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Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen

Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen

Titel: Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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wie Falithan von sich
gibt, und die Höhle antwortet mit einem Geräusch, das
wahrhaft und ausgeprägt ist, teilt die Mutter uns dadurch
mit, dass sie uns hört und man die Welt der Geister von
hier aus betreten kann. Dann wissen wir, dass es ein heiliger Ort ist«, erklärte der Sechsundzwanzigste.
»Antworten alle heiligen Höhlen?«, fragte Ayla. »Nicht alle, aber die meisten, und manche nur an bestimmten Stellen, doch an heiligen Stätten ist immer etwas
Besonderes«, erwiderte er.
»Die Erste kann eine Grotte wie diese bestimmt prüfen,
sie hat eine so schöne und klare Stimme.« Ayla runzelte die
Stirn. »Was ist, wenn man eine Höhle prüfen möchte, aber
nicht fähig ist, zu singen, Flöte zu spielen oder so ein Geräusch wie Falithan zu erzeugen? Ich kann das alles nicht.« »Du kannst doch bestimmt ein bisschen singen.« »Nein, kann sie nicht«, mischte sich Jonokol ein. »Sie
spricht das Lied von der Mutter mit und kann nur monoton
summen.«
»Man muss eine heilige Höhle anhand von Geräuschen
prüfen«, sagte der Zelandoni der Sechsundzwanzigsten
Höhle. »Das gehört unbedingt dazu, wenn man Zelandoni
sein will. Und es muss ein echtes Geräusch irgendeiner Art sein. Man kann nicht einfach brüllen oder schreien.« Er
wirkte äußerst besorgt, und Ayla war niedergeschlagen. »Und wenn ich nun nicht die richtige Art von Geräusch
von mir geben kann? Ein echtes Geräusch?«, fragte Ayla,
und in diesem Moment wurde ihr klar, dass sie eines Tages
eine Zelandoni sein wollte. Und wenn das nicht ging, weil
sie kein ordentliches Geräusch zustande brachte? Jonokol war genauso bedrückt wie Ayla. Er mochte diese
Fremde und glaubte, ihr etwas schuldig zu sein. Sie war
nicht nur diejenige, die diese wunderschöne weiße Grotte
gefunden und dafür gesorgt hatte, dass er sie als einer der
Ersten zu sehen bekam, sondern hatte sich auch noch bereiterklärt, Gehilfin der Ersten zu werden, was ihm erlaubt
hatte, zur Neunzehnten Höhle zu ziehen, die dort in der
Nähe lag.
»Aber du kannst ein echtes Geräusch machen, Ayla«, sagte Jonokol. »Du kannst pfeifen. Ich habe dich wie einen Vogel pfeifen hören, und du kannst auch viele andere Tiergeräusche nachahmen. Du kannst wiehern wie ein Pferd, du
kannst brüllen wie ein Löwe.«
»Das würde ich gerne hören«, meinte der Donier. »Nur zu, Ayla. Zeig es ihm«, feuerte Jonokol sie an. Ayla schloss die Augen und konzentrierte sich. In Gedanken versetzte sie sich in die Zeit, in der sie in ihrem Tal
lebte und einen jungen Löwen, den sie Baby genannt hatte,
zusammen mit einem Pferd aufzog, als wären es ihre Kinder. Sie erinnerte sich an das erste Mal, als es Baby gelungen war, aus voller Kehle zu brüllen. Sie hatte beschlossen,
dieses Geräusch ebenfalls zu üben, und hatte ihm ein paar
Tage später mit einem eigenen Brüllen geantwortet. Sie
brüllte nicht so donnernd wie er, aber er hatte es als ansehnliches Brüllen anerkannt. Genau wie Baby hatte sie
sich mit einer Reihe markanter Kehllaute darauf vorbereitet
und begann diese Geräusche nacheinander auszustoßen,
die mit jeder Wiederholung lauter wurden. Schließlich öffnete sie den Mund und stieß das lauteste Brüllen aus, zu
dem sie fähig war. Es füllte die kleine Grotte. Nach kurzer
Stille kam das Echo zurück, ein fernes, gedämpftes Geräusch, bei dem sie alle Gänsehaut bekamen und das Gefühl
hatten, ein anderer Löwe hätte ihnen aus den Tiefen der
Grotte geantwortet.
»Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich schwören,
dass da drin ein Löwe ist«, sagte der junge Gehilfe der
Sechsundzwanzigsten mit einem Lächeln, als das Echo verklang. »Kannst du auch wirklich wie ein Pferd wiehern?« Das war einfach und entsprach dem wahren Namen von
Aylas Stute Winnie, der sie diesen Namen gegeben hatte,
als sie noch ein Fohlen war, wenngleich sie ihn jetzt eher
wie ein Wort aussprach, ohne dabei zu wiehern. Sie machte
das Geräusch, mit dem sie für gewöhnlich ihre Freundin
begrüßte, wenn sie die Stute eine Weile nicht gesehen hatte,
ein fröhliches, einladendes Wiehern.
Diesmal lachte der Donier der Sechsundzwanzigsten Höhle laut auf. »Und ich kann mir gut vorstellen, dass du auch
wie ein Vogel pfeifen kannst.«
Ayla lächelte entzückt und führte dann eine Reihe von
Vogelrufen vor, die sie sich beigebracht hatte, als sie noch
allein in ihrem Tal lebte. Damit hatte sie die Vögel angelockt, ihr aus der Hand zu fressen. Das Trillern, Zwitschern
und Pfeifen der Vögel hallte als eigenartig gedämpftes

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