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Anzug und passender schwarzer Krawatte war unterdessen erschienen, danach eine dunkelhaarige Frau mit dunklem Teint, die wie eine Bühnenzigeunerin in mittleren Jahren aussah. Sie hatten beide einen Tisch in Anspruch genommen, so daß nun fünf Tische besetzt waren, aber wie in allen kontinentalen Cafés gab es noch eine Reihe anderer Tische, die unbesetzt blieben. Margaret bemerkte, daß keiner der Gäste einen der anderen begrüßte – oder auch nur ihre eigene Anwesenheit zur Kenntnis nahm. Sie saßen alle ganz still und, wie es Margaret schien, beinahe regungslos da, obwohl ihr diese Überlegungen im nächsten Augenblick ziemlich morbide vorkamen.
    »Vielen Dank«, sagte Margaret zur Mrs. Slater. »Wenn Sie mich bitte entschuldigen, ich muß mich zuvor noch frischmachen.« Sie erhob sich und nahm ihren Anorak.
    »Wie Sie wünschen«, sagte Mrs. Slater in ihrer zermürbend resignierten Art. »Ich werde hier sitzenbleiben und auf Sie warten. Es wird reizend sein, über die Londoner Geschäfte zu reden, die ich nie wiedersehen werde.«
    »Ich lebe allerdings in der Nähe von Manchester.« Ihre Unfreundlichkeit war zweifellos albern, aber Margaret hatte keinesfalls vor, die Bekanntschaft mit Mrs. Slater zu vertiefen.
    Jetzt kam ein Mädchen die Treppe vom K URHUS herab, das fast noch wie ein Kind aussah. Sie war zierlich und schmal, mit sehr hellem, blondem Haar, das ihr bis auf die Schultern reichte. Sie trug ein denkbar einfaches weißes Baumwollkleid ohne Ärmel, das ihre Figur kaum betonte. An ihren Füßen trug sie nur weiße Sandalen. Als sie herabstieg, begegneten ihre Augen Margarets Blick. Es waren Augen von einem intensiven Blau, jedoch außergewöhnlich leblos, flachen Scheiben ähnlicher als Seen. Margaret hatte erwartet, daß Schlaflosigkeit sich vor allem in den Augen widerspiegeln würde, aber diese Augen waren die ersten ungewöhnlichen, die sie im K URHUS ZU Gesicht bekam, doch war es unvorstellbar, daß dieses blutjunge Mädchen zu Mrs. Slaters Schlaflosen gehören sollte; selbst wenn es auf alle anderen zutraf, woran Margaret beträchtliche Zweifel hegte. Margaret vermutete, daß Selbstmitleid nicht Mrs. Slaters einzige Verirrung oder, gelinde gesagt, Übertreibung war; aber sie wußte mit Bestimmtheit, daß ihr selbst das K URHUS nun verleidet war und sie von hier verschwinden wollte. Nicht zuletzt wollte sie speziell Mrs. Slater entrinnen.
    Die große Halle war voller Menschen, die aus allen Richtungen schweigend herbeizuströmen schienen. Es waren nahezu alle Altersgruppen vertreten und mancherlei Anzeichen verschiedener Nationalitäten auszumachen. Es war eine ganz alltägliche Zusammenstellung, auffällig nur durch ihr Schweigen, das Margaret jedoch einen kalten Schauder über den Rücken jagte. Sie mußte fort von hier. Die Menge schob sich auf die sonnenbeschienene Terrasse zu.
    »Ich habe mich entschieden, Ihrem Beispiel zu folgen«, sagte eine Stimme dicht an Margarets Ohr, eine Stimme, die unglücklicherweise Mrs. Slater gehörte. »Ich werde mich feinmachen, ehe wir uns zum Tee einfinden.«
    Margaret konnte nur nicken. Mrs. Slater huschte an ihr vorüber und stieg zwischen den Waldnymphen, die sich zur Hälfte in Bäume verwandelt hatten, die Treppe hinauf.
    Jetzt war der Rezeptionsschalter mit einem jungen Schweden besetzt. Er war es gewesen, der sie bei ihrer Ankunft eingetragen und ihren Paß an sich genommen hatte. Er hatte blondes, straff gelocktes Haar und sah aus wie ein Boxer oder ein Bison.
    Margaret beschloß, gar nicht erst um den heißen Brei herumzureden. Sie teilte dem Hotelangestellten mit, sie habe sich, obwohl sie wußte, daß das K URHUS zum Teil ein Sanatorium sei, nicht klargemacht, daß so viele der Insassen eher Patienten denn Gäste seien, sie wolle daher ausziehen. Dafür habe man sicher Verständnis, selbst wenn man es vielleicht nicht gerne sähe. Sie hatte sich vorgestellt, mit einem Taxi das Weite zu suchen und, wenn ihr nichts Besseres einfiel, einfach in das Hotel in Sovastad zurückzukehren. Die erste Hürde bestand darin, daß der Angestellte an der Rezeption offenbar nur über sehr geringe Englischkenntnisse verfügte, so daß er sie kaum zu verstehen vermochte. Margaret war nur wenigen Schweden begegnet, mit denen sie sich derart unzureichend verständigen konnte. Aber sie sah ein, daß ihre Mitteilung ungewöhnlich und ihre Bitte eigenwillig war. So konzentrierte sie sich auf das Wesentliche: ihre sofortige Abreise.
    »Ihr Paß«, sagte der

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