Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
schwierig gewesen sein könnte.
Wo all die Frauen sich an seinem Herdfeuer versammelt hatten, blieb für ihn kein Raum; aber gebraucht wurde er ohnehin nicht. Niemand nahm auch nur wahr, daß er auf Crisavecs Bett hockte und zusah und wartete. Schließlich erhob er sich und ging fort, ohne freilich zu wissen, wohin. Er stellte fest, daß er hungrig war, und begab sich an die allgemeine Kochstelle, weil er hoffte, noch Bratenreste oder irgend etwas anderes zu finden. Vage dachte er daran, Talut aufzusuchen. Er hatte das Bedürfnis, mit jemand zu reden, das, was er durchgemacht hatte, mit jemand zu teilen, der vielleicht Verständnis dafür hatte. Als er das Herdfeuer des Mammut erreichte, standen Ranec, Danug und Tornec in der Nähe der Feuerstelle und unterhielten sich mit Mamut, so daß der Mittelgang etwas versperrt war. Frebec blieb stehen; ihm war nicht danach, ihnen gegenüberzutreten, er hatte Hemmungen, sie zu bitten, aus dem Weg zu gehen.
Er zögerte, konnte jedoch nicht für immer da stehen bleiben, und so schickte er sich an, den Mittelteil vom Herdfeuer des Mammut zu durchqueren und auf sie zuzugehen.
»Wie geht es ihr, Frebec?« erkundigte sich Tornec.
Die freundliche Frage schreckte ihn momentan. »Wenn ich das nur wüßte«, erwiderte er.
»Ich weiß, wie dir zumute ist«, sagte Tornec und setzte ein schiefes Lächeln auf. »Nie komme ich mir überflüssiger vor, als wenn Tronie ein Kind bekommt. Es ist mir schrecklich zu sehen, wie sie Schmerzen erleidet, und ich wünsche nur, ich könne was tun, um ihr zu helfen, aber es gibt nichts zu tun. Ein Kind gebären, ist Frauensache, sie müssen es machen. Ich bin hinterher immer nur überrascht, wie schnell sie Schmerzen und Qual vergißt, sobald sie das Baby hat und sie weiß …«
Er sprach nicht weiter, merkte, daß er bereits zuviel gesagt hatte. »Tut mir leid, Frebec. Ich wollte nicht …«
Stirnrunzelnd wandte Frebec sich an Mamut. »Fralie sagt, ihrer Meinung nach kommt das Baby zu früh. Und Crozie sagt, Babys, die zu früh kommen, blieben nicht am Leben. Stimmt das? Wird dieses Kind sterben?«
»Dazu kann ich nichts sagen, Frebec. Das liegt in der Hand der Mut«, sagte der alte Mann. »Ich weiß nur soviel, daß Ayla nicht aufgibt. Es kommt ganz drauf an, wieviel zu früh. Denn Kinder, die zu früh kommen, sind für gewöhnlich klein und schwächlich, und deshalb sterben sie im allgemeinen. Aber das ist nicht immer so, besonders dann nicht, wenn sie nicht allzu früh kommen. Je länger sie am Leben bleiben, desto größer werden ihre Chancen. Ich weiß nicht, was sie tun kann, aber wenn jemand was tun kann, dann Ayla. Ihr ist eine große Gabe zuteil geworden, und ich kann dir versichern, keine Heilkundige könnte eine bessere Lehrmeisterin gehabt haben als sie. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie tüchtig Medizinfrauen beim Clan sind. Mich hat einmal eine geheilt.«
»Dich? Dich hat eine Flachschädel-Frau geheilt?« sagte Frebec. »Das verstehe ich nicht. Wieso denn? Und wann?«
»Als ich ein junger Mann war, auf meiner Reise«, sagte Mamut.
Die jungen Männer warteten, daß er seine Geschichte fortsetze, doch stellte sich bald heraus, daß er von sich aus nichts weiter zu sagen gedachte.
»Alter Mann«, sagte Ranec und strahlte ihn dabei an, »ich möchte mal wissen, wie viele Geschichten und Geheimnisse sich in den Jahren deines langen Lebens verbergen.«
»Ich habe mehr vergessen, als du in deinem ganzen Leben erlebt hast, junger Mann; aber ich erinnere mich auch an eine große Menge. Ich war bereits alt, als du geboren wurdest.«
»Wie alt bist du?« fragte Danug. »Weißt du das?«
»Es hat eine Zeit gegeben, da habe ich es mir gemerkt, indem ich jedes Frühjahr ein Zeichen für ein bedeutsames Ereignis auf ein Geistermerkfell machte, das in diesem Jahr geschehen war. So habe ich eine ganze Reihe von Merkfellen gefüllt; der Zeremonialschirm ist eines davon. Aber jetzt bin ich so alt, daß ich nicht mehr zähle. Trotzdem, Danug, werde ich dir sagen, wie alt ich bin. Meine erste Frau hatte drei Kinder.« Danug sah Frebec an. »Das Erstgeborene, ein Junge, starb. Das Zweitgeborene, ein Mädchen, hatte vier Kinder. Das älteste ihrer vier Kinder war ein Mädchen, und als das heranwuchs, gebar es Tulie und Talut. Du wiederum bist der Erstgeborene von Taluts Frau. Die Frau von Tulies Erstgeborenem erwartet vielleicht gerade ein Kind. Falls Mut mir noch ein Jahr zugesteht, könnte es sein, daß ich die fünfte Generation erlebe. Siehst du, so
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