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Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen

Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen

Titel: Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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Erfahrungen mit denen, die sie den Clan nennt, leugnet weder die Legenden noch das Lied von der Mutter. Vielmehr ergänzt und erklärt sie diese. Mich wundert nur, dass diejenigen, die wir so lange Tiere genannt haben, ein so großes Wissen über die Mutter haben, sie aber trotz ihres >Gedächtnisses< die Mutter nicht erkennen.«
Die Zelandonia waren erleichtert. Das, was sich zunächst wie ein grundlegender Konflikt von Überzeugungen darstellte, hatte die Erste so auszulegen vermocht, dass keine Widersprüche zurückblieben. Die Deutung der Ersten trieb keinen Keil zwischen sie, sondern bestärkte ihren Glauben vielmehr. Sie konnten vielleicht anerkennen, dass diejenigen, die sie Flachschädel nannten, auf ihre Art Intelligenz besaßen, aber die Zelandonia mussten daran festhalten können, dass der Glaube jener Menschen ihrem eigenen Glauben unterlegen war: Die Flachschädel hatten die Große Erdmutter nicht erkannt.
»Dann hat also diese Wurzel die schwarze Leere und die merkwürdigen Lebewesen hervorgerufen«, stellte der Zelandoni der Fünften fest.
»Die Wurzel ist sehr mächtig. Als ich den Clan verließ, nahm ich etwas davon mit. Nicht absichtlich, die Stücke lagen einfach in meinem Medizinbeutel. Nachdem ich eine Mamutoi geworden war, erzählte ich Mamut von der Wurzel und meiner Erfahrung mit Creb in der Höhle. Als junger Mann war Mamut auf einer Reise einmal verletzt worden, und eine Medizinfrau des Clans hatte ihn geheilt. Er blieb eine Weile bei ihnen, lernte einige ihrer Sitten und Gebräuche und nahm mit den Clan-Männern an mindestens einer Zeremonie teil. Er wollte, dass wir die Wurzel gemeinsam probieren. Er dachte wohl, wenn Creb sie beherrschen konnte, dann konnte er es auch. Aber es gibt Unterschiede zwischen dem Clan und den Anderen. Mit Mamut gingen wir nicht zu Vergangenem zurück, sondern gelangten an einen völlig anderen Ort. Ich weiß nicht, wohin, es war sehr, sehr fremdartig und angsteinflößend. Wir durchquerten diese Leere und wären fast nicht zurückgekehrt, aber ... jemand ... wollte uns unbedingt zurückhaben, sein Wunsch überwältigte alles andere.«
Ayla schaute auf ihre Hände. »Seine Liebe war so stark ... damals«, sagte sie im Flüsterton. Nur die Erste bemerkte den Schmerz in ihren Augen, als sie aufblickte. »Mamut sagte, er werde die Wurzel nie wieder verwenden. Er habe Angst, sich in der Leere zu verlieren und nicht mehr zurückzukommen, aber auch nie die nächste Welt zu finden. Mamut riet mir, sollte ich die Wurzel je wieder probieren, müsste ich sicherstellen, dass ich einen sehr starken Schutz hätte, sonst würde ich womöglich nie zurückkehren.«
»Hast du noch etwas von der Wurzel?«, fragte die Erste rasch.
»Ja. In den Bergen bei den Sharamudoi habe ich sie wieder gefunden, aber seitdem nicht mehr. Ich glaube, hier wächst sie nicht«, antwortete Ayla.
»Und ist die Wurzel, die du hast, noch gut? Deine Reise ist sehr lange her«, hakte die beleibte Frau nach.
»Iza sagte, wenn man die Wurzel richtig trocknet und dunkel aufbewahrt, wird sie stärker, je älter sie wird«, erwiderte Ayla. Die Eine, Die Die Erste Ist, nickte, aber mehr zu sich selbst.
»Ich hatte den Eindruck, als hättest du die Schmerzen einer Geburt empfunden«, bemerkte die Zelandoni der Südland-Höhle. »Bist du bei einer Niederkunft je dem Tod nahe gewesen?«
Ayla hatte der Ersten von der qualvollen Geburt ihres ersten Kindes erzählt, ihres Sohnes von gemischten Geistern, und die Erste dachte für sich, das könnte Aylas Geburtserlebnis in der Höhle zumindest zum Teil erklären, hielt es aber nicht für notwendig, das allen zu erläutern.
»Ich glaube, die wichtigste Frage ist die, der wir bislang alle aus dem Weg gegangen sind«, unterbrach die Erste. »Das Lied von der Mutter ist vermutlich die älteste Legende der Alten. In unterschiedlichen Höhlen mit unterschiedlichen Traditionen kann es geringfügige Abweichungen geben, der Inhalt aber ist immer derselbe. Würdest du es uns vortragen, Ayla? Nicht das ganze Lied, nur den letzten Teil.«
Ayla nickte, schloss die Augen, überlegte, an welcher Stelle sie anfangen sollte.
    Mit donnerndem Brausen zerbersten die Steine, Und aus der Höhlung der tiefsten Gebeine Hat sie noch einmal aus der Fülle der Macht Die Erdenkinder hervorgebracht.
    Aus der Mutter Qual wächst der Kinder Zahl.
    Ein jedes ist anders, und doch voller Leben, Sie laufen und kriechen, schwimmen und schweben. Ihr Geist ist vollendet, die Form vollkommen Und wird als

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