Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
den Pferden vorüber hinein in den Bereich vom Herdfeuer des Mammut. Er war sogleich wieder in Hochspannung, horchte und hörte zuerst nichts. Dann kam das Geräusch von schwergehendem Atem, Gestöhn und Geschnauf. Er sah zu seiner Bettplattform hinüber, wandte sich wieder dem Anbau zu, war sich nicht sicher, wohin er die Schritte lenken sollte. Drinnen konnte er es nicht aushalten, und draußen würde er nicht lange am Leben bleiben. Schließlich konnte er nicht mehr. Er mußte hinaus. Seine Schlaffelle für unterwegs ergreifend, betrat er durch den Eingangsbogen wieder den Anbau für die Pferde.
Winnie schnaubte und ruckte mit dem Kopf; Renner, der sich niedergelegt hatte, hob den Kopf vom Boden und ließ ein leises Begrüßungsgewieher hören. Jondalar ging auf die Tiere zu, breitete die Felle neben Renner auf dem Boden aus und kroch hinein. Es war zwar kalt im Anbau, aber bei weitem nicht so kalt wie draußen. Es wehte kein Wind, ein wenig von der Wärme im Langhaus wurde an den Anbau abgegeben, und die Pferde erzeugten weitere Wärme. Ihr Atem überdeckte die Geräusche von anderem schweren Atem. Trotzdem blieb er den größten Teil der Nacht über wach und rief sich immer und immer wieder gewisse Laute und Szenen – eingebildete wie tatsächlich miterlebte – ins Gedächtnis.
Als sich das Tageslicht durch die Ritzen um die Abdeckung des Rauchlochs stahl, wachte Ayla auf. Sie streckte die Hand nach Jondalar aus und war völlig durcheinander, als sie statt dessen Ranec vorfand. Zusammen mit der Erinnerung an die vergangene Nacht kam die Erkenntnis, daß sie schlimme Kopfschmerzen hatte: die Nachwirkung von Taluts Schnappes. Sie schlüpfte aus dem Bett, ergriff ihre Sachen, die Ranec fein säuberlich nebeneinandergelegt hatte, und eilte hinüber zu ihrem eigenen Bett. Auch dort war Jondalar nicht. Sie schaute sich im Bereich vom Herdfeuer des Mammut um und suchte die anderen Lagerstätten ab. Auf der einen schliefen Deegie und Tornec, und sie überlegte, ob sie wohl die Wonnen geteilt hatten. Dann fiel ihr wieder ein, daß Wymez eingeladen worden war, die Nacht am Herdfeuer des Auerochsen zu verbringen und daß Tronie sich nicht gut fühlte. Vielleicht hatten Deegie und Tornec es nur bequemer gefunden, dort zu schlafen. Es spielte keine Rolle. Das einzige, was sie interessierte, war, wo Jondalar steckte.
Sie erinnerte sich, ihn nicht mehr gesehen zu haben, nachdem es gestern abend spät geworden war. Irgend jemand hatte gesagt, er sei Schlafen gegangen. Aber wo war er jetzt? Wieder fiel ihr Blick auf Deegie und Tornec. Auch er mußte an einem anderen Herdfeuer schlafen, dachte sie. Sie war versucht nachzusehen, doch schien niemand sonst auf den Beinen zu sein, und sie wollte niemand aufwecken. Voller Unbehagen kroch sie auf ihr leeres Lager, zog die Felle um sich und war nach einiger Zeit wieder eingeschlafen. Als sie das nächstemal erwachte, war die Abdeckung des Rauchlochs beiseitegeschoben worden, und strahlendes Tageslicht fiel herein. Sie wollte sich aufrichten, doch als sie spürte, wie gewaltig ihr der Schädel brummte, ließ sie sich wieder fallen und schloß die Augen. Entweder, ich bin ernstlich krank oder es liegt an Taluts Schnappes, dachte sie. Warum nur trinken die Leute ihn, wenn er einem übel macht? Dann dachte sie über die Feier nach. Zwar konnte sie sich nicht mehr deutlich an alles erinnern, doch was ihr wieder einfiel, war das rhythmische Getrommel, der Tanz und der Gesang. Wieso sie sich gerade daran erinnerte, wußte sie nicht. Sie hatte viel gelacht, sogar über sich selbst, als sie feststellte, daß sie keine gute Stimme zum Singen hatte, gleichwohl nichts dagegen einzuwenden hatte, Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu sein. Das entsprach sonst gar nicht ihrer Art. Für gewöhnlich hielt sie sich lieber im Hintergrund, beobachtete, lernte und übte still für sich. Lag es an dem Schnappes, daß ihre normalen Neigungen sich änderten und sie dazu brachten, weniger Obacht zu geben? Und freier heraus zu sein? War das der Grund, warum die Leute ihm so sehr zusprachen?
Sie machte die Augen nochmal auf und stand – sich den Kopf haltend – sehr vorsichtig auf. Sie verrichtete ihre Notdurft in das Nachtgeschirr – einen etwa halb mit dem getrockneten und fein zerriebenen Tierdung von der Steppe gefüllten, äußerst fest geflochtenen Korb, dessen Inhalt Flüssigkeit und Kot schnell aufsaugte. Dann wusch sie sich mit kaltem Wasser, fachte das Feuer neu an und tat Kochsteine in die Glut.
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