Zyklus der Erdenkinder 04 - Ayla und das Tal der Grossen Mutter
erstaunlich sauber. Der Schöpflöffel ebenfalls. Das ganze Fett ging ab. Ich nahm etwas von dem Schaum in der Schale mit nach Hause."
"Geht das so leicht, wie es klingt?" fragte Ayla.
"Nein. Es ist nicht schwer, aber es erfordert Übung", sagte Solandia. "Das erste Mal hatte ich Glück. Ich habe einfach alles richtig gemacht. Seitdem habe ich ständig herumprobiert, und manchmal mißlingt es."
"Wie machst du es? Inzwischen mußt du doch herausgefunden haben, wie es am besten geht."
"Das ist schnell gesagt. Ich zerlasse sauberes, zerkleinertes Fett - jede Art geht, aber am liebsten nehme ich Mammutfett. Dazu nehme ich Holzasche, mische sie mit warmen Wasser und lasse sie ein wenig einweichen. Dann drücke ich das Ganze durch ein Sieb oder einen Korb mit Löchern im Boden. Was dabei herauskommt, kann stechen oder brennen, merkte ich. Man muß es gleich abspülen, wenn es an die Haut kommt. Und diese starke Mischung rührt man dann in das Fett. Wenn man Glück hat, entsteht ein weicher Schaum, der alles reinigt, sogar Leder."
"Aber es gelingt nicht immer", sagte Verdegia.
"Nein. Manchmal rührt und rührt man, und es mischt sich nicht.
Oft hilft es dann, wenn man es eine Weile erhitzt. Manchmal klumpt es. Manchmal wird es zu hart; das ist weiter nicht schlimm, weil es mit der Zeit sowieso härter wird. Eins ist wichtig: Fett und Aschenbrei müssen ungefähr handwarm sein. Wenn es zu sehr kocht, muß man sich vorsehen, nichts in die Augen zu bekommen. Es kann beißen, wenn man den Dämpfen zu nah kommt."
"Und es stinkt!" sagte Madenia.
"Das stimmt", sagte Solandia. "Es stinkt manchmal. Daher gehe ich meistens in die Mitte der Höhle, wenn ich es zusam-menrühre, auch wenn ich hier alles vorbereite."
"Mutter! Mutter! Komm schnell!" Solandias älteste Tochter stürmte herein und rannte wieder hinaus.
"Was ist los? Ist etwas mit Micheri?" fragte die Frau und stürzte ihr nach. Alle rannten zum Eingang der Höhle.
"Sieh doch!" sagte Dosalia. "Micheri kann gehen!"
Da stand Micheri neben dem Wolf, hielt sich mit einem breiten, selbstzufriedenen Lächeln an seinem Pelz fest und machte unsichere Schritte, als Wolf behutsam und langsam vorwärts ging.
"Es sieht ganz so aus, als ob der Wolf lacht", sagte Solandia.
"Ja, ich denke, das tut er", meinte Ayla. "Ich habe schon oft geglaubt, daß er lachen kann."
"Die heißen Quellen sind nicht nur für Zeremonien da, Ayla", sagte Losaduna. "Wenn Jondalar sich entspannen möchte, haben wir nichts dagegen. Die heiligen Wasser der Mutter sind wie ihre anderen Geschenke an ihre Kinder. Sie sind dazu da, daß man sie genießt. Wie diesen Tee, den du gemacht hast", fügte er hinzu und hielt den Becher hoch.
Fast alle, die nicht auf die Jagd gegangen waren, saßen um eine Feuerstelle in der offenen Mitte der Höhle. Nur zu besonderen Gelegenheiten liefen die Mahlzeiten nach einem Plan ab. Sonst aß man allein, in Familiengruppen oder mit anderen zusammen - wie es sich ergab. Diesmal hatten sich die Zurückgebliebenen zu einem gemeinsamen Mittagsmahl versammelt. Es gab eine herzhafte Fleischsuppe aus magerem, getrocknetem Wild,
angereichert mit etwas Mammutfett, das sie nahrhafter machte. Zum Abschluß tranken sie den Tee, den Ayla bereitet hatte, und waren rundum zufrieden.
"Wenn sie zurückkommen, könnten wir vielleicht ins warme Wasser tauchen. Ich glaube, wir würden uns beide über ein heißes Bad freuen", sagte Ayla.
"Du solltest sie warnen, Losaduna", sagte eine Frau mit wissendem Lächeln. Sie war ihnen als Ladunis Gefährtin vor-gestellt worden.
"Warnen, weshalb?" fragte Ayla.
"Manchmal muß man sich zwischen den Gaben der Mutter entscheiden."
"Was willst du damit sagen?"
"Sie meint, daß die heiligen Wasser auch zu entspannend sein können", sagte Solandia.
"Ich verstehe immer noch nicht", sagte Ayla und runzelte die Stirn. Sie merkte, daß jeder um die Sache herumredete und sich amüsierte.
"Wenn du Jondalar in das heiße Wasser führst, wird auch seine Manneskraft erschlaffen", sagte Verdegia, "und es kann ein paar Stunden dauern, bis er sich wieder erholt hat. Erwarte deshalb nicht zuviel von ihm nach einem Bad. Nicht gleich danach. Manche Männer tauchen deshalb nicht in die heiligen Wasser der Mutter. Sie fürchten, daß ihre Männlichkeit darin zerfließt und nicht mehr zurückkehrt."
"Kann das denn passieren?" fragte Ayla und sah Losaduna an.
"Nicht, daß ich wüßte", sagte der Mann. "Eher das Gegenteil. Ein Mann wird nach einer Weile
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