Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
sich kein Clan-Mann leisten dürfen. Broud war der einzige Mann, der jemals irgendwelches Interesse für sie gezeigt hatte, und das auch nur, weil er sie haßte. Viele Leute fragten sich jedoch, warum er sich überhaupt mit einer so häßlichen Frau abgab; er selbst würde sich höchstens gefreut haben, hätte ein anderer Mann Interesse an ihr gezeigt. Als sie darüber nachdachte, begriff sie, daß Ranecs Interesse Jondalar von Anfang an wider den Strich gegangen war.
Mamut kam aus dem Vorraum herein und hatte offensichtlich Schwierigkeiten zu gehen. »Nezzie, ich habe versprochen, Mamuts Medizinschale mit etwas gegen die Schmerzen zu füllen«, sagte Ayla.
Sie stand auf, um ihm zu helfen, doch winkte er ihr weiterzugehen.
»Geh nur voran. Ich komme gleich. Ich brauche nur etwas länger als du.«
Sie durcheilte die Bereiche vom Herdfeuer des Löwen und des Fuchses, war froh, das Herdfeuer des Mammut leer vorzufinden, und legte Brennmaterial auf das Feuer. Als sie ihre Heilkräuter durchging, fiel ihr ein, wie oft sie Creb Breiumschläge gemacht und ihm schmerzstillende Mittel gegeben hatte, weil er so sehr unter Gelenkschmerzen gelitten hatte. Das war ein Gebiet der Heilkunst, in dem sie sich besonders gut auskannte.
Sie wartete, bis Mamut sich bequem hingesetzt hatte und einen warmen Tee trank, der die meisten seiner alten Schmerzen linderte. Erst danach stellte sie ihm ein paar Fragen. Es tat ihr selbst nicht minder gut als dem alten Schamanen, ihr Können und Wissen zu beweisen und ihre Kunst auszuüben. Zugleich nahm ihr das ein wenig von der Anspannung, unter der sie selbst litt. Und trotzdem: Als sie sich einen Becher Tee nahm und sich Mamut gegenüber niedersetzte, wußte sie nicht recht, wo beginnen.
»Mamut, bist du eigentlich lange beim Clan gewesen?« fragte sie schließlich.
»Jawohl. Es dauert ziemlich lange, bis ein schlimmer Knochenbruch heilt. Mittlerweile wollte ich auch mehr von ihnen erfahren, und da bin ich solange bei ihnen geblieben, bis sie zum Clan-Treffen aufbrachen.«
»Dabei hast du die Lebensweise des Clan kennengelernt?«
»Einiges davon.«
»Dann weißt du also, was das mit dem Zeichen auf sich hat?«
»Jawohl, Ayla, ich weiß, was es mit dem Zeichen auf sich hat, das ein Mann einer Frau gibt.« Er sprach nicht weiter, schien zu überlegen, doch dann fuhr er fort: »Ich will dir etwas erzählen, was ich noch nie jemand erzählt habe. Da war eine junge Frau, die mich pflegen half, während mein Arm verheilte, und nachdem ich in eine Jagdzeremonie eingeschlossen worden und mit ihnen auf die Jagd gegangen war, wurde sie mir gegeben. Ich kenne das Zeichen, und ich weiß, was es bedeutet. Ich selbst habe mich des Zeichens bedient, obwohl mir dabei zu Anfang alles andere als wohl zumute war. Immerhin war sie eine Flachschädel-Frau und für mich nicht besonders reizvoll, zumal ich in der Zeit des Heranwachsens so manche Geschichte über sie gehört hatte. Aber ich war ein gesunder junger Mann, und man erwartete von mir, daß ich mich benahm wie ein Mann vom Clan.
Je länger ich bei ihnen blieb, desto besser gefiel sie mir – du ahnst ja nicht, wie angenehm es sein kann, jemand zu haben, der sich eines jeden Wunsches und Bedürfnisses, das man verspürt, annimmt. Erst später kam ich dahinter, daß sie einen Gefährten hatte. Sie war die zweite Frau, ihr erster Gefährte war gestorben, und deshalb nahm einer der anderen Jäger sie bei sich auf, wenn auch ein wenig widerstrebend, da sie von einem anderen Clan stammte und keine Kinder hatte. Als ich fortzog, wollte ich sie nicht zurücklassen, aber mir war klar, daß sie beim Clan glücklicher wäre als bei mir und meinen Leuten. Außerdem war ich mir nicht sicher, ob ich selbst willkommen gewesen wäre, wäre ich mit einer Flachschädel-Frau heimgekehrt. Ich habe mich oft gefragt, was wohl aus ihr geworden sein mag.«
Ayla schloß die Augen. Erinnerungen überfluteten sie. Es hatte etwas Unheimliches, von diesem Mann, den sie erst seit so kurzer Zeit kannte, etwas über ihren Clan zu erfahren, was sie selbst nicht so recht wußte. So fügte sie seine Geschichte mit dem zusammen, was sie selbst von der Geschichte von Bruns Clan wußte.
»Sie hat nie Kinder bekommen und ist immer zweite Frau geblieben. Aber irgendwer hat sie immer bei sich aufgenommen. Sie ist bei einem Erdbeben umgekommen, ehe sie mich fanden.«
Er nickte. Auch er war froh, daß ein wichtiges Stück aus seiner Vergangenheit ergänzt worden war.
»Mamut, Nezzie sagt, Jondalar sei
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