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Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen

Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen

Titel: Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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ähnlich. Das war auch der Grund, weshalb Ayla mit den Clans dieser Gegend in der heiligen Clan-Zeichensprache kommunizieren konnte, obwohl der Clan, bei dem sie aufgewachsen war, eine Jahresreise von hier entfernt lebte. Es gab lediglich geringe Abweichungen, die jedoch unbedeutend waren.
    Da sie eine Clan-Zeremonie durchführen würde, bei der starke, nach Clan-Regeln vorbereitete Wurzeln verwendet wurden, sollte alles möglichst genau der Clan-Tradition entsprechen. Nur so konnte Ayla hoffen, die Kontrolle nicht zu verlieren, doch langsam kamen ihr Zweifel, ob es überhaupt helfen würde.
    Tief in Gedanken versunken ging sie an dem Wäldchen vorbei und stieß beinahe mit jemandem zusammen, der in dem Moment hinter einem Baum hervortrat. Sie erschrak, als sie sich fast in Jondalars Armen wiederfand. Er war nicht minder überrumpelt und wusste nicht aus noch ein. Sein erster Impuls war, dem Zufall nachzuhelfen und Ayla wirklich in die Arme zu schließen. Doch als er ihre erschrockene Miene sah, wich er zurück; in seinen Augen konnte ihre Überraschung nur Abscheu bedeuten davor, dass er sie berührte. Ayla wiederum verstand sein sofortiges Zurückweichen als Zurückweisung, als Zeichen, dass er ihre Nähe nicht ertragen konnte.
    Lange sahen sie sich an. So nah waren sie sich nicht mehr gekommen, seit Ayla ihn mit Marona entdeckt hatte, und im Grunde wünschten sie sich beide, diesen Moment zu verlängern, die Distanz, die zwischen ihnen entstanden war, zu überbrücken. Aber dann lenkte sie ein Kind ab, das den Weg entlanggelaufen kam, auf dem sie standen. Kurz schauten sie beiseite, und damit war der Blickkontakt unterbrochen.
    »Oh, verzeih«, sagte Jondalar. Er sehnte sich so sehr danach, sie in die Arme zu nehmen, hatte aber Angst, dass sie ihn von sich stoßen würde. Er wusste überhaupt nicht, was er tun sollte.
    »Das macht nichts.« Ayla sah zu Boden, um die Tränen zu verbergen, die in letzter Zeit allzu leicht flossen. Er sollte nicht sehen, wie sehr die Erkenntnis sie schmerzte, dass er es nicht ertrug, in ihrer Nähe zu sein, und es kaum erwarten konnte, von ihr wegzukommen. Ohne aufzuschauen hastete sie weiter, bevor ihre feuchten Augen sie verrieten. Aber auch Jondalar musste mit den Tränen kämpfen, als er ihr nachsah, wie sie in ihrer Eile, ihm zu entkommen, beinahe in Laufschritt verfiel.
    Ayla folgte dem Pfad, der hier nur noch schwach auszumachen war, zur neuen Grotte. Vermutlich hatte in der Zwischenzeit jedes Mitglied einer jeden Zelandonii-Familie die Höhle mindestens einmal aufgesucht, dennoch wurde sie nur selten verwendet. Da sie mit ihren fast weißen Steinwänden so wunderschön und ungewöhnlich war, galt sie als ein sehr spiritueller, sehr heiliger Ort und nach wie vor als unberührbar. Die Zelandonia überlegten gemeinsam mit den Anführern der Höhlen noch immer, mit welchen Ritualen und zu welchen Zeiten sie am besten zu nutzen wäre. Noch hatten sich keine Traditionen herausgebildet, die Grotte war noch zu neu.
    Während Ayla sich dem Fuß des kleinen Berges näherte, in dem die Weiße Grotte lag, bemerkte sie, dass die Sträucher und der umgestürzte Baum, dessen aus der Erde gerissene Wurzeln den Eingang zu den unterirdischen Räumen überhaupt erst freigelegt hatten, fortgeräumt worden waren. Auch Erde und Steine hatte jemand entfernt, wodurch der Eingang viel größer war.
    Zwar freute sie sich nicht auf die Zeremonie, die sie jetzt ausführen sollte, wohl aber darauf, die Grotte wiederzusehen. Allerdings war die fast heitere Stimmung, in der sie überlegt hatte, auf das gefährliche Ritual zu verzichten, verschwunden. Ihr Kummer war so groß wie die schwarze Leere, die ihr bevorstand. Wäre es denn wirklich ein Unglück, wenn sie sich dort verlor? Das konnte nicht schlimmer sein als das Elend, das sie momentan empfand. Mühsam rang sie um Selbstbeherrschung, die ihr an diesem Tag immer wieder zu entgleiten drohte. Ihr war, als wäre sie seit dem Aufwachen ständig den Tränen nahe.
    Sie holte aus ihrem Tragebeutel eine flache Steinschale und ein in Fell gehülltes Päckchen. Darin befand sich ein kleiner, nahezu wasserdichter Beutel mit weichem Fett, dessen eines Ende verstöpselt und in Fell gewickelt war, damit eventuell austretendes Fett keinen Schaden anrichten konnte. Ayla fand die Packung mit Dochten aus Flechten, drückte etwas Talg in die Schale, tränkte einen Docht kurz darin, nahm ihn heraus und lehnte ihn an den Rand der Lampenschale. Gerade wollte sie ihn mit

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