Zyklus der Erdenkinder 04 - Ayla und das Tal der Grossen Mutter
Vorlieben und Gewohnheiten zu entwickeln. Auch das Pferd hatte Gelegenheit, ihn genauer kennenzulernen. Seine Muskeln hatten gelernt, sich den Bewegungen des Pferdes anzupassen, und sein Sitz war bequemer geworden, sowohl für ihn wie für den Hengst.
Doch Ayla war überzeugt, daß sein lockeres, entspanntes Reiten auf mehr hindeutete als auf eine größere Vertrautheit mit dem Pferd. Seine Bewegungen waren weniger verkrampft, und sie spürte, daß er sich nicht mehr so viele Sorgen machte. Sie konnte sein Gesicht zwar nicht sehen, vermutete aber, daß die
Sorgenfalten auf seiner Stirn verschwunden waren, und daß er in einer Stimmung war, in der er hätte lächeln können. Sie liebte sein Lächeln. Und sie liebte es, ihn zu beobachten.
Im Westen konnten sie noch immer die Berge sehen, die in der Feme purpurn aufragten, mit Kappen aus glitzerndem Weiß, die aus den unter ihnen hängenden dunklen Wolken emporstiegen. Sie bekamen die eisigen Gipfel nur selten zu Gesicht, und Jondalar genoß den ungewöhnlichen Anblick.
Auch ihm war warm, und er wünschte, sie wären diesen schneebedeckten Berggipfeln näher oder zumindest so nahe wie die Sharamudoi. Doch dann bemerkte er das Glitzern von Wasser im Tal unter ihnen und warf einen Blick zum Himmel, um den Sonnenstand zu überprüfen. Obwohl es früher war als
Gewöhnlich, gelangte er zum Schluß, daß sie haltmachen und ihr Lager aufschlagen sollten. Sie kamen gut voran, schneller, als er erwartet hatte, und er wußte nicht, wie lange es dauern würde, bis sie das nächste Gewässer erreichten.
Der Abhang war dicht bewachsen, in erster Linie mit Federgras, Schwingel und krautigen Pflanzen sowie verschiedenen rasch reifenden, einjährigen Gräsern. Die dicke Unterbodenschicht aus Löß und ein Oberboden aus fruchtbarer, humusreicher schwarzer Lehmerde erlaubten sogar das Wachstum von Bäumen, was in diesem Teil der Steppe recht ungewöhnlich war, wenn man von ein paar Strauchkiefern absah, die Grundwasser aus dem Boden zu ziehen versuchten. Ein lichter Mischwald aus Birken und Lärchen zog sich neben ihnen hangabwärts; weiter unten wuchsen Erlen und Weiden. Am Ende des Abhangs, wo das Gelände bis zu dem in einiger Entfernung dahingurgelnden Fluß eben war, entdeckte Ayla zu ihrer Überraschung an einigen Stellen sogar ein paar Zwergeichen, Buchen und Linden. Sie hatte nicht viele Laub-bäume gesehen, seit sie die Höhle von Bruns Clan auf der gut bewässerten Südspitze der in den Beran-See hineinragenden Landzunge verlassen hatte.
Der kleine Fluß wand sich auf seinem Weg durch das ebene Tal um Gestrüpp herum, doch eine seiner Schlingen rührte dicht an einer Gruppe hoher Weiden vorbei, die eine Art Ausläufer des dichteren Baumbestandes auf dem jenseitigen Abhang bildeten. Normalerweise zogen sie es vor, einen Fluß zu überqueren, bevor sie ihr Lager aufschlugen, um nicht gleich beim Auf-bruch am Morgen naß zu werden. Deshalb beschlossen sie, bei den Weiden zu kampieren. Sie ritten auf der Suche nach einer geeigneten Stelle ein Stück flußabwärts, fanden eine breite, bequeme Furt und ritten zurück.
Während sie das Zelt aufschlugen, ertappte sich Jondalar dabei, daß er Ayla betrachtete, ihren warmen, gebräunten Körper; und er dachte daran, wie glücklich er war. Sie war nicht nur schön - ihre Kraft, ihre geschmeidige Anmut, die Sicherheit ihrer Be-wegungen, alles gefiel ihm an ihr -, sondern auch eine gute Reisegefährtin. Obwohl er sich für sie verantwortlich fühlte
Und sie vor allem Schaden bewahren wollte, war es doch ein tröstliches Gefühl, zu wissen, daß er sich auf sie verlassen konnte. In gewisser Weise war das Reisen mit Ayla wie das Reisen mit seinem Bruder. Auch Thonoian gegenüber hatte er sich als Beschützer gefühlt. Es lag einfach in seiner Natur, sich für die Menschen verantwortlich zu fühlen, die ihm etwas bedeuteten.
Doch nicht in jeder Hinsicht. Als die junge Frau die Arme hob, um die Felldecke aufzuschütteln, fiel ihm auf, daß die Haut an der Unterseite ihrer vollen Brüste heller war, und es drängte ihn, den Farbton mit dem ihrer gebräunten Arme zu vergleichen. Daß er sie anstarrte, wurde ihm erst bewußt, als sie ihre Arbeit abbrach und sich ihm zuwendete. Als sich ihre Blicke trafen, begann Ayla zu lächeln.
Plötzlich verspürte er das Verlangen, mehr zu tun als nur Hauttöne zu vergleichen. Das Wissen, daß sie bereit sein würde, wenn er gleich jetzt die Wonnen mit ihr teilen wollte, beglückte ihn. Es war
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