Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
fürchteten, einen gesunden Respekt davor hatten. Freilich konnte es sein, daß man um diese Jahreszeit Schwierigkeiten hatte, einen Steppenbrand zu entfachen. Das Feuer mußte schon mit Fackeln von den Jägern selbst vorangetragen werden.
»Und was benutzen wir als Fackeln?« fragte jemand. »Trockenes Gras und Mammutdung, zusammengebunden und in Fett getaucht«, sagte Brecie. »Die fangen rasch Feuer und brennen vor allen Dingen lange.«
»Außerdem lassen sie sich mit Aylas Pyritwürfeln schnell entzünden«, ergänzte Talut den Vorschlag. Es wurde beifällig genickt.
»Wir brauchen aber an mehr als einer Stelle Feuer«, sagte Brecie, »und zwar in den richtigen Abständen.«
»Ayla hat jedem der Herdfeuer des Löwen-Lagers einen Pyritwürfel geschenkt. Wir haben ein paar davon bei uns. Ich und Ranec haben je einen, und Jondalar auch«, sagte Talut und spürte sofort, wie sehr das Löwen-Lager im Ansehen der anderen stieg. Jammerschade, daß Tulie nicht hier ist, dachte er. Die hätte diesen Augenblick genossen. Aylas Pyritwürfel waren ein unermeßlich kostbarer Schatz, zumal es offensichtlich nicht allzu viele davon gab.
»Wenn wir den Mammuts erst mal Beine gemacht haben – wie können wir sicher sein, daß sie auch auf die Falle zulaufen?« wollte eine Jägerin aus Brecies Lager wissen. »Dies hier ist schließlich offenes Land.«
Der Plan, auf den sie sich einigten, war ebenso einfach wie geradlinig. Vom Eingang der Eisschlucht ausgehend, errichteten sie zwei weit auseinanderstrebende Reihen von Es- und Gesteinshaufen. Talut machte mit seiner gewaltigen Axt kurzen Prozeß mit den Gletschereisscheiben und zerschlug sie in tragbare kleine Stücke. Hinter jedem dieser Haufen wurden mehrere Fackeln bereitgehalten. Von den insgesamt fünfzig Jägern suchten sich nur ein paar einen Platz innerhalb der Schlucht selbst, und zwar hinter schützenden Eisblöcken, um die Tiere von dort aus frontal anzugreifen. Andere nahmen hinter den Eis- und Gesteinshaufen Aufstellung. Der Rest, insbesondere die schnellsten und ausdauerndsten Läufer – denn trotz ihrer massigen Gestalt konnten Mammuts über kurze Strecken hinweg hohe Geschwindigkeiten erreichen –, teilte sich in zwei Gruppen auf, um die Herde von zwei Seiten in die Zange zu nehmen.
Brecie erklärte den jüngeren Jägern, für die dies die erste Mammutjagd war, einige Besonderheiten im Verhalten der Tiere und sagte ihnen, wo die zottigen Geschöpfe am verwundbarsten wären. Ayla hörte genau zu und marschierte dann mit ihnen in die Eisschlucht hinein. Die Anführerin des Elch-Lagers sollte von innen den Frontalangriff vortragen und wollte sich daher die Falle genau ansehen und sich ihren Platz aussuchen.
Sobald sie sich zwischen den beiden Eiswänden befanden, bemerkte Ayla den Temperaturabfall. Da die Feuer gebrannt hatten, mit denen sie das Fett für die Fackeln ausließen, und sie beim Schneiden des Grases und dem Schleppen der Eisbrocken ins Schwitzen geraten war, hatte sie die Kälte nicht gespürt. Trotzdem waren sie dem großen Gletscher so nahe, daß Wasser, das draußengelassen wurde, selbst im Sommer morgens von einer Eisschicht bedeckt war; außerdem mußte man im Sommer tagsüber auch einen Überwurf tragen. Innerhalb des von Eiswänden umschlossenen Raums herrschte bittere Kälte, doch als Ayla sich in der geräumigen Schlucht inmitten der heillos durcheinanderliegenden Eisbrocken umsah, meinte sie, in eine andere Welt versetzt zu sein: eine eisblaue Welt von großer, gleichwohl frösteln machender Schönheit.
Wie in den Felsschluchten in der Nähe des Tals der Pferde lagen überall frisch von den Wänden abgespaltene Scheiben zerborsten am Boden. Über ihnen ragten schartige Zinnen und weißleuchtende Türme, die in Ecken und Spalten tiefblau schimmerten. Sie mußte unwillkürlich an Jondalars Augen denken. Die weicheren gerundeten Seiten älterer Platten und Brocken, an denen die Zeit bereits genagt hatte und die von feinem, windgeblasenem Sand bedeckt waren, luden dazu ein, sie zu erklettern und zu erforschen.
Genau das tat Ayla aus reiner Neugier, während die anderen sich nach Plätzen umsahen, wo sie sich aufstellen konnten. Sie sollte ja nicht hierbleiben, um die Ankunft der Mammuts abzuwarten. Sie und Winnie sollten ebenso wie Jondalar auf Renner helfen, die wollhaarigen Stoßzahnträger in die Falle hineinzutreiben. Dabei war die Schnelligkeit der Pferde bestimmt hilfreich; außerdem wollten Jondalar und sie jeder Treibergruppe einen
Weitere Kostenlose Bücher