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Titel: Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Pan
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einer der Partner häufig in schlechter Stimmung befindet und den anderen dauernd damit ansteckt. Die Folge ist ein destruktiver Stimmungsaustausch, der übrigens als ein Indiz für unglückliche Paarbeziehungen gilt. Interessant ist nun, daß die emotionale Ansteckung vor allem durch Personen erfolgt, die starke Emotionen haben, sie deutlich ausdrücken und auf die Gefühle anderer nur schwach reagieren. Das ist genau die Situation beim Fernsehen, die wir eben mit den beiden Stichworten Personalisierung und Emotionalisierung beschrieben haben. Emotionen von Menschen werden möglichst in Großaufnahme gezeigt. Sie sollen ja die Zuschauer anstecken. Und angesteckt werden vor allem Menschen, die anderen viel Aufmerksamkeit zuwenden, ihre eigene Identität durch Beziehungen zu anderen definieren, den Gesichtsausdruck anderer gut interpretieren können und insgesamt emotional gut ansprechbar sind. Mindestens im Punkt der unsicheren Identität ist das die Haltung vieler TV-Zuschauer.
    Den Gesichtsausdruck anderer gut interpretieren können: das hier wirksame Persönlichkeitsmerkmal ist die Empathie: Der Betrachter muß das von seinem Gegenüber gezeigte Gefühl richtig wahrnehmen und verstehen, er muß sich in den anderen hineinversetzen, und er muß schließlich das entsprechende Gefühl auch selbst kennen. Was nun die Empathie beim Fernsehen angeht, so zeigen entsprechende Untersuchungen, daß drei- bis fünfjährige Kinder noch nicht empathisch reagieren. Bei ihnen ist die Fähigkeit zur Perspektivenübernahme noch nicht hinreichend ausgebildet. Empathische Reaktionen auf die Gefühle von Medienfiguren stellen sich erst bei Neun- und Zehnjährigen ein. Dabei macht es einen Unterschied, ob die Medienfigur positiv oder negativ bewertet wird: Mitfühlen findet nur gegenüber TV-Freunden statt. Es ist stärker, wenn der Gesichtsausdruck des Medienfreunds in Nahaufnahme gezeigt wird. Das alles funktioniert aber nur bei einem mittleren Darbietungstempo. Wird es zu schnell, verringern sich die empathischen Reaktionen der Zuschauer. Es bleibt einfach nicht genug Zeit für eine vollständige Reaktion, die Gefühle überlagern sich.
    Glücklicherweise ist der Mensch seinen und fremden Stimmungen nicht hilflos ausgeliefert, vielmehr verfügt er über zahlreiche Mechanismen der Stimmungsregulation: Aktive Stimmungssteuerung, die Suche nach erfreulichen Aktivitäten und Ablenkungen, direkter Spannungsabbau oder Rückzug/Vermeidung und passive Stimmungssteuerung können eingesetzt werden. Dazu zählt auch das Einschalten des Fernsehgeräts. Diesen Effekt hat der amerikanische Medienpsychologe Dolf Zillmann (1988) mit seinen Arbeiten zum Stimmungsmanagement untersucht. Der Kerngedanke ist vergleichsweise einfach: Bei TV-Sendungen machen die Zuschauer die Erfahrung, daß eine von ihnen gewünschte Stimmung wenigstens zeitweise durch die gewählte Sendungen auch erreicht wird. Nach dieser Erfahrung werden sie auch zukünftig ihre Auswahl treffen, sie betreiben damit Stimmungsmanagement.
    Empirische Untersuchungen zeigen, daß etwa schlechte Stimmungen und Ärger durch anregende, erfreuliche oder erotische TV-Unterhaltung verbessert werden können. Auch sieht, wer schlechte Laune hat, häufiger fern (Myrtek & Scharff, 2000). Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß auch die Programmauswahl von Frauen systematisch mit deren Menstruationszyklus variiert: Zu Beginn und am Ende werden humoristische Sendungen, in der Mitte des Zyklus Dramen bevorzugt (Zillmann & Bryant, 1994). Allerdings kann das mediale Stimmungsmanagement auch mißlingen. So werden Ärger und Frustration durch ärgerliche oder durch sexuell-aggressive Szenen nicht etwa ab-, sondern weiter aufgebaut.
    Allein mit dem Fernsehkonsum ist das Stimmungsmanagement aber nicht vorbei, denn es gibt Nachwirkungen. Der exitation-transfer-effect führt nämlich zu einer kurzfristigen Intensivierung beliebiger nachfolgender Emotionen. So kann Resterregung aus Ärger nachfolgend Furcht intensivieren, mediale Furcht kann nachfolgendes sexuelles Erleben verstärken, und medial erregte sexuelle Gefühle können nachfolgende Aggressivität verstärken. Auch diesen Effekt kann das Fernsehen verstärken. Beispielsweise sendet das britische Fernsehen am frühen Samstagabend Shows, die eine aufgeregte und lebhafte Stimmung fördern und die zu nachfolgenden Aktivitäten – dem »Saturday-night-feaver« – beitragen (Parkinson et al., 1996).
    Anders als die etwas diffusen Stimmungen sind

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