Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen
nicht mit Jondalar verbunden sein? Wie konnte sie ohne Jondalar leben? Bei dem Gedanken liefen ihr, zu Zelandonis Erstaunen, wieder Tränen über die Wangen. Wie konnte sie ohne Jondalar leben?, fragte sich Ayla wieder. Aber wie konnte Jondalar noch mit ihr leben? Sie war seiner nicht würdig. Nur weil er seine Lust hatte befriedigen müssen, hatte sie ihn beinahe dahingebracht, jemanden zu töten. Seine Lust, die sie offenbar nicht befriedigt hatte. Selbst eine Clan-Frau würde das tun, jederzeit, wenn ihr Gefährte es verlangte. Jondalar hat eine bessere Frau verdient.
Aber was war mit Jonayla? Sie war auch seine Tochter, er liebte sie über alles. Er hatte sich mehr um sie gekümmert als sie selbst. Jonayla hat eine bessere Mutter als mich verdient. Wenn ich den Knoten löse, kann er sich wieder verbinden. Er ist immer noch der schönste ... nein, der bestaussehende Mann bei den Zelandonii. Der Ansicht sind alle. Er würde problemlos eine andere Frau finden, sogar eine jüngere. Ich bin schon alt, eine jüngere Frau könnte mehr Kinder mit ihm haben. Er kann sogar ... Marona wählen ... wenn er das will. Allein der Gedanke daran schmerzte sie, aber sie hatte das Bedürfnis, sich zu bestrafen, und ihr fiel kein größerer Schmerz ein, den sie sich selbst zufügen könnte, als diese Vorstellung.
Nun gut, dann soll es so sein. Ich löse den Knoten und lasse Jonayla bei Jondalar, dann kann er eine andere Frau nehmen und eine neue Familie gründen. Wenn ich in die Neunte Höhle zurückkomme, ziehe ich nicht wieder in meine Wohnstätte, ich ziehe zu Zelandoni, oder ich lasse mir eine andere Wohnstatt bauen. Oder ich ziehe weg und werde die Zelandoni einer anderen Höhle ... wenn eine andere Höhle mich überhaupt haben will. Vielleicht sollte ich einfach weggehen, mir ein Tal suchen und allein leben.
Zelandoni verfolgte das Spiel der Gefühle auf Aylas Gesicht, konnte es aber nicht ganz deuten. Die Frau hat etwas Unergründliches, dachte sie. Aber es steht außer Zweifel, eines Tages wird sie die Erste sein.
»Wenn es dir jetzt bessergeht, sollten wir aufbrechen, Ayla ... Zelandoni der Neunten Höhle. Wir wollen doch nicht zu spät zu der Versammlung kommen. Die Leute werden viele Fragen haben, vor allem nach dem, was zwischen Jondalar und Laramar vorgefallen ist«, sagte die Erste Unter Denen, Die Der Großen Erdmutter Dienen.
»Komm, Jondalar, wir müssen zu der Versammlung gehen. Ich möchte einige Fragen stellen«, sagte Joharran.
»Geh voraus, ich komme nach.« Jondalar sah kaum auf von dem Schlaffell, auf dem er saß.
»Ich fürchte, das geht nicht, Jondalar. Ich wurde eigens gebeten, dafür zu sorgen, dass du mitkommst«, sagte Joharran.
»Von wem?«
»Von Zelandoni und Marthona. Von wem sonst?«
»Und wenn ich keine Lust habe, zu der Versammlung zu gehen?«, fragte Jondalar. Er wollte herausfinden, welche Rechte er noch hatte. Ihm war so elend zumute, dass er sich nicht von der Stelle rühren wollte.
»Dann werde ich wohl deinen kräftigen Mamutoi-Freund bitten müssen, dich hinzutragen, so, wie er dich hierhergetragen hat.« Joharran grinste zu Danug hinüber. Sie waren in der Hütte, in der Danug, Druwez, Aldanor und einige andere Männer untergebracht waren. Da nur Männer dort wohnten, wurde sie Randhütte genannt, obwohl sie nicht bei den anderen Randhütten außerhalb des Lagers stand, sondern in der Nähe der Familienunterkünfte der Neunten Höhle. »Seitdem hast du dich kaum vom Fleck bewegt. Ob du willst oder nicht, Jondalar, du wirst dich den Leuten stellen müssen. Es ist eine öffentliche Veranstaltung, niemand wird den Vorfall gestern Abend ansprechen. Das kommt später, wenn wir wissen, wie sehr Laramar beeinträchtigt sein wird.«
»Er sollte sich waschen und etwas Sauberes anziehen«, sagte Solaban. »Seine Kleider sind noch blutig.«
»Das stimmt.« Joharran warf einen Blick auf seinen Bruder. »Machst du das freiwillig, oder muss dich jemand ins Wasser werfen?«
»Das ist mir egal. Wenn du mich ins Wasser werfen willst, nur zu«, sagte Jondalar.
»Jondalar, hol dir eine saubere Tunika und komm mit mir zum Fluss«, sagte Danug. Er sprach Mamutoi. Damit wollte er Jondalar zu verstehen geben, dass es jemanden gab, mit dem er unter vier Augen reden konnte, wenn er nicht wollte, dass andere mithörten. Außerdem freute er sich, in seiner eigenen, ihm vertrauten Sprache sprechen zu können und sich nicht mit Zelandonii abmühen zu müssen.
»Also gut.« Mit einem tiefen Seufzer hievte sich
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