Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen
leicht ansteigendes Gelände etwa zehn Kilometer in nordwestlicher Richtung durch das Tal am Waldfluss, ein sehr angenehmer Beginn des Trecks. An einem Zufluss, der über einen Hang zur Linken herabströmte, machte Manvelar Halt. Zeit für eine Rast, damit einige Nachzügler aufschließen konnten. Die meisten entfachten kleine Feuer, um Tee zu kochen, die Kinder zu füttern und etwas Reiseproviant zu verzehren, getrocknete Fleischstreifen, Früchte oder Nüsse, die noch von der Ernte übrig waren. Andere aßen von den speziellen Reisefladen, eine Mischung aus fein gemahlenem, getrocknetem Fleisch, getrockneten Beeren oder anderen kleinen Fruchtstücken und Fett, geformt zu runden, flachen Fladen und in essbare Blätter eingewickelt. Sie waren nahrhaft und kraftspendend, erforderten aber einige Mühe bei der Herstellung, und die meisten hoben sie für später auf, wenn sie große Entfernungen rasch zurücklegen mussten oder Wild auflauerten und kein Feuer anzünden wollten.
»Hier biegen wir ab«, sagte Manvelar. »Wenn wir jetzt direkt nach Westen gehen, dürften wir, sobald wir den Westfluss erreichen, nicht mehr fern von der Sechsundzwanzigsten Höhle und der Schwemmebene sein, auf der das Sommertreffen abgehalten wird.« Er saß mit Joharran und einigen anderen zusammen. Sie blickten zu den Hügeln, die sich am Westufer erhoben, und dem rauschenden Bach am Hang.
»Sollen wir hier das Nachtlager aufschlagen?«, fragte Joharran und schaute zum Himmel, um den Sonnenstand zu überprüfen. »Es ist zwar noch früh, aber wir sind heute Morgen spät losgekommen, und der Aufstieg sieht ziemlich schwer aus. Ausgeruht könnten wir ihn vielleicht besser bewältigen.«
»Nur das nächste Stück, auf der Anhöhe wird es dann ebener«, erwiderte Manvelar. »Für gewöhnlich nehme ich zuerst den Aufstieg in Angriff und schlage dann das Nachtlager auf.«
»Du hast vermutlich Recht«, meinte Joharran. »Besser, es hinter sich zu bringen und am Morgen erfrischt weiterzuziehen, aber manche haben mit dem Aufstieg womöglich größere Probleme als andere.« Er warf seinem Bruder einen vielsagenden Blick zu und schaute dann aus den Augenwinkeln zu ihrer Mutter, die gerade eingetroffen war und dankbar zu sein schien, sich setzen und ausruhen zu können. Ihm war aufgefallen, dass sie sich diesmal schwerer tat als sonst.
Jondalar verstand die stumme Botschaft und wandte sich an Ayla. »Was hältst du davon, wenn wir die Nachhut bilden und den Nachzüglern helfen, die weiter zurückgeblieben sind?« Er deutete auf einige, die noch kamen.
»Ja, gute Idee. Die Pferde halten sich sowieso lieber hinter allen anderen.« Sie hob Jonayla hoch und klopfte ihr auf den Rücken. Die Kleine hatte fertiggetrunken, wollte aber noch mit der Brust ihrer Mutter spielen. Jonayla war wach und zappelig und gluckste über Wolf, der zufällig hinter ihnen war. Er streckte den Kopf vor und leckte ihr die Milchtropfen vom Kinn ab, was sie noch mehr glucksen ließ.
Auch Ayla hatte den stummen Austausch zwischen Joharran und Jondalar mitbekommen und ebenfalls bemerkt, dass Marthona im Lauf des Tages immer langsamer geworden war. Außerdem war ihr aufgefallen, dass Zelandoni, die gerade eintraf, ebenfalls zurückgefallen war, doch sie wusste nicht genau, ob das bei ihr an Ermüdung lag, oder ob sie bewusst langsam gegangen war, um mit Marthona Schritt zu halten.
»Gibt es noch heißes Wasser für Tee?«, fragte Zelandoni, als sie zu ihnen aufschloss. Sie zog den Beutel heraus, in dem sie ihre Arzneien aufbewahrte, und machte sich daran, ihren Tee aufzugießen. »Hast du schon Tee getrunken, Marthona?« Noch bevor die Frau den Kopf schüttelte, fuhr die Donier fort: »Ich mache dir welchen, zusammen mit meinem.«
Ayla beobachtete die beiden genau. Zelandoni war also nicht entgangen, wie schwer Marthona die Wanderung fiel, und sie bereitete ihr deshalb einen medizinischen Tee zu. Marthona selbst war sich dessen ebenfalls bewusst. Viele schienen sich Sorgen um die Frau zu machen, behielten es jedoch für sich. Ayla konnte es in ihren Gesichtern lesen. Sie beschloss, Zelandoni Gesellschaft zu leisten.
»Jondalar, würdest du bitte Jonayla nehmen? Sie ist gestillt, hellwach und will spielen.« Ayla reichte ihm die Kleine.
Jonayla fuchtelte mit den Armen und strahlte ihn an, und Jondalar lächelte zurück, als er sie nahm. Es war nicht zu übersehen, wie vernarrt er in das kleine Mädchen war, dieses Kind seines Herdfeuers. Ihm schien es nie etwas auszumachen,
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