Zyklus der Erdenkinder 04 - Ayla und das Tal der Grossen Mutter
zurückzugehen. In der Hütte war er wenigstens vor dem Wind geschützt. Sein plötzlicher Entschluß hatte die Speerträgerinnen überrascht, und als sie ihm die Speere entgegenstreckten, stieß er sie mit dem Arm beiseite und ging weiter. Er hörte Rufe, die er ignorierte.
Er fror immer noch, als er die Hütte erreichte. Er sah sich nach etwas um, womit er sich wärmen konnte. Dann riß er ein Stück Leder von der Decke des runden zeltähnlichen Gebildes und hüllte sich hinein. In diesem Augenblick stürzten mehrere Frauen in die Hütte. Die Frau, die ihn vorher mit ihrer Waffe verletzt hatte, war unter ihnen, offensichtlich äußerst aufgebracht. Sie holte mit dem Speer nach ihm aus. Er duckte sich und griff nach dem Schaft, um ihn ihr zu entwinden. Ein unheimliches Lachen ließ ihn mitten in der Bewegung innehalten.
"Zelandonii!" rief Attaroa in spöttischem Ton; dann sagte sie einige Worte, die er nicht verstand.
"Sie will, daß du nach draußen gehst", sagte Ardemun. Jondalar hatte nicht bemerkt, daß er neben dem Eingang stand. "Sie hält dich für schlau, zu schlau.
Ich glaube, sie möchte dich an einem Ort haben, an dem ihre Frauen dich in Schach halten können."
"Und wenn ich nicht nach draußen gehen will?" sagte Jondalar.
"Dann wird sie dich wahrscheinlich hier und jetzt töten lassen." Die Worte wurden von einer Frau gesprochen, die fließend Zelandonü sprach, ohne den leisesten Akzent. Jondalar blickte überrascht in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war. Es war die Schamanin. "Wenn du hinausgehst, wird sie dich vermutlich etwas länger leben lassen. Du interessierst sie; aber zuletzt wird sie dich ohnehin töten."
"Warum? Was bin ich für sie?" fragte Jondalar.
"Eine Bedrohung."
"Eine Bedrohung? Ich habe sie nie bedroht." "Du bedrohst ihren Herrschaftsanspruch. Sie wird an dir ein Exempel statuieren wollen."
Attaroa unterbrach sie mit einem Schwall von Worte, die Jondalar nicht verstand, deren Unterton von kaum
unterdrückter Wut jedoch unüberhörbar war. Die Antwort der Schamanin war reserviert, doch zeigte sie keine Furcht. Nach dem Wortwechsel wandte sie sich wieder an Jondalar. "Sie wollte wissen, was ich mit dir geredet habe. Ich habe es ihr gesagt."
"Sag ihr, ich komme nach draußen", sagte er.
Als die Botschaft übermittelt war, lachte Attaroa, sagte etwas und ging dann mit wiegenden Hüften hinaus.
"Was hat sie gesagt?" fragte Jondalar.
"Sie hat gesagt, daß sie es gewußt habe. Männer tun alles, um ihr erbärmliches Leben zu verlängern - und sei es auch nur für einen Herzschlag."
"Vielleicht nicht alles", sagte Jondalar und schickte sich an, hinauszugehen. Dann drehte er sich noch einmal zu der Schamanin um. "Wie heißt du?"
"Mein Name ist S'Armuna", sagte sie.
"Und wo hast du meine Sprache so gut gelernt?"
"Ich habe eine Zeitlang bei deinen Leuten gelebt", sagte S'Armuna. Aber als sie seinen Wunsch spürte, mehr zu er-fahren, sagte sie nur: "Es ist eine lange Geschichte."
Obgleich der Mann erwartete hatte, seinerseits nach seinem Namen gefragt zu werden, wandte S'Armuna ihm den Rücken zu. Er sagte von sich aus: "Ich bin Jondalar von der Neunten Höhle der Zelandonii." S'Armunas Augen weiteten sich überrascht. "Der Neunten Höhle?" fragte sie.
"Ja", sagte er. Er hätte ihr gern weitere Angaben über seine Leute gemacht, aber der Ausdruck auf ihrem Gesicht ließ ihn innehalten.
"Sie wartet", sagte S'Armuna und verließ die Hütte. Draußen saß Attaroa auf einem mit einem Fell bedeckten Sitz auf einer erhöhten Plattform aus Erde, die aus dem Aushub der großen, halb unterirdischen Hütte hinter ihr gewonnen war. Ihr gegenüber lag die Einfriedung, und als er daran vorbeischritt, spürte Jondalar wieder, daß er durch die Spalten hindurch beobachtet wurde.
Beim Näherkommen sah er, daß es das Fell eines Wolfes war, auf dem sie saß. Auch die in den Nacken geschobene Kapuze
ihrer Jacke war mit Wolfsfell gefüttert; und sie trug ein Halsband, das hauptsächlich aus den scharfen Eckzähnen von Wölfen bestand. In der Hand hielt sie einen langen geschnitzten Stab, der Jondalar an den Sprecherstab erinnerte, den Talut gebraucht hatte, wenn es galt, einen Streit zu schlichten oder unterschiedliche Meinungen zu verfechten. Der Stab hatte dazu gedient, Auseinandersetzungen in geordnetem Rahmen zu halten. Wer immer ihn hielt, hatte das Recht zu reden; und wenn ein anderer etwas sagen wollte, mußte er erst um den Stab bitten.
Noch etwas anderes erschien ihm
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