtetet nicht so sehr darauf, wie sie aussah – es waren die
Kleider der jungen Frau, die sie erstaunten.
Sie trug Beinlinge und einen ledernen Überwurf von einer
Farbe ähnlich ihrem Haar – einen langen, reich verzierten, tief
ockerroten Überwurf, der vorn offen war und mit einem
Leibriemen zusammengehalten wurde. Rot war beim Clan eine
heilige Farbe. Izas Beutel war der einzige rot gefärbte
Gegenstand, den Ayla besaß. Er enthielt jene ausgesuchten
Wurzeln, aus denen man das Getränk für die besonderen
Zeremonien herstellte. Sie besaß ihn immer noch, hatte ihn
sorgfältig in ihrem Medizinbeutel
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