Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
Erst danach zog sie die Kleidungsstücke an, die sie kurz vorm Verlassen ihres Tals gefertigt hatte und die sie jetzt als einfache Alltagskleider betrachtete, obgleich sie ihr damals äußerst exotisch und raffiniert erschienen war.
Sich immer noch mit großer Vorsicht bewegend, entnahm sie ihrem Medizinbeutel mehrere Päckchen und vermischte in unterschiedlichen Mengen Weidenrinde, Schafgarbe, Waldnessel und Kamille miteinander. Sie goß kaltes Wasser in den Kochkorb, den sie für die Bereitung des morgendlichen Tees benutzte, tat solange heiße Steine hinein, bis das Wasser siedete, und dann den Tee. Hinterher hockte sie mit geschlossenen Augen vorm Feuer und wartete darauf, daß der Tee zog. Plötzlich sprang sie auf, hatte das Gefühl, daß ihr der Schädel schier zerspringen wollte, kümmerte sich jedoch nicht darum, sondern griff noch einmal nach ihrem Medizinbeutel.
Fast hätte ich es vergessen, dachte sie und nahm die Päckchen mit Izas geheimen empfängnisverhütenden Kräutern heraus. Ob diese nun ihrem Totem halfen, den Geist vom Totem des Mannes abzuwehren, wie Iza meinte, oder sich irgendwie der Wirkweise der Essenz aus dem Glied des Mannes widersetzte, wie sie meinte – Ayla wollte nicht Gefahr laufen, ausgerechnet jetzt ein Baby zu bekommen. Dazu war alles viel zu sehr im Umbruch begriffen. Sie hatte ein Baby von Jondalar haben wollen, doch während sie jetzt auf den Tee wartete, fragte sie sich, wie wohl ein Kind, das eine Mischung von ihr und Ranec darstellte, aussehen würde? Wie er? Wie ich? Oder ein bißchen wie wir beide? Wahrscheinlich letzteres, so wie Durc … und Rydag. Die waren Mischlinge. Ein dunkelhäutiger Sohn von Ranec würde auch anders aussehen, nur, so dachte sie eine Spur verbittert, nur würde niemand ihn ein Scheusal nennen oder ihn für ein Tier halten. Er würde imstande sein zu sprechen, zu lachen und zu weinen, genauso wie alle anderen auch.
Sie erinnerte sich, wie sehr Talut beim letztenmal ihr Heilmittel gegen das Kopfweh geschätzt hatte, und brühte genug Tee auf, damit es für mehrere Leute reichte. Nachdem sie ihr Teil getrunken hatte, ging sie hinaus, um Jondalar zu suchen. Der neue Anbau, den man direkt vom Herdfeuer des Mammut aus erreichte, erwies sich als sehr angenehm, und aus irgendeinem Grund war sie froh, daß sie nicht erst durch das Herdfeuer des Fuchses hindurch mußte. Die Pferde waren draußen, doch als sie hindurchging, sah sie an der Wand Jondalars Schlaffelle für unterwegs aufgerollt und fragte sich, wie sie dorthin gekommen sein mochten.
Als sie den Fellvorhang beiseiteschob und durch den zweiten Eingangsbogen ins Freie trat, sah sie Talut, Wymez und Mamut mit Jondalar reden, der ihr den Rücken zuwandte.
»Was macht der Kopf, Talut?« fragte sie im Näherkommen. »Bietest du mir etwa etwas von deinem Zaubertrank an?« »Ich habe Kopfschmerzen und daher Tee gemacht. Drinnen
ist mehr«, sagte sie, um sich dann, wo sie ihn gefunden hatte, mit einem arglosen, glücklichen Lächeln Jondalar zuzuwenden. Im ersten Augenblick rief ihr Lächeln eine gleiche Reaktion bei ihm hervor, aber nur für einen Moment. Dann umwölkte sich seine Stirn, er blickte finster vor sich hin, seine Augen füllten sich mit etwas, das sie dort noch nie gesehen hatte. Ihr Lächeln schwand.
»Möchtest du auch Tee, Jondalar?« fragte sie verwirrt und bestürzt.
»Wieso? Meinst du, ich bräuchte welchen? Ich habe gestern abend nicht zuviel getrunken, aber das hast du wohl gar nicht bemerkt«, erwiderte er mit einer Stimme, so kalt und so distanziert, daß sie sie kaum wiedererkannte.
»Wo bist du denn hin? Ich habe dich früh gesucht, aber im Bett warst du nicht.«
»Du ja auch nicht«, sagte er. »Was kümmert es dich, wo ich gewesen bin.« Damit drehte er sich um und ließ sie stehen. Sie sah die anderen drei Männer an. Auf Taluts Gesicht malte sich Verlegenheit, Wymez sah unbehaglich, aber nicht völlig unglücklich aus. Und Mamuts Miene hatte etwas Unergründliches.
»Ah … ich denke, ich hole mir von dem Tee, den du mir angeboten hast«, sagte Talut rasch und duckte sich durch den Eingang des Anbaus.
»Vielleicht sollte ich auch einen Becher nehmen«, sagte Wymez und folgte ihm.
Was nur habe ich getan? dachte Ayla, und das Gefühl des Unbehagens, das sie befallen hatte, wurde zu einem harten Knoten des Kummers. Ihr Magen verkrampfte sich.
Mamut musterte sie und sagte dann: »Ich glaube, du solltest mal zu mir kommen und mit mir reden, Ayla. Später, wenn wir allein
Weitere Kostenlose Bücher