Angestellte. »Er ist weg. Er wird nicht vor morgen zurück sein. Ich habe es Ihnen gesagt.«
Es stimmte, daß er das gesagt hatte. Das war etwas, das in Hotels auf dem Kontinent häufig vorkam, und Margaret hatte sich, da sie für zwei Tage gebucht hatte, keine Gedanken darüber gemacht.
»Wo ist er?« fragte sie den Angestellten.
»Weg. Er ist weg. Ich habe es Ihnen gesagt.« Der Angestellte starrte sie an, ein klein wenig wie ein Boxer, ein klein wenig wie ein Bulle.
Margaret wußte aus Erfahrung, zu welch hoffnungslosem Morast sich derartige Verwicklungen selbst unter den günstigsten Umständen auswachsen konnten, auch wenn es sich nur darum handelte, daß Henrys Geschäfte sie beide zu einem plötzlichen Ortswechsel nötigten.
»Ich werde Schweden nicht verlassen. Ich werde morgen mit einem Taxi zurückkommen und meinen Paß abholen. Aber ich bestehe darauf, unverzüglich zu gehen. Es tut mir leid, aber all diese kranken Menschen deprimieren mich. Es ist mir völlig klar, daß ich bezahlen muß. Ich kann sofort für die ganze Zeit zahlen, wenn Sie mir ein Taxi kommen lassen.«
Sie holte ein Bündel Banknoten aus ihrer Hosentasche hervor.
Mit einem Mal kam ihr die Wanderausrüstung, die ihr für kurze Zeit so viel bedeutet hatte, wie eine Narrheit der mittleren Jahre vor – eine auffällige obendrein. All die anderen, einigermaßen entsetzlichen Leute waren äußerst konventionell gekleidet.
»Kein Taxi«, sagte der Mann an der Rezeption mürrisch, aber bestimmt.
»Wie meinen Sie das?« rief Margaret, die nur zu gut wußte, daß sie allmählich die Contenance verlor.
»Kein Taxi nach vier Uhr«, sagte der Mann an der Rezeption.
»Warum in aller Welt nicht?« schrie Margaret, obwohl sie sich darüber im klaren war, daß das nicht der richtige Weg war, wenn sie Erfolg haben wollte.
»Nicht nach vier Uhr«, wiederholte der Mann an der Rezeption.
Margaret begann einen kindischen Streit und fühlte sich dabei wie der arglose Engländer im Ausland in einem Bühnenschwank. Und nicht nur kindisch, sondern auch ziemlich langwierig mußte der Disput gewesen sein, denn mittendrin bemerkte Margaret mit einem Gefühl, das an Panik grenzte, daß Mrs. Slater in einem pinkfarbenen seidenen Teekleid mit Punktmuster wieder auf der Treppe erschienen war, zu viel Rouge auf den Wangen und die grauen Haare so hochtoupiert, daß sie nach allen Seiten abstanden.
»Bitte, Mrs. Slater!« rief der Mann an der Rezeption. »Bitte erklären Sie dieser Dame ...«
Aber Margaret wurde vor einem Ende in öffentlicher Schande bewahrt. In diesem Augenblick trat eine ranghöhere Person aus einem Raum hinter dem Schalter. Es war – wie ihr Untergebener – ein bemerkenswert muskulöser Mann, doch sein dichtes schwarzes Haar wurde bereits grau; sein Gesicht war unbewegt und müde.
»Verzeihen Sie, gnädige Frau«, sagte er in mehr oder weniger perfektem Englisch zu Margaret. »Ich war Zeuge der Unterhaltung, und ich kann Ihnen persönlich versichern, daß wir heute abend nichts mehr machen können.« Mrs. Slater hatte ihre Hand begütigend auf Margarets linken Arm gelegt und stand erwartungsvoll neben ihr. Margaret hätte nicht gezögert, sie zu beleidigen, wenn dadurch eine Aussicht bestanden hätte, das K URHUS verlassen zu können, aber wie die Dinge lagen, war sie eher erleichtert, daß nichts von dem, was der Geschäftsführer gesagt und Mrs. Slater möglicherweise gehört hatte, zur Sprache gekommen war.
»Kommen Sie, unser Tee«, sagte Mrs. Slater munter.
Margaret blieb nichts anderes übrig, als sich von dem Schalter abzuwenden und ihr zu folgen; zum ›Frischmachen‹ war sie nicht gekommen.
Margaret war bei früheren Gelegenheiten aufgefallen, wie anders man Menschen auf einer malerischen Hotelterrasse betrachtet, wenn man ein wenig mehr über sie erfahren hat, wenn die hoffnungsfrohe, ja freudige Erwartung, die die erste Begegnung begleitet, abgeschwächt worden ist durch ein gewisses Maß an tatsächlichem Kontakt.
Als sie die Stufen des K URHUS hinab ins Freie trat, den sanften Druck von Mrs. Slaters roter Hand wie ein Lotsensignal auf dem Unterarm, rief Margaret sich ins Gedächtnis, daß dies dieselben Leute waren, die so fröhlich ausgesehen hatten, als sie vor drei Tagen in dem ausnehmend gastlichen Volvo vorbeigerauscht war.
Mrs. Slater geleitete sie wieder zu demselben Tisch, den sie reserviert hatte, indem sie Nummern von ›Vogue‹ und ›The Lady‹ liegengelassen hatte.
»Bitte, nennen Sie mich
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