Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen

Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen

Titel: Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
Vom Netzwerk:
äußerten, etwas zu probieren, gab man ihnen ein Werkzeug und zeigte ihnen, wie es zu handhaben war. Manchmal fanden sie selbst ein Werkzeug und versuchten, diese oder jene Tätigkeit nachzuahmen. Wenn sie wirklich großes Geschick oder Interesse an den Tag legten, fertigte man ihnen vielleicht ein Werkzeug in kindgerechter Größe, doch war das weniger ein Spielzeug als vielmehr ein volltaugliches Gerät, wenn auch in kleinerer Ausführung.
Eine Ausnahme bildeten Puppen, obwohl es nicht einfach war, einen lebensechten Säugling nachzubilden. Kleine Jungen und Mädchen bekamen, wenn sie es sich wünschten, menschliche Figuren verschiedener Größe. Zudem wurden echte Kleinkinder häufig von ihren nur wenig älteren Geschwistern versorgt, meist unter dem wachsamen Auge eines Erwachsenen.
Bei gemeinschaftlichen Unternehmungen wurden die Kinder unweigerlich miteinbezogen. Alle wurden ermuntert, bei den Tänzen und Liedern mitzumachen, die Bestandteil der Feste waren, und wer dafür eine besondere Begabung zeigte, wurde gefördert. Begriffe wie Zählwörter lernten die Kinder eher zufällig, etwa wenn Geschichten erzählt wurden, bei Spielen oder Unterhaltungen. Bisweilen allerdings scharten die Zelandonia eine Gruppe Kinder um sich, um ihnen eine besondere Vorstellung oder eine bestimmte Tätigkeit zu erklären.
»Normalerweise reite ich mit Jonde«, sagte Jonayla. »Kann er auch mitkommen?«
Ayla zögerte einen Moment. »Warum nicht, wenn er möchte.«
»Wo ist er denn?« Jonayla sah sich um, plötzlich wurde ihr bewusst, dass Jondalar nicht da war. »Das weiß ich nicht«, sagte Ayla.
»Sonst war er immer hier, wenn ich schlafen gegangen bin. Ich freu mich, dass du hier bist, Mutter, aber ich mag es lieber, wenn ihr beide hier seid.«
Die Worte ihrer Tochter versetzten Ayla einen Stich. Ich auch, dachte sie. Aber er will mit Marona zusammen sein.
    Als Ayla am nächsten Morgen aufwachte, dauerte es einen Moment, bis ihr bewusst wurde, wo sie war. Der Raum, in dem sie schlief, war ihr nicht unvertraut, zu oft hatte sie in ähnlichen Behausungen geschlafen. Dann fiel es ihr ein. Sie war beim Sommertreffen. Sie schaute zu der Stelle, an der ihre Tochter immer schlief. Jonayla war bereits fort. Das Kind wachte meist mit einem Ruck auf und sprang sofort von der Schlafstatt auf. Ayla blickte zu Jondalars Platz. Er war nicht da und ganz eindeutig die ganze Nacht nicht da gewesen. Dann fiel ihr alles wieder ein. Beim Gedanken, wo er gewesen sein könnte, stiegen ihr heiße Tränen in die Augen und drohten überzufließen.
    Ayla hatte sich die meisten Sitten ihres Adoptiwolkes angeeignet, sie kannte die Überlieferungen und Legenden, die ihr halfen, die Gebräuche zu verstehen, doch sie war nicht in dieser Kultur geboren, sie hatte das angemessene Verhalten nicht von klein auf erlernt. Sie kannte auch die Einstellung der Zelandonii zu Eifersucht, hauptsächlich allerdings in Bezug auf Jondalars mangelnde Selbstbeherrschung in sehr jungen Jahren. Sie glaubte, unter Beweis stellen zu müssen, dass sie sich und ihre Gefühle unter Kontrolle hatte.
    Ihre Erfahrung in der Höhle hatte ihr körperlich und emotional alles abverlangt, sie konnte noch nicht wieder wirklich klar denken. Sie hatte Angst, jemanden um Hilfe zu bitten, fürchtete, sie würde damit nur unter Beweis stellen, dass sie sich ebenso wenig zu beherrschen vermochte wie Jondalar. Doch sie war derart getroffen, dass sie unbewusst um sich schlagen wollte, damit Jondalar ihren eigenen Schmerz zu spüren bekam. Er hatte ihr wehgetan, und nun wollte sie ihm wehtun. Er sollte sein Verhalten bereuen. Ayla überlegte sogar, in die Höhle zurückzukehren und die Große Mutter zu bitten, sie zu sich zu nehmen, nur damit es Jondalar wirklich leidtat.
    Sie schluckte die Tränen hinunter. Ich werde nicht weinen, sagte sie sich. Ihre Tränen zu beherrschen hatte sie schon vor langem gelernt, in der Zeit, als sie beim Clan lebte. Niemand soll wissen, was in mir vorgeht. Ich werde tun, als wäre nichts passiert. Ich werde Freunde besuchen, ich werde bei allen Unternehmungen mitmachen, ich werde mich mit den anderen Gehilfen zusammensetzen, ich werde alles tun, was man von mir erwartet.
Ayla lag in ihren Fellen und nahm all ihren Mut zusammen, um aufzustehen und sich dem Tag zu stellen. Ich muss mit Zelandoni sprechen und ihr sagen, was in der Höhle geschehen ist. Es wird nicht leicht sein, ihr etwas vorzuenthalten. Sie weiß alles. Aber sie darf es nicht erfahren. Ich darf ihr

Weitere Kostenlose Bücher