Zyklus der Erdenkinder 05 - Ayla und der Stein des Feuers
diese Geburt mit der vorangegangenen. Es würde wirk lich leichter werden. Der Verlauf ähnelte dem bei anderen Frauen, die ganz normal entbunden hatten. Sie hatte bei Prole vas Entbindung genau aufgepasst, und musste lächeln, als sie sie nun ihre Tochter stillen sah.
»Marthona, weißt du, wo die Geburtsdecke ist? Es wird bald so weit sein«, sagte Zelandoni.
»So schnell? Das hätte ich nach diesen starken Schmerzen am Anfang nicht gedacht«, sagte Proleva und wiegte ihr Baby in den Schlaf.
»Inzwischen scheint sie es unter Kontrolle zu haben«, sagte Marthona. »Ich hole die Geburtsdecke. Liegt sie noch da, wo du sie mir gezeigt hast, Ayla?«
»Ja.« Ayla spürte, wie sich die Muskeln am ganzen Körper zusammenzogen. Zelandoni ließ Proleva und Folara die mit Zeichnungen und Symbolen geschmückte, lederne Geburtsde cke auf dem Boden ausbreiten, und winkte Marthona herbei.
»Es wird Zeit, dass wir ihr aufhelfen«, sagte sie. »Du musst aufstehen und dir vom Sog der Großen Erdmutter helfen las sen, dein Kind zu bekommen. Kannst du dich aufrichten?«
»Ja«, keuchte sie. Die Schmerzen zehrten sehr an ihr, und sie fühlte den Drang zu pressen, versuchte aber dagegenzuhalten. »Ich glaube schon.«
Gemeinsam halfen sie Ayla auf die Beine und führten sie zur Geburtsdecke. Proleva zeigte ihr die richtige Hockstellung, dann nahmen sie und Folara sie in die Mitte. Marthona stand vor ihr und lächelte ihr aufmunternd zu. Zelandoni stellte sich hinter sie, zog den Rücken der jungen Frau an ihre schweren Brüste und umschlang sie oberhalb der Bauchwölbung.
Ayla fühlte sich in der weichen, warmen Umarmung dieser gewaltigen Frau geborgen; es tat gut, sich an sie zu lehnen. Sie fühlte sich an wie die Große Mutter, wie alle Mütter auf ein mal, wie der weiche Busen der Erde selbst. Aber da war auch noch etwas anderes. Unter diesen Bergen von Fleisch verbarg sich eine enorme Kraft. Ayla war überzeugt, dass diese Frau jede Stimmung der Erdmutter selbst verkörpern konnte, von der Sanftheit eines warmen Sommertages bis zum Zorn eines tosenden Schneesturms. Wenn es ihr beliebte, konnte sie mit der Gewalt eines verheerenden Sturms toben oder die Gebor genheit und Sorge eines zarten Nebels verströmen.
»Beim nächsten Schmerz will ich, dass du presst«, sagte Ze landoni. Die beiden Frauen an Aylas Seite hielten ihr die Hän de, damit sie sich anklammern konnte.
»Ich fühle es kommen«, rief Ayla.
»Dann press!«, befahl Zelandoni.
Ayla atmete tief ein und presste, so fest sie konnte. Sie merk te, wie die Donier ihr half, das Baby hinauszudrücken. Ein Schwall warmes Wasser spritzte auf die Decke.
»Gut. Darauf habe ich gewartet«, sagte Zelandoni.
»Ich habe mich schon gefragt, wann das Wasser endlich kommt«, sagte Proleva. »Bei mir ist es so früh geflossen, dass ich fast trocken war, als das Baby endlich kam. Bei dir ist es besser. Und noch mal!«
»Los, press noch einmal, Ayla!«, rief Zelandoni. Ayla drück te und spürte eine Bewegung. »Ich kann den Kopf sehen«, sag te Marthona. »Ich bin bereit, das Baby aufzufangen.« Sie knie te sich direkt vor Ayla nieder, als die nächste Wehe kam. Ayla atmete durch und presste.
»Da ist es!«, schrie Marthona.
Ayla spürte, wie der Kopf sich nach außen schob. Der Rest war einfach. Das Baby glitt aus ihr hinaus, und Marthona fing es auf.
Ayla sah hinunter auf das nasse Bündel in Marthonas Arm und lächelte. Auch Zelandoni lachte.
»Noch ein letztes Mal drücken, Ayla, für die Nachgeburt«, sagte Zelandoni und half ihr auf. Sie presste und sah die blutige Masse auf die Geburtsdecke fallen.
Zelandoni ließ sie los und stellte sich vor die junge Mutter. Proleva und Folara halfen Ayla, während Zelandoni das Baby nahm, es auf den Bauch legte und auf den winzigen Rücken klopfte. Es röchelte leise. Zelandoni kniff dem Baby in den Fuß, und da stieß es einen ersten erstaunten Laut aus und sog zum ersten Mal die lebensspendende Luft ein. Dann ein schwa cher Schrei, eher ein Miauen, das mit jedem Atemzug kräftiger wurde.
Marthona hielt das Kind, während die Donier Ayla säuberte und ihr Blut und Flüssigkeit abwischte. Dann brachte sie sie mit Hilfe von Proleva und Folara, die sie beide stützten, zurück aufs Schlaflager. Zelandoni wickelte ein Stück Sehne um die Nabelschnur des Babys - auf Aylas Bitte war es mit Ocker rot gefärbt worden - und band sie ab, damit es nicht aus dem noch prall gefüllten Schlauch blutete. Mit einer scharfen Steinklinge durchschnitt sie die Schnur
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