Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen
wollte ich schauen, wo ich den Leopardenkadaver loswerden kann, und das Holz von der Einfriedung werde ich verschenken. Es eignet sich gut als Brennholz.«
»Wir haben einige gute Bretter für die Einfriedung verwendet. Die sind zu schade, um verfeuert zu werden«, widersprach Willamar.
»Du kannst sie alle haben, Willamar. Ich will sie nicht einmal mehr sehen.« Ayla erschauerte.
»Ja, entscheide du doch, was mit dem Holz anzufangen ist, Willamar. Da sind wirklich gute Stücke dabei.« Jondalar dachte bei sich, dass der Schneeleopard Ayla nicht nur einen großen Schrecken eingejagt, sondern sie auch wütend gemacht hatte. Vermutlich würde sie die Einfriedung eigenhändig verbrennen, nur um sie loszuwerden.
»Woher wisst ihr, dass es ein Schneeleopard war?«, fragte Willamar. »Die gibt es hier sonst nicht, zumindest im Sommer nie, soweit ich mich erinnern kann.«
»Als wir zum Pferch kamen, sahen wir die Überreste des Leoparden, aber von den Pferden war nichts zu sehen«, erwiderte Jondalar. »Ayla fand ein grauweißes, dunkel geflecktes Fell mit einem langen, buschigen Schwanz und erkannte, dass es von einem Schneeleoparden stammte.«
»Klingt so, als ob sie Recht hatte. Aber Schneeleoparden bevorzugen das Hochland und die Berge, und sie jagen Steinböcke, Gämsen und Mufflons, für gewöhnlich keine Pferde.«
»Ayla meinte, es sei ein junges Tier gewesen, vermutlich ein männliches.«
»Vielleicht kommen die Bergtiere in diesem Jahr früh herunter«, sagte Marthona. »Wenn das stimmt, könnte es bedeuten, dass der Sommer kurz wird.«
»Dann sollten wir mit Joharran darüber sprechen. Bald ein paar größere Jagden zu planen und früh genügend Fleisch einzulagern, könnte sich als klug erweisen. Ein kurzer Sommer deutet womöglich auf einen langen, kalten Winter hin«, gab Willamar zu bedenken.
»Und wir sollten am besten alles sammeln, was reif ist, ehe das kalte Wetter einsetzt«, fügte Marthona hinzu. »Wenn nötig noch vor der Reife. Ich erinnere mich an ein Jahr vor langer Zeit, als wir nur sehr wenige Früchte gepflückt haben und Wurzeln aus fast gefrorenem Boden graben mussten.«
»Das weiß ich auch noch«, meinte Willamar. »Ich glaube, das war noch bevor Joconan Anführer wurde.«
»Stimmt. Wir waren noch nicht verbunden, hatten aber Gefallen aneinander gefunden. Wenn ich mich recht entsinne, gab es damals einige schlechte Jahre.«
Die Erste hatte keine Erinnerung daran. Vermutlich war sie um die Zeit noch sehr klein gewesen. »Was haben die Leute gemacht?«, fragte sie.
»Zuerst wollte keiner glauben, dass der Sommer so schnell vorbei sein könnte«, erwiderte Willamar. »Und dann haben sich alle beeilt, genügend Nahrung für den Winter einzulagern. Das war auch vernünftig, denn es blieb sehr lange kalt.«
»Die Leute sollten gewarnt werden«, sagte die Erste Unter Denen, Die Der Großen Erdmutter Dienen.
»Wie könnt ihr euch so sicher sein, dass es ein kurzer Sommer wird? Das war doch nur ein einziger Schneeleopard«, meinte Jondalar.
Ayla dachte genauso, behielt es aber für sich.
»Man muss sich nicht sicher sein«, entgegnete Marthona. »Zusätzliches Fleisch und Beeren zu trocknen oder frühzeitig mehr Wurzeln und Nüsse einzulagern kann nicht schaden, auch wenn es dann nicht kalt wird. Die Vorräte werden später aufgebraucht. Aber wenn wir nicht genug haben, werden die Menschen hungern.«
»Wie gesagt, ich wollte mit dir sprechen, Ayla«, sagte die Erste. »Ich habe überlegt, wann wir deine Donier-Reise antreten sollten. Ich war mir nicht sicher, ob es besser wäre, früh aufzubrechen oder den Sommer abzuwarten, vielleicht sogar die zweite Hochzeitszeremonie. Jetzt bin ich der Meinung, dass wir uns so bald wie möglich auf den Weg machen sollten. Gleichzeitig können wir die Leute auf einen frühen Wintereinbruch hinweisen. Die Vierzehnte wird die Leitung der späten Hochzeitszeremonie bestimmt gern übernehmen. Ich glaube sowieso nicht, dass es viele Paare geben wird. Vermutlich nur die wenigen, die sich in diesem Sommer kennengelernt und entschieden haben. Ich weiß von zwei Paaren, die sich ihrer noch nicht sicher sind, und von einem, dessen Höhlen sich erst noch einigen müssen. Glaubst du, du könntest in ein paar Tagen zum Aufbruch bereit sein?«
»Bestimmt. Und wenn wir von hier fortgehen, brauche ich auch keinen anderen Platz für die Pferde zu suchen«, erwiderte Ayla.
»Schaut euch diese Menschenmenge an!« Danella deutete auf die Menschen, die sich in kleinen Gruppen um die
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