Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
nahm einen Brocken in die Hand, der leuchtend erdrot war, »und ein wenig Gelb hinzufügen, damit das Rot kräftiger rauskommt. Ich glaube, das ergibt eine Färbung, die dir gefällt.«
Sie legte den kleinen Brocken Ockerrot in den Steinmörser und zeigte Ayla, wie man ihn sehr fein zermahlte. Dann wies sie sie an, in einem anderen Mörser das Gelb zu feinem Staub zu zerstoßen und zu zerreiben.
Deegie mischte die beiden Färbemittel in einer dritten Schale, bis sie mit der Färbung zufrieden war. Dann erst fügte sie heißes Fett hinzu, wodurch die Farbe sich kräftig veränderte – und zwar zu einem leuchtenden Rot, das Ayla lächeln ließ.
»Ja, das ist Rot. Das ist ein hübsches Rot«, sagte sie.
Als nächstes nahm Deegie eine lange Hirschrippe zur Hand, die der Länge nach gespalten war, so daß am konvexen Rand das poröse Knocheninnere freilag. Die schwammige Seite nach unten haltend, nahm Deegie einen kleinen Batzen des abgekühlten roten Fettes und rieb die Mischung in die vorbereitete Wisenthaut ein, wobei sie die Haut in der einen Hand hielt und mit dem Knochen soviel Druck wie möglich ausübte. Je mehr sie das mineralische Färbemittel in die Poren einrieb, einen desto schöneren matten Schimmer nahm das weiche Leder an. Bei einem Leder, an dem der Narben noch haftete, hätte dieselbe Art der Bearbeitung einen harten Hochglanz ergeben.
Nachdem sie eine Weile zugesehen hatte, ergriff Ayla einen anderen Rippenbogen und verfuhr genauso wie Deegie. Diese beobachtete das und regte ein paar Verbesserungen an. Als eine Ecke des Fells fertig war, ließ sie Ayla kurz unterbrechen.
»Schau«, sagte sie, hielt die Ecke in die Höhe und sprengte ein paar Tropfen Wasser darauf. »Es läuft runter, siehst du?« Das Wasser bildete Perlen, die herunterliefen und keine Spur auf der fertig bearbeiteten Lederfläche hinterließen.
»Bist du dir schon darüber im klaren, was du mit deinem roten Leder machen willst?« fragte Nezzie.
»Nein«, sagte Ayla. Sie hatte die ganze Wisentfelldecke entrollt, um sie Rydag zu zeigen und selbst noch einmal zu bewundern. Sie gehörte ihr, denn sie war es, die das Fell geschabt, gegerbt und gefärbt hatte. Sie hatte noch nie etwas besessen, das rot gewesen wäre, und das Leder war wunderschön rot geworden. »Beim Clan galt Rot als heilig. Ich würde sie Creb schenken … wenn das möglich wäre.«
»Ich glaube, ein leuchtenderes Rot habe ich noch nie gesehen. Wer das trägt, den würde man schon von weitem erkennen.«
»Und weich ist es auch noch«, gab Rydag durch Zeichensprache zu verstehen. Er kam oft an das Herdfeuer des Mammut, um sie zu besuchen; er war ihr stets willkommen.
»Deegie hat mir erst gezeigt, wie man es mit Hirnmasse geschmeidig macht«, sagte Ayla und lächelte ihren kleinen Freund an. »Zuvor habe ich immer Fett benutzt. Das ist sehr mühsam, und manchmal gibt es Flecken. Es ist viel besser, das Hirn vom Wisent zu benutzen.« Nachdenklich hielt sie inne, doch dann fragte sie: »Geht das eigentlich bei allen Tieren, Deegie?« Und als Deegie nickte: »Wieviel Hirn muß ich nehmen? Wieviel zum Beispiel beim Rentier? Und wieviel bei einem Kaninchen?«
»Mut, die Große Mutter«, erwiderte Ranec an ihrer Stelle mit einer Andeutung von Grinsen, »gibt in ihrer unendlichen Weisheit jedem Tier gerade genug Hirn, damit sein Fell gegerbt werden kann.«
Rydags leichtes kehliges Glucksen verwirrte Ayla für einen Moment, doch dann brach sie in ein Lächeln aus. »Manche, die genug Hirn haben, lassen sich nicht erst erlegen?«
Ranec lachte, Ayla fiel ein und freute sich, den Witz in dem Gesagten verstanden zu haben. Sie fühlte sich in der Sprache der Mamutoi nachgerade viel mehr zu Hause als noch vor kurzer Zeit.
Jondalar, der in diesem Augenblick das Herdfeuer des Mammut betrat, sah Ayla und Ranec zusammen lachen, und sein Magen verkrampfte sich. Mamut sah, wie er die Augen schloß, als litte er körperliche Schmerzen. Nezzie anblickend, schüttelte er den Kopf.
Danug, der hinter dem Steinschläger aus der Fremde herging, sah ihn stehenbleiben, einen Pfosten umklammern und den Kopf senken. Was für Gefühle, die Jondalar wie Ranec Ayla entgegenbrachten sowie das Problem, das sich daraus ergab, war allen klar, nur wollten die meisten nichts damit zu tun haben. Sie wollten sich nicht einmischen und hofften, den dreien damit Gelegenheit zu geben, es unter sich auszumachen. Danug wünschte, er könnte helfen, wußte aber nicht wie. Auf der einen Seite war Ranec, den Nezzie
Weitere Kostenlose Bücher