Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen
mitnehmen würde, war das meiste getrocknet. Durch Trocknen wurden die Nahrungsmittel lange haltbar, und sie waren leichter, daher konnte man mehr mitnehmen und hatte auch nach der Ankunft noch genug zu essen, bis am Lagerplatz des diesjährigen Sommertreffens wieder Gruppen für das Jagen und Sammeln zusammengestellt wurden.
Die jährlichen Zusammenkünfte fanden in regelmäßigem Wechsel auf einem dafür geeigneten Gelände statt. Es gab nur bestimmte Flächen, die ein Sommertreffen aufnehmen konnten, und jede davon musste nach diesem einen Sommer mehrere Jahre ruhen, bevor man sich dort wieder versammeln konnte. Wenn so viele Menschen an einem Ort zusammenkamen - etwa ein- bis zweitausend -, war am Ende des Sommers alles, was die Natur bereitstellte, aufgebraucht, und die Erde musste sich erholen. Im Jahr zuvor waren sie dem Hauptfluss etwa vierzig Kilometer nach Norden gefolgt. Dieses Jahr würden sie sich nach Westen wenden, bis sie einen anderen Wasserlauf, den Westfluss, erreichten, der mehr oder weniger parallel zum Hauptfluss verlief.
Joharran und Proleva beendeten in ihrer Wohnstätte ihr Mittagsmahl, zusammen mit Solaban und Rushemar. Ramara, Solabans Gefährtin, und ihr Sohn Robenan waren gerade mit Provelas Sohn Jaradal gegangen. Beide Jungen zählten sechs Jahre. Sethona, Prolevas kleine Tochter, war in deren Armen eingeschlafen, und sie wollte schon aufstehen, um die Kleine hinzulegen. Als sie ein Klopfen auf das steife Stück ungegerbten Leders neben dem Eingang hörte, dachte sie, Ramara hätte wohl etwas vergessen und käme zurück, daher war sie überrascht, als auf ihren Ruf hin eine viel jüngere Frau den Wohnplatz betrat.
»Galeya!«, rief Proleva. Wenngleich Galeya fast von Geburt an mit Joharrans Schwester Folara befreundet war und oft mit ihrer Freundin zu ihnen kam, tat sie das selten allein.
Joharran blickte auf. »Bist du schon zurück?«, fragte er und wandte sich an die anderen. »Da Galeya eine schnelle Läuferin ist, habe ich sie heute Morgen zur Dritten Höhle geschickt, um zu erfahren, wann Manvelar aufbrechen will.«
»Als ich dort eintraf, wollte er gerade selbst einen Läufer zu dir schicken«, berichtete Galeya. Sie war ein wenig außer Atem, und ihr Haar war schweißnass von der Anstrengung. »Manvelar sagte, die Dritte Höhle sei bereit. Er möchte morgen früh aufbrechen. Wenn die Neunte Höhle ebenfalls bereit sei, würde er gerne mit uns zusammen reisen.«
»Das ist ein bisschen eher, als ich geplant hatte. Ich wollte erst am nächsten oder übernächsten Tag aufbrechen.« Mit gerunzelter Stirn blickte Joharran zu den anderen. »Glaubt ihr, wir könnten bis morgen früh fertig sein?«
»Ich schon«, antwortete Proleva ohne zu zögern. »Wir vermutlich auch«, sagte Rushemar. »Salova hat die letzten Körbe fertiggestellt, die sie mitnehmen will. Wir haben noch nicht gepackt, aber ich habe alles bereitgelegt.«
»Ich bin immer noch dabei, meine Griffe auszuwählen«, sagte Solaban. »Marsheval kam gestern vorbei, um mit mir darüber zu reden, was er mitnehmen sollte. Auch er hat anscheinend ein Talent dafür, mit Elfenbein zu arbeiten, und wird immer geschickter«, fügte er lächelnd hinzu. Solabans Handwerk war das Herstellen von Griffen, hauptsächlich für Messer, Meißel und andere Werkzeuge. Obwohl er Griffe aus Geweihstangen und Holz fertigen konnte, arbeitete er am liebsten mit dem Elfenbein der Mammutstoßzähne und hatte damit begonnen, andere Gegenstände wie Perlen und Figuren daraus zu schnitzen, vor allem, seit Marsheval sein Lehrbursche geworden war.
»Kannst du es bis morgen früh schaffen?«, fragte Joharran. Er wusste, dass Solaban oft bis zum letzten Moment mit der Entscheidung rang, welche Griffe er zum Sommertreffen mitnehmen sollte.
»Wahrscheinlich schon«, erwiderte dieser und kam dann zu einer Entscheidung. »Ja, ich schaffe es, und Ramara bestimmt auch.«
»Gut. Dann müssen wir jetzt herausfinden, wie es mit dem Rest der Höhle steht, damit ich einen Läufer zu Manvelar zurückschicken kann. Rushemar, Solaban, wir müssen allen mitteilen, dass ich ein kurzes Treffen abhalten möchte, so rasch wie möglich. Falls euch jemand fragt, könnt ihr es sagen und alle anweisen, dass diejenigen, die in Vertretung ihres Herdfeuers kommen, in der Lage sein müssen, für die anderen zu entscheiden.« Er kippte die Reste aus seiner Essschale ins Feuer und wischte sie und sein Essmesser mit einem feuchten Stück Hirschleder ab, bevor er beides in den
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