Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
hatte. Dann schnüffelte er den ganzen Umkreis ab, und sie holte ihre Sachen zusammen.
»Jetzt, wo du mich gefunden hast, können wir heimkehren. Komm, Wolf, laß uns gehen. Was suchst du denn da in den Büschen … Jondalar!«
Ayla war sprachlos und wie vom Donner gerührt, als sie entdeckte, hinter was der junge Wolf hergewesen war. Jondalar wiederum sah sich in eine solche Verlegenheit gestürzt, daß es ihm die Sprache verschlug; aber beider Augen sagten mehr, als Worte je auszudrücken vermöchten. Nur wollten beide nicht glauben, was sie sahen. Schließlich bemühte Jondalar sich um eine Erklärung.
»Ich bin … nun ja … gerade vorübergekommen … ja …«
Er gab es auf, bemühte sich nicht einmal, den lahmen Versuch einer Entschuldigung zu Ende zu bringen, drehte sich um und ging eilends davon. Ayla folgte ihm etwas langsamer zum Lager und stieg mit schweren Gliedern den Hang hinauf, der zur Erdhütte führte. Jondalars Verhalten brachte sie völlig durcheinander. Sie war sich nicht sicher, wie lange er dort gewesen war, aber sie wußte, daß er sie beobachtet hatte und fragte sich, warum er sich nur vor ihr versteckt hatte. Sie wußte nicht, was sie davon halten sollte, doch als sie durch den Anbau für die Pferde ans Herdfeuer des Mammut zurückkehrte, wo sie Mamut zu finden hoffte, um ihre Vorbereitungen zu beenden, fiel ihr ein, wie Jondalar sie angeschaut hatte.
Jondalar kehrte nicht sofort ins Lager zurück. Er war sich nicht sicher, ob er es ertragen könnte, ihr oder irgend jemand sonst gegenüberzutreten. Als er sich, vom Fluß her kommend, dem Weg näherte, der zur Erdhütte hinaufführte, kehrte er wieder um und ging noch einmal zurück. Bald fand er sich am selben abgeschirmten Ort wieder, wo er Ayla zugesehen hatte.
Er trat an die Überreste des kleinen Feuers, kniete nieder und spürte mit der Hand dem leichten Rest der noch verbliebenen Hitze nach; dann die Augen halb schließend, erinnerte er sich an die Szene, deren Zeuge er heimlich geworden war. Nachdem er die Augen wieder ganz aufgemacht hatte, entdeckte er den Flintkern, den sie zurückgelassen hatte, und nahm ihn zur Hand, um ihn sich genauer anzusehen. Er sah die Splitter und Plättchen, die sie abgeschlagen hatte, und legte etliche davon wieder an die Stelle, wo sie vorher gesessen hatten, um sich den Arbeitsprozeß noch genauer zu vergegenwärtigen. Neben Lederabfällen entdeckte er die Ahle. Auch sie hob er hoch und betrachtete sie genau. Die Ahle war nicht in der ihm vertrauten Art gearbeitet. Dazu wirkte sie zu einfach, fast roh; gleichwohl war es ein gutes, zweckdienliches Arbeitsgerät. Und scharf, dachte er, als sie sich in seine Finger eingrub.
Das von ihr gefertigte Instrument erinnerte ihn an Ayla und schien auf seine Weise ihr Rätsel und sämtliche ihr innewohnenden Widersprüche darzustellen: Ihre geheimnisumwitterte arglose Aufrichtigkeit; ihre in uraltes Wissen eingebettete Einfachheit; ihre auf tiefer und reicher Erfahrung basierende Redlichkeit und Naivität. Er beschloß, die Ahle zu behalten, auf daß sie ihn immer an sie erinnere, und wickelte den scharfen Steinstichel in die Lederreste, um ihn mitzunehmen.
Das Festmahl fand in der Nachmittagswärme statt, im allgemeinen Kochbereich, drinnen also; aber die Fellvorhänge vor den Eingangsbögen waren zur Seite gerafft und festgebunden worden, selbst die vom Anbau, damit frische Luft herein- und die Feiernden mühelos ein- und ausgehen konnten. Viele der Feierlichkeiten fanden draußen statt, insbesondere Spiele und Wettkämpfe – Ringen schien der beliebteste Frühlingssport – und Singen und Tanzen.
Geschenke wurden ausgetauscht, um Glück und alles Gute zu wünschen; damit versuchte man, es der Großen Erdmutter nachzutun, die dem Land wieder Wärme und Leben brachte, und um seiner Dankbarkeit für die Gaben der Erde Ausdruck zu verleihen, die Sie Ihren Geschöpfen gewährte. Bei den Geschenken handelte es sich zumeist um Kleinigkeiten wie Leibriemen und Messerscheiden, Tierzähne mit Löchern darin oder mit Einkerbungen, damit man sie als Anhänger um den Hals tragen konnte; des weiteren Schnüre von Perlen, die man benutzen konnte, um sie auf Kleidungsstücke aufzunähen. In diesem Jahr war der neue Fadenzieher ein beliebtes Geschenk; hinzu kamen Nadelbehälter, kleine Röhrchen aus Elfenbein oder hohle Vogelknochen, in denen man sie aufbewahren konnte. Den ersten Nadelbehälter hatte Nezzie gefertigt; zusammen mit einem Quadrat aus Mammuthaut, das als
Weitere Kostenlose Bücher