Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
zornig, weil ich Ranecs Bett geteilt habe. Stimmt das?«
»Ja, ich glaube, es stimmt.«
»Aber wo doch Ranec mir das Zeichen gegeben hat! Wie kann Jondalar zornig sein, wo Ranec mir das Zeichen gegeben hat?«
»Woher kennt Ranec das Clan-Zeichen?« fragte Mamut verwundert.
»Nicht das Clan-Zeichen. Das Zeichen der Anderen. Als Jondalar mein Tal fand, mich der Ersten Riten teilhaftig werden ließ und mich das Wonnegeschenk der Großen Erdmutter Doni lehrte, habe ich ihn gefragt, wie das Zeichen ist. Da hat er den Mund auf den meinen gelegt und Kuß gemacht. Hat die Hand auf mich gelegt und … mich Wonne spüren lassen. Und hat gesagt, daran würde ich es immer erkennen, wenn er mich begehrt; er hat mir gesagt, welches sein Zeichen ist. Und gestern abend hat Ranec mir das Zeichen gegeben. Und dann hat er gesagt: ›Ich will dich. Komm in mein Bett.‹ Er hat mir den Befehl erteilt.«
Mamut hob die Augen zur Decke und sagte: »O, Mutter!« Dann sah er wieder sie an. »Ayla, du verstehst nicht. Ranec hat dir ganz gewiß ein Zeichen gegeben, daß er dich begehrt; nur ein ›Befehl‹ war es nicht.«
Völlig verwirrt sah Ayla ihn an. »Ich verstehe nicht.«
»Niemand kann dir etwas befehlen, Ayla. Dein Körper gehört dir, und es liegt ausschließlich bei dir. Du entscheidest, was du tun willst und mit wem du es tun willst. Wenn du willst, kannst du mit jedem Mann ins Bett gehen – solange er einverstanden ist – und gerade darin sehe ich eigentlich kein Problem –, aber du brauchst mit keinem Mann die Wonnen zu teilen, mit dem du es nicht möchtest – niemals!«
Lange dachte sie über seine Worte nach. »Und was ist, wenn Ranec es mir nochmals befiehlt? Er hat gesagt, er wolle mich viele, viele Male.«
»Ich zweifle nicht daran, daß er das möchte, aber er kann es dir nicht befehlen. Niemand kann dir etwas befehlen, Ayla. Nicht gegen deinen Willen.«
»Nicht mal der Mann, mit dem ich mich zusammentue? Niemals?«
»Ich glaube nicht, daß die Bande unter solchen Umständen sehr lange hielten. Aber nein, selbst wenn du mit jemand die Bande knüpfst – befehlen kann dir auch ein Gefährte nichts. Dein Gefährte ist nicht dein Besitzer, du bist nicht sein Eigentum. Entscheiden kannst nur du allein.«
»Mamut, wenn Ranec mir das Zeichen gibt, brauche ich nicht zu ihm zu gehen?«
»Nein, das brauchst du nicht.« Er sah, wie sie die Stirn runzelte. »Tut es dir leid, daß du sein Bett mit ihm geteilt hast?«
»Leid?« Sie schüttelte den Kopf. »Nein, leid nicht. Ranec ist … gut. Nicht roh und gewalttätig … wie Broud. Ranec … ich bedeute ihm was … bereitet gute Wonnen. Nein. Leid tut Ranec mir nicht. Wer mir leid tut, das ist Jondalar. Ich bedaure, daß Jondalar böse ist. Ranec versteht sich darauf, gute Wonnen zu bereiten, aber Ranec … Ranec ist nicht Jondalar.«
20
Ayla drehte den Kopf zur Seite und stemmte sich in den heulenden Wind. Sie versuchte, das Gesicht vor der Gewalt des vom Sturm getriebenen Schnees zu schützen. Jeder Schritt vorwärts mußte einer Kraft abgerungen werden, die nur durch die wirbelnde Masse harter Schneekristalle sichtbar wurde, welche sich ihr entgegenwarf. Während der wütende Schneesturm tobte, bot sie sich dem schmerzhaften Prasseln der Eisgeschosse dar und versuchte, die Augen zumindest einen Spalt weit zu öffnen. Dann drehte sie den Kopf wieder weg und machte neuerlich ein paar Schritte. Vom wummernden Wind umtost, öffnete sie dann wieder einen Spalt weit die Augen. Das glatte Rund vor ihr winkte, und erleichtert fühlte sie schließlich die Stoßzähne des Eingangsbogens unter ihrer Hand.
»Ayla, bei diesem Schneesturm hättest du nicht hinausgehen dürfen!« hielt Deegie ihr vor. »Nur wenige Schritte vom Eingang entfernt kannst du dich verirren.«
»Aber es weht jetzt schon seit vielen Tagen so, und Winnie und Renner gehen auch hinaus. Ich wollte wissen, wohin sie gehen.«
»Und hast du es herausgefunden?«
»Ja. Sie suchen sich ihr Futter gern hinter der Biegung des Flusses. Dort weht der Wind nicht so stark, und der Schnee liegt auch nicht allzu hoch auf dem trockenen Gras. Schneewehen bilden sich vor allem auf der anderen Seite. Körnerfutter habe ich noch, aber das Heu ist mir ausgegangen. Die Pferde wissen, wo sie Gras finden, auch wenn der Schneesturm tobt. Wasser gebe ich ihnen hier, wenn sie zurückkommen«, sagte Ayla, stampfte mit den Füßen auf und schüttelte sich den Schnee aus dem Überwurf, den sie gerade ausgezogen hatte. Auf dem Weg hinein ins
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