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Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger

Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger

Titel: Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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erlaubte, genau dort zuzuschlagen, wo der gewünschte Ton entstand.
Auf Schädeltrommeln und Tornecs Schulterblatt hatte sie bereits spielen hören. Allen waren gewisse Tonvariationen zu entlocken gewesen, doch noch nie hatte sie eine solche Fülle von wohllautenden Tönen gehört. Diese Leute meinten zwar, sie, Ayla, besäße irgendwelche magischen Kräfte, doch wollte es ihr scheinen, daß dies hier viel mehr Zauber enthielt als alles, was sie je getan hatte. Ein Mann ließ den Schlegel auf das Mammutschulterblatt fallen, wie Tornec es getan hatte. Klang und Timbre waren ganz anders, hatten etwas Klirrendes, doch ergänzte das die Musik, welche die Frau auf dem Oberschenkelknochen spielte, und verlieh dem Ganzen zusätzlich Fülle.
Das große dreieckige Schulterblatt war etwa fünfundsechzig Zentimeter lang, verengte sich nach oben und weitete sich an der Basis auf fünfzig Zentimeter. Der Spieler hielt das Instrument am Hals aufrecht vor sich hin, so daß die Basis auf dem Boden ruhte. Auch dieses war mit leuchtend roten parallelen Zickzackstreifen geschmückt. Jeder der etwa kleinfingerdicken Streifen war in gleich lange Abschnitte unterteilt, von denen ein jeder einen vollkommenen und makellos geraden Rand aufwies. In der Mitte des tieferen und am meisten vom Schlegel bearbeiteten Teils war das rote Streifenmuster abgenutzt und der Knochen durch das viele Spielen hauchdünn geworden.
Als alle übrigen Mammutknocheninstrumente einfielen, hielt Ayla den Atem an. Anfangs konnte sie dem vollen Klang der sich aus vielerlei Tönen zusammensetzenden Musik nur überwältigt lauschen, doch nach einiger Zeit konzentrierte sie sich auf jedes Instrument einzeln.
Ein älterer Mann spielte auf dem größeren der beiden Unterkieferknochen, freilich nicht mit einem Geweihschlegel, sondern mit dem Endstück eines etwa dreißig Zentimeter langen, am dickeren Ende rundum eingekerbten Mammutstoßzahns, so daß hier ein dicker Knauf entstand. Die Kinnlade war wie die anderen Knochen bemalt, freilich nur auf der rechten Hälfte. Sie war umgedreht worden, so daß der linken, schmucklosen Seite, die frei über den Boden hinwegragte, ein klarer, ungedämpfter Laut entstieg. Beim Spielen berührte der Mann klopfend die parallel verlaufenden roten Zickzackbänder, die sich sowohl über die Höhlung als auch über den äußeren Wangenrand erstreckten, und fuhr mit dem Elfenbeinstück reibend über die geriffelte Kaufläche des Zahns hinweg, was einen knarrenden, heiseren Laut hervorrief.
Auf der anderen, offensichtlich von einem jüngeren Tier stammenden Kinnlade spielte eine Frau. Der Knochen war einen halben Meter lang, maß an der breitesten Stelle etwa vierzig Zentimeter und war an der rechten Seite gleichfalls mit rotem Zickzackmuster bemalt. Ein tiefes Loch von etwa fünf mal zwölf Zentimetern – der Zahn, der dort einmal gesessen hatte, war entfernt worden – ergab eine Resonanzveränderung und brachte den auffällig hohen Klang besonders zur Geltung.
Die Frau, die das Beckenknocheninstrument spielte, hielt dieses gleichfalls dergestalt in die Höhe, daß ein Rand auf dem Boden auflag. Sie klopfte mit dem Geweihschlegel vornehmlich auf eine Stelle in der Mitte des Knochens, wo dieser sich auf natürliche Weise sanft nach innen wölbte.
Dort verstärkten sich die Klänge und wurden die Tonveränderungen deutlicher erkennbar; kein Wunder, daß die roten Streifen durch den vielen Gebrauch hier abgenutzt und fast nicht mehr zu sehen waren.
Mit den kraftvollen, dröhnenden tiefen Tönen des von einem jungen Mann bespielten Mammutschädels war Ayla vertraut. Sie unterschieden sich nicht von den Trommeln, die Deegie und Mamut so trefflich zu schlagen verstanden. Auch diese Trommel war dort, wo sie mit dem Schlegel bearbeitet wurde – also an der Stirnfläche und auf der Schädeldecke – bemalt, in diesem Falle jedoch nicht mit Zickzacklinien, sondern mit einem deutlich erkennbaren Muster aus verzweigten Linien und nicht miteinander verbundenen Strichen und Punkten.
Nachdem die Leute mit einem einen angenehmen Abschluß bildenden Ton geendet hatten, entspann sich eine lebhafte Unterhaltung. Deegie beteiligte sich daran, wohingegen Ayla nur zuhörte und sich bemühte, sich mit den ihr unbekannten Bezeichnungen vertraut zu machen, sich aber keinesfalls einmischen wollte.
»Das Stück sollte ausgewogen und harmonisch klingen«, sagte die Frau, die auf dem Oberschenkelknochen spielte. »Ich meine, wir könnten ein Beinrohr einbauen, bevor

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