Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
ihn. Und er kann es kaum erwarten. Willst du ihm das verargen? Vielleicht ist es am besten so. Hier ist sie erwünscht, Mamutoi sind mehr an Flachschädel gewöhnt … an Leute vom Clan. Und sie wird geliebt …
Jawohl, sie wird geliebt. Ist es nicht das, was du ihr wünschst? Daß sie akzeptiert wird, jemand hat, der sie liebt …
Aber ich liebe sie, dachte er, und Kummer und Schmerz wallten wieder in ihm auf. Ach, Mutter! Wie soll ich es nur aushalten? Sie ist die einzige Frau, die ich je auf diese Weise geliebt habe. Ich will nicht, daß sie verletzt wird, ich will nicht, daß man sie zurückstößt. Warum sie? Ach, Doni, warum hat es ausgerechnet sie sein müssen?
Vielleicht sollte ich fortgehen. Das ist es, ich gehe fort, dachte er, im Moment außerstande, einen klaren Gedanken zu fassen.
Jondalar ging mit weit ausgreifenden Schritten zum Herdfeuer des Löwen hinüber und unterbrach Talut und Mamut, die über das kommende Frühlingsfest redeten. »Ich gehe«, erklärte er ohne jede Vorbereitung.
»Was kann ich gegen etwas Proviant eintauschen?« Er bot ein Bild der Verzweiflung, als wäre er von Sinnen.
Anführer und Schamane tauschten einen wissenden Blick. »Jondalar, mein Freund«, sagte Talut und klopfte ihm auf die Schulter, »wir werden dir mit Freuden alles an Proviant geben, was du brauchst, aber du kannst jetzt nicht fort. Der Frühling steht vor der Tür, aber wirf einen Blick ins Freie. Es tobt ein Schneesturm, und die Schneestürme am Ende des Winters sind die schlimmsten.«
Jondalar beruhigte sich und erkannte, daß er seinen plötzlichen Entschluß fortzugehen nicht verwirklichen konnte.
Talut spürte, daß die Spannung in Jondalars Muskeln nachließ, je mehr er redete. »Im Frühling kommt es dann zu den Überschwemmungen, und es gilt, viele Flüsse zu überqueren. Außerdem kannst du dich nicht so weit von zu Hause entfernen, den Winter bei den Mamutoi verbringen und dann nicht mit den Mammutjägern auf eine Mammutjagd gehen, Jondalar. Brichst du erst nach Hause auf, wirst du dazu nie wieder Gelegenheit haben. Die erste Mammutjagd aber findet im Frühsommer statt, bald nachdem wir zum Sommertreffen aufbrechen. Die beste Zeit, selbst auf eine Reise zu gehen, wäre im Anschluß daran. Du würdest mir einen großen Gefallen tun, wenn du es dir überlegtest und mindestens noch bis zur Mammutjagd bei uns bliebest. Ich möchte, daß du deinen Speerwerfer vorführst.«
»Ja, selbstverständlich, ich werd’s mir überlegen«, sagte Jondalar. Dann sah er dem rothaarigen Anführer in die Augen. »Und vielen Dank, Talut. Du hast recht. Ich kann noch nicht fort.«
Mamut saß mit gekreuzten Beinen an seinem Lieblingsplatz zum Sich-Versenken: der Bettplattform neben der seinen, die als Lagerraum für die Rentierfell-Laken, Felle und anderes Bettzeug diente. Eigentlich übte er sich weniger in Versenkung als in Nachdenken. Seit der Nacht, da sie ihn durch ihre Tränen geweckt hatte, war er sich Aylas Verzweiflung über Jondalars Auszug bewußter als zuvor. Ihr Elend und ihr Unglücklichsein hatten einen großen Eindruck auf ihn gemacht. Wenn sie es auch schaffte, das Ausmaß ihrer Gefühle vor den meisten anderen zu verbergen, er selbst merkte es an manchen Kleinigkeiten ihres Verhaltens, die ihm früher vielleicht entgangen wären. Obwohl sie Ranecs Gesellschaft aufrichtig zu genießen schien und über seine Scherze lachte, war sie gedrückt, und die Liebe und Aufmerksamkeit, mit der sie Wolf und die Pferde überschüttete, verrieten, wie verloren sie sich vorkam und wie sie sich vor Sehnsucht verzehrte.
Mamut sah auch bei dem großgewachsenen Gast genauer hin und bemerkte an Jondalars Verhalten die gleiche Verlorenheit. Er schien voller Verzweiflung und Qual, obgleich auch er bemüht war, es nicht zu zeigen. Nach seinem verzweifelten Versuch, mitten in einem Schneesturm fortzugehen, fürchtete der alte Schamane, Jondalars Verstand leide bei der Vorstellung, Ayla zu verlieren. Der alte Mann, der so innigen Umgang mit der Geisterwelt der Mut und Ihrer Geschicke pflegte, sah darin eine tiefere Zwanghaftigkeit als nur junge Liebe. Vielleicht hatte Die Mutter auch mit ihm Besonderes vor: Pläne, bei denen es auch um Ayla ging.
Wiewohl Mamut zögerte, sich darauf einzulassen, fragte er sich, warum Die Mutter ihm gezeigt hatte, daß Sie die Kraft war, die hinter den wechselseitigen Gefühlen stand. Wiewohl überzeugt, daß letzten Endes Sie die Umstände entsprechend Ihren Plänen schuf – es konnte ja Ihr
Weitere Kostenlose Bücher