Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
mitanzusehen, wie sie sich Ranec anverlobte. Wenn Mamut, der sich im Wesen der Geister auskannte, irgendwelche Gefahren für sie ahnte, konnte Jondalar nur das Schlimmste für sie erwarten.
Um die Mittagszeit erklärte Ayla Mamut, sie werde jetzt mit ihren Vorbereitungen für die Wurzelzeremonie beginnen. Sie waren die Einzelheiten mehrere Male miteinander durchgegangen, bis Ayla einigermaßen sicher war, nichts Wichtiges vergessen zu haben. Sie ergriff saubere Kleidung, eine weiche, saugfähige Hirschdecke sowie etliche andere Dinge, doch statt das Langhaus durch den Anbau zu verlassen, machte sie den Umweg über die allgemeine Kochstelle. Einerseits hoffte sie, Jondalar zu sehen, doch andererseits hoffte sie auch, es nicht zu tun, und so war sie enttäuscht und erleichtert zugleich, nur Wymez an der Arbeitsstätte der Steinschläger vorzufinden. Dieser sagte, er habe Jondalar seit dem frühen Morgen nicht mehr gesehen; mit Freuden schenkte er ihr die kleine Flintknolle, um die sie ihn bat.
Unten am Fluß angekommen, ging sie auf der Suche nach einer geeigneten Stelle eine Weile flußaufwärts. An der Einmündung eines kleinen Nebenflusses, der eher ein Bach war als ein Fluß, blieb sie stehen. Der kleine Wasserlauf hatte sich um eine Felsnase herum den Weg gebahnt, die am gegenüberliegenden Ufer eine Steilwand bildete, welche den Wind abhielt. Ein Saum von grünenden Sträuchern und Bäumen hatte hier eine geschützte Stelle entstehen lassen und lieferte zudem noch das nötige trockene Holz vom Vorjahr.
Von seinem abgeschirmten Aussichtspunkt aus sah Jondalar auf den Fluß hinunter, war aber so sehr mit dem eigenen Inneren beschäftigt, daß er das wild schäumende, schlammigtrübe Wasser gar nicht richtig wahrnahm. Er hatte nicht einmal bemerkt, daß die Schatten sich in dem Maße verkürzten, wie die Sonne am Himmel höher stieg, und erschrak, als er jemand näher kommen hörte. Er war nicht in der Stimmung, sich zu unterhalten, hatte keine Lust an diesem Tag, der ein Festtag war für die Mamutoi, nett und freundlich zu sein, und so versteckte er sich rasch hinter einem Busch, um – selbst ungesehen – abzuwarten, bis der Betreffende vorübergegangen war. Als er Ayla kommen sah und diese offensichtlich auch noch beschloß hierzubleiben, wußte er nicht, was tun. Er dachte daran, sich leise davonzuschleichen, doch Ayla war eine zu gute Jägerin. Sie würde ihn hören, da war er sich ganz sicher. Dann dachte er daran, einfach aus den Büschen herauszutreten, irgendwelche Entschuldigungen vorzubringen, etwa die, er habe sich erleichtert, und dann seiner Wege zu gehen, doch auch das tat er nicht.
Er bemühte sich, möglichst nicht aufzufallen, blieb in seinem Versteck sitzen und beobachtete sie. Er konnte nicht anders, brachte es nicht einmal fertig wegzusehen, obwohl ihm bald klar wurde, daß sie sich auf das auf sie zukommende Ritual vorbereitete und glaubte, allein zu sein. Anfangs war er einfach überwältigt, sie vor sich zu haben, und dann verfolgte er ihr Tun wie gebannt. Es war einfach, als müßte er ihr zusehen. Mit einem Pyritwürfel und dem Flintknollen machte Ayla rasch ein Feuer und tat Kochsteine hinein, damit diese sich erhitzten. Sie hatte vor, ihr Reinigungsritual möglichst genauso zu vollziehen, wie es beim Clan getan wurde, doch um ein paar Abwandlungen kam sie nicht herum. Sie hatte überlegt, das Feuer auf Clan-Art zu entfachen, indem sie auf einem flachen Stück Holz einen trockenen Stecken so lange zwischen den Handflächen zwirbelte, bis Glut entstand. Aber beim Clan trugen Frauen weder Feuer, noch entfachten sie es für rituelle Zwecke; da Ayla also, um Feuer zu machen, ohnehin mit den Traditionen des Clan brechen mußte, konnte sie genausogut gleich ihren Pyrit benutzen.
Frauen durften allerdings Messer und andere Werkzeuge aus Feuerstein machen, solange diese Geräte nicht als Jagdwaffen oder zur Herstellung derselben dienten. Sie fand, sie brauchte einen neuen Amulettbeutel. Der reichverzierte Beutel der Mamutoi, den sie jetzt um den Hals trug, war für ein ClanRitual nicht das Richtige. Und um einen Clan-Amulett-Beutel zu fertigen, brauchte sie ihrer Meinung nach ein Clan-Messer; das war der Grund, warum sie Wymez um einen völlig heilen Flintknollen gebeten hatte. In Ufernähe suchend, fand sie einen vom Fluß rundgeschliffenen, faustgroßen Kiesel, der sich als Hammerstein benutzen ließ. Sie schlug damit die äußere kalkgraue Kruste oder Ummantelung des kleinen Flintknollens
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