Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
er hinterher so kalt gewesen? Warum hatte er sie abermals zurückgestoßen? Warum hatte er aufgehört, sie zu lieben? Einst hatte sie gedacht, ihn zu kennen. Jetzt verstand sie ihn überhaupt nicht mehr. Sie drehte sich auf die andere Seite, rollte sich zu einer Kugel zusammen und weinte leise, weinte, weil sie wollte, daß Jondalar sie wieder liebte.
»Bin ich froh, daß ich daran gedacht habe, Jondalar zur ersten Mammutjagd einzuladen«, sagte Talut zu Nezzie, als sie sich an das Herdfeuer des Löwen zurückzogen. »Er ist die ganze Nacht damit beschäftigt gewesen, diese Speerspitze zu arbeiten; ich glaube, ihm liegt daran mitzukommen.«
Nezzie sah ihn an, schob eine Augenbraue in die Höhe und schüttelte den Kopf. »Die Mammutjagd ist das letzte, woran er denkt«, sagte sie und stopfte ein Fell um den schlafenden Blondschopf ihrer jüngsten Tochter zurecht. Sanft und liebevoll lächelte sie über die Mädchen-Frau-Gestalt ihrer Ältesten, die sich neben ihrer jüngeren Schwester zusammengerollt hatte. »Nächsten Winter müssen wir uns unbedingt etwas überlegen, damit Latie ihren eigenen Schlafplatz bekommt. Sie wird dann eine Frau sein. Rugie allerdings wird sie vermissen.«
Talut warf einen Blick zurück und sah, wie ihr Gast Feuersteinsplitter abklopfte, während er versuchte, über die dazwischenliegenden Herdfeuer hinweg zu Ayla hinüberzuspähen. Als er sie nicht fand, sah er zum Herdfeuer des Fuchses hinüber. Talut wandte den Kopf und sah Ranec allein zu Bett gehen. Auch er blickte immer wieder zu Aylas Bett hinüber. Wahrscheinlich hat Nezzie recht, dachte er.
Jondalar war aufgeblieben, bis der letzte Mamutoi die Kochstelle verlassen hatte. Er war dabei, eine lange Feuersteinklinge zu bearbeiten, die er mit einem kräftigen Schaft verbinden wollte, so wie Wymez es machte; er lernte, einen Mamutoi-Mammutjagdspeer zu fertigen, indem er zunächst eine genaue Kopie herstellte. Jener Teil seines Geistes, der stets offen war für Feinheiten seines Handwerks, hatte bereits mögliche Verbesserungen oder zumindest interessante Experimente ersonnen, doch war er mit der Feuersteinbearbeitung so innig vertraut, daß er sich nicht besonders konzentrieren mußte, und das war ganz gut so. Er konnte an nichts anderes denken als an Ayla, und die Arbeit diente ihm nur als Vorwand, niemand Gesellschaft leisten und sich unterhalten zu müssen, sondern allein zu sein mit seinen Gedanken.
Er war unendlich erleichtert gewesen, als er sie vorhin allein hatte zu Bett gehen sehen; er hätte es nicht ertragen, wenn sie jetzt Ranecs Lager aufgesucht hätte. Er legte seine neuen Kleider sorgsam zusammen und kroch dann in gleichfalls neue Schlaffelle, die er über seiner alten Reiserolle ausgebreitet hatte. Jetzt verschränkte er die Hände hinter dem Kopf und starrte zu der Decke über den Herdstellen hinauf. Viele Nächte hatte er so dagelegen und sie betrachtet. Noch immer schmerzten ihn Scham und Reue, doch heute nacht wenigstens nicht mit dem brennenden Schmerz des Verlangens, und sosehr er sich deshalb haßte, er erinnerte sich der Wonnen des Nachmittags. Er dachte darüber nach, rief sich vorsichtig jede Einzelheit ins Gedächtnis, betrachtete alles von allen Seiten und genoß langsam, worüber nachzudenken er sich bisher keine Zeit genommen hatte.
Er war entspannter als damals nach Aylas Adoption und versank jetzt in eine halb schläfrige, halb sinnende Träumerei. Hatte er sich eingebildet, daß sie so willig war? Das mußte er wohl, denn so begierig konnte sie nicht auf ihn gewesen sein. Hatte sie wirklich mit so viel Gefühl auf ihn reagiert? Bei dem Gedanken an sie verspürte er wieder ein Ziehen in den Lenden, als er sich vorstellte, wie er sie ausfüllte und wie ihre tiefe Wärme ihn vollständig umfing. Freilich war dieses Sehnen nicht so drängend, hatte vielmehr etwas von einem warmen Nachglühen und nicht von dem vorwärtsdrängenden Schmerz, der eine Kombination war aus unterdrücktem Begehren, mächtiger Liebe und lodernder Eifersucht. Er dachte daran, ihr Wonne zu bereiten – er liebte es, ihr Wonne zu bereiten –, und schickte sich schon an, wieder zu ihr zu gehen.
Erst als er die Decke zurückwarf und sich aufsetzte, als er im Begriff war, dem durch seine Träumerei verursachten Drang nachzugeben, fuhren ihm die Folgen des Nachmittags in die Glieder. Er konnte nicht zu ihr gehen. Sich nie mehr zu ihr legen. Er konnte sie nie wieder anrühren. Er hatte sie verloren. Es stand ihm nicht mehr frei. Er
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