Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
es
kleinschneiden.
Nachdem Ayla den Braten zu Schabefleisch verarbeitet hatte,
tat sie es in eine Schale und fügte heißes Wasser hinzu, damit
die Temperatur der Muttermilch angenähert wäre. Das
Wolfsjunge hatte die Begrenzungen des Zeichenrunds
abgeschnuppert, schien jedoch Angst zu haben, diese zu
überschreiten. Ayla setzte sich auf eine Matte, streckte die Hand
aus und rief leise lockend den kleinen Wolf. Sie hatte das
winzige Wesen aus einem kalten und einsamen Kessel
herausgeholt und ihm Wärme und Behagen verschafft; ihre
Witterung wurde von ihm bereits mit Geborgenheit
gleichgesetzt. Der wuschelige Fellball näherte sich auf
unsicheren Beinen der ausgestreckten Hand.
Erst nahm sie ihn auf, um ihn sich genau anzusehen. Bei
genauerer Untersuchung stellte sich heraus, daß es sich bei dem
kleinen Wolf um einen Rüden handelte und dieser noch sehr
jung war; vermutlich war seit seiner Geburt kaum mehr als ein
Mondzyklus vergangen. Sie überlegte, ob er wohl Milchbrüder
und -schwestern gehabt hatte, und wenn ja, wann diese
eingegangen sein mochten. Der Welpe wies keinerlei
Verletzungen auf, die ihr darüber irgendwelche Aufschlüsse
hätten geben können, und schlecht ernährt war er auch nicht,
obwohl die schwarze Wölfin völlig ausgemergelt gewesen war.
Als Ayla darüber nachdachte, welch furchtbare Risiken die
Mutter eingegangen war, bloß um diesen letzten Welpen am
Leben zu erhalten, mußte sie an eine Prüfung denken, bei der es
um Leben und Tod gegangen war und die sie selbst hatte
durchmachen müssen; infolgedessen wuchs ihre
Entschlossenheit noch weiter. Wenn sie konnte, wollte sie den
Sohn dieser Wolfsmutter am Leben erhalten, gleichgültig, was
sie das kostete; weder Frebec noch irgend jemand sonst sollte sie
davon abhalten.
Den Welpen auf dem Schoß, tauchte Ayla ihren Finger in die
Schale mit dem feingeschabten Fleisch und hielt es dem
winzigen Wolf unter die Nase. Er war hungrig. Erst schnüffelte
er daran, dann schleckte er, und schließlich leckte er ihr den
Finger sauber. Sie holte einen zweiten Fingervoll heraus, und
auch diesen leckte er gierig auf. Sie hielt ihn auf dem Schoß und
fuhr fort, ihn zu füttern; dabei fühlte sie, wie sein kleiner Bauch
immer praller wurde. Als sie das Gefühl hatte, er hätte genug,
hielt sie ihm etwas Wasser unter die Nase, doch davon nahm er
nur eine Kostprobe. Woraufhin sie aufstand und ihn zum
Herdfeuer des Mammut hinübertrug.
»Auf der Bank dort drüben findest du bestimmt ein paar alte
Körbe«, sagte Mamut, der ihr gefolgt war.
Sie lächelte ihn an. Er wußte genau, woran sie dachte. Sie
kramte unter den alten Sachen und fand einen großen
geflochtenen Kochkorb, der am Rand schon entzwei ging und
den sie jetzt an das Kopfende ihres Bettes stellte. Als sie den
Wolf hineintat, winselte er und wollte hinaus. Sie nahm ihn
hoch, sah sich unschlüssig um; sie wußte nicht recht, was sich
eignen würde. Sie war versucht, ihn zu sich ins Bett zu nehmen,
doch davon hatte sie mit heranwachsenden Pferden und Löwen
bereits genug gehabt. Es war zu schwierig, sie später an Neues zu
gewöhnen; außerdem konnte es sein, daß Jondalar keine Lust
hatte, sein Bett mit einem Wolf zu teilen.
»Er ist nicht glücklich in dem Korb. Wahrscheinlich braucht
er seine Mutter oder andere Welpen, um mit ihnen zusammen
zu schlafen«, sagte Ayla.
»Gib ihm was, das dir gehört, Ayla«, sagte Mamut. »Irgendwas
Weiches, Behagliches, Vertrautes. Du bist jetzt seine Mutter.« Sie nickte und ging ihre paar Kleider durch. Viel hatte sie
nicht. Das schöne Kleid von Deegie, dann den Anzug, den sie noch im Tal gefertigt hatte, ehe sie hierhergekommen war, und ein paar gebrauchte Dinge, die andere ihr zum Wechseln gegeben hatten. Beim Clan hatte sie viele Überwürfe zum Wechseln gehabt; selbst im Tal der Pferde war das so gewesen
…
Sie bemerkte die Kiepe, die sie aus dem Tal hergebracht und
in die äußerste Ecke der Vorratsplattform gestellt hatte. Sie holte
Durcs Einschlagtuch heraus, doch nachdem sie es für einen
Moment in der Hand gehalten hatte, legte sie es wieder
zusammen und tat es zurück. Der Gedanke, ausgerechnet dies
herzugeben, war ihr unerträglich. Dann jedoch fand sie ihren
alten Clan-Überwurf, ein großes Fell aus weichem Leder. Ein
solches um sich gewickelt und mit einem Leibriemen
festgehalten, hatte sie getragen, soweit sie zurückdenken konnte
– bis zu dem Tag, da sie das Tal der Pferde mit Jondalar
verlassen hatte. Wie lange das jetzt her zu sein schien!
Weitere Kostenlose Bücher