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Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen

Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen

Titel: Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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blieben, oder wenn eine Frau einen kranken Gefährten verließ, musste sie Wiedergutmachung leisten. Wenn sie in der Höhle lebten, in der die Frau geboren war, konnte sie die Höhlenangehörigen bitten, den ungeliebten Gefährten zum Gehen aufzufordern - in dem Fall war die Höhle seiner Mutter verpflichtet, ihn wieder aufzunehmen. Zumeist wurde ein Grund genannt, etwa, dass der Gefährte zu ihr oder ihren Kindern grausam war, dass er faul war und nicht genügend zum Überleben beitrug, obwohl das nicht immer der wahre Grund war. Womöglich achtete er sie nicht genügend, oder sie war an einem anderen Mann interessiert, oder sie wollte einfach nicht mehr mit ihm oder überhaupt einem Mann zusammenleben.
Bisweilen erklärte der eine oder andere Partner oder auch beide lediglich, sie wollten nicht mehr zusammenleben. Die Sorge der Höhle galt vor allem den Kindern, und sofern diese versorgt oder bereits erwachsen waren, galten die meisten Abkommen, die das Paar traf, als annehmbar. Waren keine Kinder betroffen und gab es keine anderen heiklen Begleitumstände wie etwa die Krankheit eines Familienmitglieds, war es sowohl für eine Frau als auch für einen Mann verhältnismäßig leicht, den Knoten zu lösen und damit die Verbindung zu trennen. Meist war dazu nicht mehr erforderlich, als den symbolischen Knoten in einer Schnur zu durchschneiden und auszuziehen.
In all diesen Situationen konnte sich Eifersucht überaus zerstörerisch auswirken, deshalb wurde sie in keinem Fall hingenommen. Wenn notwendig, schritt die Höhle ein.
Natürlich wurde niemand daran gehindert, sich einer Strafe zu entziehen und einfach die Sachen zu packen und fortzugehen, doch für gewöhnlich erfuhren die anderen Höhlen früher oder später von derartigen Trennungen und zögerten nicht, ebenfalls Druck auszuüben. Die Person wurde dann zwar nicht vertrieben, aber auch nicht als willkommenes Mitglied behandelt. Um einer Strafe zu entgehen, musste jemand schon willens sein, allein zu leben oder sehr weit weg zu ziehen und unter Fremden zu leben, und dazu waren die Allerwenigsten bereit.
Was Dalanar betraf, so hatte er bereitwillig weit mehr als nur die geforderte Wiedergutmachung geleistet. Er hatte keine andere Frau, er liebte Marthona nach wie vor, nur konnte er es nicht mehr ertragen, mit ihr zusammenzuleben, solange sie einen Großteil ihrer Zeit und Aufmerksamkeit den Bedürfnissen der Neunten Höhle widmete. Er tauschte Besitztümer ein, um die Gesamtstrafe so bald wie möglich zu begleichen, damit er fortgehen konnte, doch er hatte keineswegs vorgehabt, nicht zurückzukommen. Er wollte nur weggehen, weil die Situation ihn zu sehr bedrückte, und nachdem er einmal aufgebrochen war, reiste er einfach immer weiter, bis er im entlegenen Osten in die Vorberge gelangte, wo er auf eine Feuersteinmine stieß, und dort blieb er.
    Ayla war noch hellwach, als Jonayla und Wolf ins Zelt kamen. Sie stand auf und half ihrer Tochter beim Zubettgehen. Nachdem sie sich ein wenig mit Wolf beschäftigt hatte, ging er zu dem Platz, den sie ihm mit seinen Decken eingerichtet hatte. Sie begrüßte ein paar andere, die in die geräumige Unterkunft kamen.
    »Wo bist du gewesen, Mutter?«, fragte Jonayla. »Du warst nicht hier, als ich mit Zelandoni zurückgekommen bin.«
    »Ich bin auf Winnie ausgeritten«, antwortete Ayla. Dem kleinen Mädchen, das Reiten über alles liebte, genügte diese Erklärung vollauf.
    »Können wir das morgen zusammen machen? Ich war schon lange nicht mehr mit Grau reiten.«
»Wie lange nicht?«, fragte Ayla lächelnd.
»So viele Tage.« Jonayla hielt zwei Finger einer Hand und drei Finger der anderen hoch. Sie hatte das Zählen noch nicht ganz verinnerlicht, insbesondere fiel es ihr schwer, eine Anzahl von Fingern mit einer Anzahl von Tagen in Zusammenhang zu bringen.
Ayla lächelte wieder. »Kennst du die Zählwörter dafür?« Sie berührte jeden Finger einzeln, um ihrer Tochter bei der Aufgabe zu helfen.
»Eins, zwei, vier ...«, begann Jonayla.
»Nein, drei, dann vier.«
»Drei, vier, fünf!«, beendete Jonayla die Aufzählung.
»Sehr gut!«, lobte Ayla. »Ja, ich glaube, wir können morgen zusammen ausreiten.«
Kinder wurden nicht von Erwachsenen getrennt, um regelmäßig unterwiesen zu werden. Vorwiegend lernten sie durch Beobachtung und Nachahmung. Kleine Kinder waren die meiste Zeit in der Gesellschaft eines Erwachsenen, der auf sie aufpasste, bis sie den Drang zeigten, selbst etwas zu erkunden, und wenn sie den Wunsch

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