Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen
Erste, aber mit interessanten Nuancen, beinahe so, als wäre es auf sich selbst zurückgeworfen worden. Als die Erste an eine Stelle im Lied kam, die sie für angemessen hielt, verstummte sie. Schweigend ging die Gruppe weiter.
Auf der rechten Seite der Höhle kamen sie an eine große Ansammlung von stalagmitischem Gestein und herabgestürzten Felsbrocken. Diesmal nahm die Wächterin sie mit auf die linke Seite der Höhle im tiefsten Teil des Schlafraums der Bären. Den Stalagmiten und Gesteinsbrocken gegenüber hing ein großer Felsen in Form einer Klinge von der Decke herab. Die Steine kennzeichneten den Anfang einer neuen Kammer mit einer hohen Decke, die jedoch nach hinten abfiel. Im Gegensatz zum Schlafplatz der Bären hingen hier viele Tropfsteingebilde von der Decke und an den Wänden.
Als sie an den aus der Decke ragenden Fels kamen, klopfte die Wächterin mit ihrer Fackel an eine Felskante, woraufhin das Licht heller erstrahlte. Dann hielt sie die Fackel in die Höhe, damit die Besucher die Oberfläche des Wandbildes sehen konnten. Knapp über dem unteren Teil war, nach links schauend, ein getupfter Leopard in roter Farbe zu erkennen! Ayla, Jondalar und Jonokol hatten noch nie die Zeichnung eines Leoparden an den Wänden einer heiligen Stätte gesehen. Sein langer Schwanz ließ Ayla auf den Gedanken kommen, dass es sich wahrscheinlich um einen Schneeleoparden handelte. Am Ende des Leopardenschwanzes befand sich eine breite Kalzitabsonderung und auf der anderen Seite ein großer roter Fleck. Niemand verstand den Grund für die großen roten Tupfen an dieser Stelle oder gar, was der Leopard bedeutete, aber es handelte sich zweifelsohne um eine solche Raubkatze.
Das galt nicht für das Tier direkt darüber mit Blickrichtung nach rechts. Die massiven Schultern und die Form des Kopfes hätte man fast mit einem Bären verwechseln können, doch anhand des dünnen Körpers, der langen Beine und Flecken am Oberkörper wusste Ayla, dass es eine Höhlenhyäne war! Sie kannte Hyänen und wusste, dass sie wuchtige Schultern hatten. Die Kopfform des gezeichneten Tieres glich der eines Höhlenbären, aber die Schnauze war etwas länger.
»Seht ihr den anderen Bären darüber?«, fragte die Wächterin.
Plötzlich erblickte Ayla eine andere Figur über der Hyäne. An den schwachen roten Linien erkannte Ayla den deutlichen Umriss eines Höhlenbären, der im Gegensatz zur Hyäne nach links schaute. Sie begann, Vergleiche anzustellen.
»Ich glaube nicht, dass das getupfte Tier ein Bär ist, sondern eine Höhlenhyäne«, sagte Ayla.
»Das meinen manche, aber der Kopf ist so bärenartig«, entgegnete die Wächterin.
»Die Köpfe der beiden Tiere sind sehr ähnlich«, stimmte Ayla zu. »Aber die Hyäne in der Zeichnung hat eine lange Schnauze und keine erkennbaren Ohren. Das stoppelige Haarbüschel auf dem Kopf ist typisch für eine Hyäne.«
Die Wächterin widersprach nicht. Den Menschen stand es frei, sich eigene Gedanken zu machen, doch die Gehilfin hatte ein paar interessante Beobachtungen angestellt. Die Frau wies anschließend auf eine weitere Raubkatze hin, die auf einem schmalen Wandbild an der Unterseite der von der Decke hängenden Felssäule verborgen war, und fragte, welche Art von Raubkatze es ihrer Meinung nach sei. Ayla war sich nicht sicher, es gab keine eindeutigen Markierungen auf dem Fell, auch war das Tier in die Länge gezogen, um den Platz auszufüllen, doch wenn sie es recht bedachte, ähnelte das katzenartige Gebilde vielleicht einem Wiesel. Kurz darauf wurden sie wieder auf die linke Seite der Kammer geführt. Zunächst fanden sie dort viele Tropfsteinformationen vor, aber keine Zeichnungen.
Auf ihrem Weg durch die Passage kamen sie an ein langes Wandbild. Eine kalkhaltige Formation schmückte die Wand mit Faltenwürfen und Schnüren aus Rot, Orange und Gelb, die nicht ganz bis in die kegelförmigen Erhebungen darunter reichten. Tropfsteingebilde, die wie erstarrte Bäche aussahen, schienen an den steinernen Vorhängen herabzurinnen und zwischen sich Raum zu lassen, in den eigenartige Zeichen gemalt worden waren.
Das eine glich einem langgezogenen Rechteck, aus dessen Seiten Linien traten. Es erinnerte Ayla an eine sehr große Darstellung eines dieser kriechenden Geschöpfe mit vielen Beinen, vielleicht eine Raupe. Daneben entdeckte sie eine Gestalt, die zu beiden Seite so etwas wie Flügel hatte.
Es hätte ein Schmetterling sein können, das nächste Stadium im Leben einer Raupe, aber es war nicht so
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