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Zyklus der Erdenkinder 04 - Ayla und das Tal der Grossen Mutter

Zyklus der Erdenkinder 04 - Ayla und das Tal der Grossen Mutter

Titel: Zyklus der Erdenkinder 04 - Ayla und das Tal der Grossen Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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wußte, daß die Leute der Anderen, die mit Lauten sprachen, etwas anderes meinen konnten, als sie sagten. In der Sprache des Clans dagegen, die auch unbewußte Gestik und Mimik einschloß, war Doppelbödigkeit und Zweideutigkeit unmöglich. Er konnte ihr nicht ganz glauben, auch wenn er keine Anzeichen von Verstellung sah; ihre Geschichte schien so weit hergeholt.
    "Diese Frau war seit dem Beginn der letzten warmen Jahreszeit unterwegs", fügte sie hinzu.
    Wieder wurde er ungeduldig, und Ayla begriff, daß er große Schmerzen hatte. "Was will die Frau noch? Die Anderen sind weg, warum geht die Frau nicht?" Er wußte, daß sie ihm wahrscheinlich das Leben gerettet und seiner Gefährtin geholfen hatte; deshalb war er ihr verpflichtet wie einem Blutsverwandten. Der Gedanke daran störte ihn.
     
    "Diese Frau ist eine Medizinfrau. Sie kann das Bein des Mannes versorgen", erklärte Ayla.
    Er schnaufte verächtlich. "Die Frau kann keine Medizinfrau sein. Die Frau ist nicht vom Clan."
    Ayla wollte sich nicht streiten. Sie überlegte und probierte es dann von einer anderen Seite. "Diese Frau könnte mit dem Mann der Anderen sprechen", schlug sie vor. Er nickte zu-stimmend. Sie stand auf und machte einen Schritt rückwärts, bevor sie sich umdrehte und zu Jondalar ging.
    "Kannst du dich mit ihm verständigen?" fragte er sie. "Du gibst dir gewiß große Mühe, aber der Clan, bei dem du gelebt hast, ist so weit weg; ich muß mich einfach wundern, wie gut du das machst."
    "Zuerst habe ich es mit der Alltagssprache meines Clans versucht, und wir konnten uns nicht verstehen. Ich hätte es wissen müssen, daß ihre normalen Zeichen und Laute nicht dieselben sein konnten; doch als ich die alte formelle Sprache benutzte, verstanden wir uns sofort", erklärte Ayla.
    "Habe ich jetzt richtig gehört? Soll das heißen, daß der Clan über eine Sprache verfügt, die von allen verstanden wird? Einerlei, wo sie leben? Das ist kaum zu glauben."
    "Aber es ist so", sagte sie. "Sie haben diese Ursprache im Gedächtnis."
    "Du meinst, sie werden mit diesem Wissen geboren? Jedes Kind?"
    "Nicht ganz so. Sie werden mit ihren Erinnerungen geboren, müssen aber lernen, sie wachzurufen. Ich weiß nicht, wie das vor sich geht, ich habe ein solches Gedächtnis nicht. Irgendwie muß man sie an das erinnern, was sie wissen, und normalerweise auch nur einmal, dann wissen sie es. Deshalb hielt man mich auch für ein wenig dumm. Ich lernte langsam, bis ich mein Gedächtnis trainierte, und selbst dann war es nicht leicht. Rydag hatte die Erinnerungen, aber niemand, der sie in ihm wachrief. Und deshalb kannte er die Zeichensprache nicht, bis ich kam."
    "Du und langsam! Ich habe nie jemanden getroffen, der so schnell Sprachen lernt wie du", sagte Jondalar.
    Sie wehrte ab. "Das ist etwas anderes. Um eine Sprache zu lernen, muß man nur andere Wörter und Sätze behalten", sagte sie. "Selbst wenn man nicht perfekt wird, kann man sich verstehen. Seine Sprache ist für uns schwieriger, doch im Augenblick ist nicht die Verständigung das Problem, das ich mit ihm habe, sondern die Verpflichtung."
    "Verpflichtung? Das verstehe ich nicht." sagte Jondalar. "Er hat große Schmerzen, auch wenn er das nie zugeben würde. Ich will ihm helfen und sein Bein richten. Wie sie dann zu ihrem Clan zurückkommen, weiß ich auch noch nicht, aber darüber können wir uns später den Kopf zerbrechen. Erst muß ich sein Bein richten. Aber er steht bereits in unserer Schuld und weiß, daß ich das Problem der Verpflichtung kenne, weil ich seine Sprache verstehe. Wenn er glaubt, daß wir ihm das Leben gerettet haben, steht er in unserer Schuld. Aber er möchte uns nicht noch stärker verpflichtet sein."
    "Wieso steht er in unserer Schuld?"
    "Es ist eine Art Verpflichtung ..." Ayla bemühte sich, eine sehr komplizierte Beziehung einfach zu erklären. "Gewöhnlich entsteht eine solche Bindung zwischen den Jägern eines Clans. Wenn ein Mann einem anderen das Leben rettet, gehört ihm ein Stück von dessen Geist. Der Mann, der sonst gestorben wäre, gibt ein Stück weg, um wieder ins Leben zurückzukehren. Weil aber kein Mensch will, daß auch nur der kleinste Teil seines Geistes stirbt und die nächste Welt vor ihm erreicht, wird er alles tun, um das Leben des Mannes, der ein Stück seines Geistes besitzt, zu schützen. Das verbindet sie enger, als wenn sie Brüder wären."
    "Das klingt einleuchtend", sagte Jondalar und nickte zustimmend. "Bei der gemeinsamen Jagd", fuhr Ayla fort, "müssen

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