Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
Sie
polsterte den Korb mit einem Clan-Überwurf aus und legte
dann den Welpen hinein. Der kleine Wolf schnüffelte, kuschelte
sich dann jedoch bald hinein und war nach kurzer Zeit
eingeschlafen.
Jetzt erst merkte sie, wie müde und hungrig sie war – und ihre
Kleider noch ganz feucht vom Schnee. Sie zog sich aus und
schlüpfte in trockene Kleider und die weichen Füßlinge für
drinnen, deren Herstellung sie von Talut gelernt hatte. Das
Paar, das er bei ihrer Adoptionsfeier getragen, hatte es ihr
angetan, woraufhin sie ihn bewogen hatte, ihr zu zeigen, wie
man sie machte.
Dieses Fußwerk hatte eine natürliche Grundlage: Bei Elch
oder Hirsch knickten die Hinterläufe am Sprunggelenk so scharf
ab, daß sie sich der Form eines menschlichen Fußes anpaßten.
Die Haut wurde ober- und unterhalb des Sprunggelenks durchtrennt und unversehrt abgezogen. Nach dem Gerben wurde der untere Teil dann mit Sehnenfasern in der gewünschten Länge zugenäht und der obere über den Knöcheln mit Sehnen oder Schnüren zugebunden. Das Ergebnis war ein nahtloser, warmer und bequemer Füßling mit einem halben
Beinling daran.
Nach dem Umziehen ging Ayla hinüber in den Anbau, um
nachzusehen, wie es den Pferden ging, und um ihnen zu zeigen,
daß sie wieder da sei. Sie bemerkte bei der Stute ein gewisses
Zögern und Widerstreben, als sie sie klopfen wollte. »Du
witterst den Wolf, nicht wahr, Winnie? Daran wirst du dich
gewöhnen müssen. Und du auch, Renner. Denn der Wolf wird
eine Weile bei uns bleiben.« Sie hielt die Hände hin und ließ
beide Pferde daran schnuppern. Renner wich zurück, warf den
Kopf ein paarmal in die Höhe und schnupperte dann noch
einmal. Winnie legte der Frau zwar die Schnauze in die Hände,
legte jedoch die Ohren zurück und trat unentschlossen von
einem Fuß auf den anderen. »Du hast dich an Baby gewöhnt,
Winnie, da wirst du dich auch an … Wolf gewöhnen. Morgen
werde ich ihn herbringen, gleich wenn er aufwacht. Und wenn
du siehst, wie klein er noch ist, wirst du sehen, daß er dir nichts
tun kann.«
Als Ayla ins Langhaus zurückkehrte, sah sie Jondalar am Bett
stehen und sich das Wolfsjunge besehen. Er hatte eine
unergründliche Miene aufgesetzt, doch meinte sie, so etwas wie
Neugier, vielleicht sogar so etwas wie Zärtlichkeit in seinen
Augen zu erkennen. Er blickte auf und sah sie, woraufhin sich
auf die bekannte Weise seine Stirn furchte.
»Ayla, warum bist du so lange fortgeblieben?« sagte er. »Sie
haben sich schon alle bereitgemacht, um einen Suchtrupp zu
bilden.«
»Wir hatten es ja nicht vor, doch als ich sah, daß die schwarze
Wölfin, die ich erlegt hatte, säugte, mußte ich sehen, ob ich
nicht ihren Welpen fände«, sagte Ayla.
»Was macht es schon aus? Wölfe sterben ständig, Ayla.« Er
hatte in vernünftigem Ton angefangen zu sprechen, aber seine
Angst um ihre Sicherheit ließ seine Stimme zittern. »Es war
dumm, so der Fährte eines Wolfs zu folgen. Wärest du auf ein
Rudel gestoßen, hätte das dein Tod sein können.« Jondalar war
außer sich gewesen vor Angst, doch zugleich mit der
Erleichterung stellte sich Unsicherheit ein und ein Hauch von
Frustration und Ärger.
»Mir hat es durchaus etwas ausgemacht, Jondalar«, erklärte sie
erbost und setzte sich für den Wolf ein. »Und dumm bin ich
auch nicht. Es ist nicht das erste Mal, daß ich Jagd auf Raubtiere
mache, und ich kenne mich mit Wölfen aus. Wäre ich auf ein
ganzes Rudel gestoßen, hätte ich die Spur nicht bis zur Höhle
zurückverfolgt. Denn dann hätten die anderen aus dem Rudel
sich der Welpen angenommen.«
»Selbst wenn sie eine Einzelgängerin war – warum hast du
einen ganzen Tag damit zugebracht, hinter einem Wolfsjungen
herzujagen?« Jondalars Stimme war immer lauter geworden. Er
mußte seine eigenen Spannungen loswerden und versuchte
gleichzeitig, sie zu überzeugen, nie wieder solche Risiken auf
sich zu nehmen.
»Dieses Junge war das einzige, das die Wolfsmutter jemals
hatte. Ich konnte es nicht verhungern lassen, denn ich war es ja,
der seine Mutter getötet hatte. Wenn sich nicht jemand um
mich gekümmert hätte, als ich ein kleines Kind war, wäre ich
jetzt nicht am Leben. Ich muß mich einfach um so etwas
kümmern, selbst dann, wenn es nur ein Wolfsjunges ist.« Auch Aylas Stimme war immer lauter geworden.
»Ein Wolf ist etwas anderes. Ein Wolf ist ein Tier. Du solltest
so vernünftig sein, eines Wolfswelpen wegen nicht dein eigenes
Leben aufs Spiel zu setzen, Ayla«, schrie Jondalar. Offenbar
schaffte er es
Weitere Kostenlose Bücher