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Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen

Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen

Titel: Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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Urform von nun angenommen.
    Nach der Mutter Willen wird die Erde sich füllen.
    Die Großen und Kleinen, jedwedes Getier Mehren der Mutter Freude und bleiben bei ihr. Durchstreifen allein oder mit ihrer Herde Die weiten Gefilde der Urmutter Erde.
    Es flieht kein Tier. Sie bleiben bei ihr.
    Ayla hatte eher zögerlich begonnen, doch je mehr sie sich in das Lied einfühlte, desto voller wurde ihre Stimme, desto sicherer ihr Vortrag.
    Voller Stolz blickt sie auf die Kinderschar,
Doch die Lebenskraft schwindet, sie sieht die Gefahr. Nur eins noch bleibt: das Kind zu gebären, Das die Schöpfung erinnert und lernt, sie zu ehren.
    Ein Kind, das ehrt und zu schützen begehrt.
    Lebendig und stark wird die Frau geboren Und zur Hüterin des Lebens erkoren. Sie erhält die Gaben, und gleich Mutter Erd' Erkennt sie erwachend des Lebens Wert.
    Die Erste der Art. Die das Leben bewahrt.
    Es folgen Begreifen und Unterscheiden, Das Bestreben zu lernen, Gefahr zu vermeiden, Das innere Wissen, das sie braucht, um zu leben, Und um dieses Leben weiterzugeben.
    Sie wird entfalten, was sie erhalten.
Die Mutter fühlt die Schöpfungskraft vergehen, Doch der Geist des Lebens wir fortbestehen, Aus ihren Kindern wird neues Leben entspringen. Auch die Frau vermag Kinder hervorzubringen.
    Doch die Frau ist allein. Will es nicht sein. Die Mutter denkt an ihr eigenes Leid, An des schimmernden Freundes Zärtlichkeit.
    Aus dem letzten Funken erschafft sie dann Der Frau zum Gefährten den Ersten Mann.
Mit letzter Kraft sie den Mann erschafft.
    Ayla sprach mittlerweile so flüssig Zelandonii, dass kaum jemand mehr ihren Akzent bemerkte. Alle waren an ihre Art gewöhnt, bestimmte Wörter auszusprechen. Es kam ihnen normal vor. Doch als Ayla jetzt die altvertrauten Strophen wiederholte, erhielten die Zeilen durch ihre ungewöhnliche Aussprache etwas Fremdartiges, leicht Geheimnisvolles, und es schien, als käme das Lied von einem anderen, vielleicht sogar außerweltlichen Ort.
    Als sie Frau und Mann hervorgebracht, Die Erde sie ihnen als Heimstatt vermacht, Land und Wasser und alles, was darin enthalten, Es sorgsam zu nutzen und klug zu verwalten.
    Die Erde zu hegen. Und treu zu pflegen.
    Als die Kinder der Erde das Nötigste haben, Beschließt die Mutter, den übrigen Gaben Die Gabe der Wonnen hinzuzufügen, Damit sie sie ehren durch ihr Vergnügen.
    Die Gabe ist wert, wer die Mutter ehrt.
    Die Mutter ist zufrieden mit Frau und Mann. Sie hat gegeben, was sie geben kann. Hat sie fühlen, lieben und sorgen gelehrt, Ihnen die Gabe der Wonnen beschert. Die Kinder haben die Lebensgaben.
    Hier endete das Lied für gewöhnlich, und Ayla zögerte einen Moment, ehe sie fortfuhr. Dann holte sie Luft und rezitierte die Strophe, die in der Höhle ihren Kopf mit ihrer dröhnenden gereimten Resonanz vollkommen ausgefüllt hatte.
    Als letzte Gabe die Kenntnis, ihre Kinder zu lehren Des Mannes Saft bedarf es, um das Leben zu mehren.
Es ehrt die Mutter, teilt ein Paar die Wonnen,
Dann wird in der Frau neues Leben begonnen.
    Zufrieden nun, kann die Mutter ruhn.
    Als sie verstummte, herrschte unbehagliches Schweigen. Die mächtigen Frauen und Männer wussten nicht so recht, was sie sagen sollten. Schließlich meldete sich die Zelandoni der Vierzehnten Höhle zu Wort. »Diese Strophe oder etwas in der Art habe ich noch nie gehört.«
    »Ich auch nicht«, pflichtete die Erste bei. »Die Frage ist, was hat sie zu bedeuten?«
»Was meinst du?«, fragte die Vierzehnte.
»Ich glaube, sie bedeutet, dass nicht allein die Frau neues Leben schafft«, antwortete die Erste.
»Nein, natürlich nicht. Das war doch immer schon bekannt, dass der Geist eines Mannes mit dem Geist einer Frau vermischt wird, damit neues Leben entsteht«, meldete sich der Elfte zu Wort.
»Die Strophe spricht nicht von >Geist<«, wandte Ayla ein. »Sie besagt, dass die Frau beim Teilen der Wonnen empfängt. Was zählt, ist nicht nur der Geist eines Mannes; neues Leben kann nur beginnen, wenn seine Lust gestillt wird. Ein Kind stammt ebenso vom Mann wie von der Frau, es ist von seinem wie von ihrem Körper. Erst die Verbindung von Mann und Frau lässt Leben entstehen.«
»Willst du damit sagen, dass das Paaren nicht den Wonnen dient?«, fragte der Dritte ungläubig.
»Niemand bezweifelt, dass das Verbinden eine Wonne ist«, antwortete die Erste lächelnd. »Ich glaube, die Strophe bedeutet, dass Donis Geschenk mehr ist als nur die Gabe der Wonnen. Sie ist ein weiteres Geschenk des Lebens. Die Große Erdmutter

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