Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
sein können. Könnte sein, daß dein Tee eine ganze Reihe von Gästen an das Herdfeuer lockt. Warum holst du nicht etwas zu essen?«
»Ich habe keinen Hunger«, sagte Ayla, der sich fast der Magen umkehrte. Sie wollte nicht bei ihren neuen Leuten gleich zu Anfang etwas Falsches tun, und sie fragte sich, warum Jondalar so wütend war.
Beruhigend lächelte Mamut. »Du solltest doch versuchen, etwas zu dir zu nehmen. Da ist noch Mammutfleisch von gestern übrig, und ich glaube, Nezzie hat einen von ihren gedünsteten Laiben für dich aufgehoben.«
Ayla nickte. Verwirrt und besorgt schaute sie auf dem Weg zum Haupteingang des Langhauses mit jenem Teil ihres Wesens, der stets um sie besorgt war, zu den Pferden hinüber. Als sie Jondalar bei ihnen stehen sah, verspürte sie ein wenig Erleichterung. Sie selbst hatte sich oft bei den Tieren Trost geholt, wenn sie Kummer gehabt hatte; auch wenn sie sich dessen nicht ganz klar bewußt war, hoffte sie doch, daß es Jondalar gut tun würde, wenn er sich ihnen zuwandte, und daß seine Wut schließlich verrauchen würde.
Sie ging durch den Vorraum hindurch und betrat den Bereich der Kochstelle. Nezzie saß mit Rydag und Rugie da und aß. Lächelnd stand sie bei Aylas Näherkommen auf. Wiewohl von der Natur körperlich überreich ausgestattet, war Nezzie erstaunlich flink und sehr anmutig in ihren Bewegungen – und, wie Ayla vermutete, sehr stark.
»Nimm dir von dem Fleisch. Ich hole den Laib, den ich für dich beiseite gelegt habe. Es ist der letzte«, sagte Nezzie. »Und nimm dir einen Becher Tee, wenn du möchtest. Es ist Afterkreuzkraut und Minze.«
Ayla setzte sich zu ihnen und brach kleine Brocken von dem festen, feuchten Laib für Rydag und Rugie ab. Sie selbst aß nur ganz wenig.
»Stimmt was nicht, Ayla?« fragte die Frau. Sie wußte, daß etwas nicht stimmte, und ahnte auch, was der Grund war.
Bekümmert sah Ayla sie an. »Nezzie, ich kenne mich in der Lebensweise des Clan aus – aber von den Mamutoi weiß ich vieles noch nicht. Ich möchte es lernen, möchte eine gute Mamutoifrau sein. Nur weiß ich es nicht, wenn ich etwas falsch mache. Und ich glaube, gestern nacht habe ich etwas falsch gemacht.«
»Wie kommst du darauf?«
»Als ich hinausging, war Jondalar zornig, und ich glaube, auch Talut war nicht glücklich. Ebenso Wymez. Sie sind schnell fortgegangen. Sag mir, was habe ich falsch gemacht, Nezzie?«
»Gar nichts hast du falsch gemacht, Ayla – es sei denn, von zwei Männern geliebt zu werden ist falsch. Manche Männer hegen Besitzansprüche, wenn sie einer Frau starke Gefühle entgegenbringen. Sie wollen dann nicht, daß sie mit anderen Männern zusammen ist. Jondalar meint, einen Anspruch auf dich zu haben, und ist wütend, weil du Ranecs Lager geteilt hast. Aber das ist nicht nur bei Jondalar so. Ich glaube, Ranec fühlt genauso und würde genauso Besitzansprüche anmelden, wenn er könnte. Ich habe ihn großgezogen, seit er ein Junge war; noch nie habe ich es erlebt, daß er so von einer Frau angetan war. Ich glaube, Jondalar versucht, sich seine Gefühle nicht anmerken zu lassen, aber er schafft es einfach nicht. Und wenn er seinen Zorn gezeigt hat, war das Talut und Wymez vermutlich peinlich. Das könnte der Grund sein, warum sie so schnell fortgegangen sind.
Manchmal schreien wir laut herum, oder wir reizen uns gegenseitig. Wir sind stolz auf unsere Gastfreundschaft und bemühen uns, freundlich zu sein, aber allzusehr zeigen die Mamutoi ihre Gefühle nicht. Das könnte Unannehmlichkeiten zur Folge haben; wir bemühen uns, Streit aus dem Wege zu gehen, und schüren ihn nicht. Der Rat der Schwestern betrachtet die Überfälle, die junge Männer gern auf andere Stämme wie etwa die Sungaea machen, voller Abscheu und ist bemüht, sie zu ächten. Die Schwestern sagen, Überfälle fordern Gegenüberfälle heraus, und es sind schon Leute dabei umgekommen. Sie behaupten, Handel treiben ist besser als Überfälle machen. Der Rat der Brüder ist da nachsichtiger. Die meisten von ihnen haben in ihrer Jugend selbst an solchen Überfällen teilgenommen und sehen darin nichts weiter, als daß junge Leute ihre Muskeln spielen lassen und ihr Leben ein bißchen aufregend gestalten.«
Ayla hörte gar nicht mehr zu. Statt irgend etwas zu klären, verwirrte Nezzies umständliche Erklärung sie nur noch mehr. War Jondalar erbost, weil sie auf das Zeichen eines anderen Mannes reagiert hatte? War das ein Grund, wütend zu werden? Eine solche gefühlsmäßige Reaktion hätte
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